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# taz.de -- Folgen der Sparpolitik: Unheilvolle Verteilungskämpfe
> Der Haushalt der Ampel führt nicht nur zu Konflikten im Inland. Er
> schadet auch der Solidarität mit der Ukraine und Deutschlands Rolle in
> der Welt.
Bild: Schuldenbremse aussetzen? Die Diskussion darüber wird kein Vergnügen
Der Haushalt ist fertig, erledigt hat er sich aber noch nicht. Die
Ampel-Fraktionen im Bundestag haben sich diese Woche zwar [1][endlich auf
einen Etat für 2024 verständigt], die Abstimmung darüber ist nur noch
Formsache. Die Koalition ist sich aber auch einig darüber, dass sie im
Laufe des Jahres vielleicht noch mal ran muss: Gut möglich, [2][dass die
USA die Unterstützung der Ukraine einstellen]. Sollte Kyjiw in dem Fall
überhaupt noch eine Chance haben, den Krieg gegen Russland zu bestehen,
dann nur mit massiv aufgestockter Hilfe aus Deutschland.
Um mehr Waffen bezahlen zu können, aber auch mehr Zelte, Wirtschafts- und
Wiederaufbauhilfen, müsste die Ampel die Schuldenbremse doch wieder
aussetzen. Das wäre richtig. Die Diskussion darüber wird aber sicher kein
Vergnügen.
Sie träfe auf eine nervöse und missgünstige Stimmung im Land, die die Ampel
mit ihrem Haushalt selbst befeuert. Ein paar Härten der Budgetplanung hat
sie in ihren letzten Verhandlungsrunden zwar zurückgenommen. Das Grundübel
dieses Etats bleibt aber: Auf Krisen und Rezession reagiert die Regierung
mit Sparen statt mit Investitionen. Die Proteste einzelner Branchen wie der
Landwirtschaft sind die direkte Folge, und deren Charakter ist unheilvoll.
Die zwangsläufig ausbrechenden Verteilungskämpfe richten sich nämlich nicht
gegen die Profiteure der Krisen, gegen die Reichen, die stärkere Lasten
tragen könnten. [3][Bevorzugt richten sie sich zum einen gegen die Armen],
etwa gegen vermeintlich faule Bürgergeld-Berechtigte, und zum anderen gegen
Ausländer*innen – wozu der Asylsuchende in Wanne-Eickel genauso zählen
kann wie der Präsident der Ukraine oder die Radfahrerin in Lima. In der
Sparpolitik lauert nicht nur eine Gefahr für die innere Verfasstheit der
Bundesrepublik, sondern auch für ihr Engagement in der Welt.
So lautet ein Vorwurf, der es in den letzten Wochen von ganz rechts bis
hinein ins konservative Milieu geschafft hat: Statt für die deutschen
Bauern werfe die Ampel das Geld für Kühlschränke in Kolumbien und Radwege
in Peru raus. Allen Ernstes twitterte das zuletzt sogar CSU-Generalsekretär
Martin Huber. Dass diese Projekte einst von der Union mit guten Gründen auf
den Weg gebracht wurden und dass die Ampel schon massiv in der
Entwicklungszusammenarbeit kürzt? Geschenkt.
So könnte es auch im Fall der Ukraine laufen. Zumindest die deutschen
Konservativen stehen in der Frage zwar noch einigermaßen stabil. Die
Solidarität ist aber auch hierzulande nicht unumstritten. Und falls zum
Beispiel die Landwirte irgendwann in diesem Jahr die Frage stellen, warum
die Bundesregierung für ihren Dieselrabatt kein Geld mehr hatte, für
Generatoren in Kyjiw aber neue Kredite aufnimmt – dann kann man das als
unmoralisch und geostrategisch kurzsichtig abtun. Überraschen sollte es
aber niemanden.
19 Jan 2024
## LINKS
[1] /Kritik-am-Bundeshaushalt-2024/!5986654
[2] /Haushaltsdebatte-im-US-Kongress/!5983949
[3] /Rede-von-Lindner-bei-Bauernprotesten/!5983093
## AUTOREN
Tobias Schulze
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Haushalt
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