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# taz.de -- Bundesverfassungsgerichtsurteil: Sondervermögen und Rasierklingeri…
> Während Finanzsenator Evers keine Auswirkungen des Urteils für Berlin
> sieht, gehen andere von einem Ende der geplanten Milliarden-Klimakredite
> aus.
Bild: Urteile können manchmal vielfach auslegbar sein – wie am Mittwoch beim…
Berlin taz | So ist das, wenn rund 520 Kilometer Luftlinie weit weg von
Berlin das Bundesverfassungsgericht urteilt: Da können die Interpretationen
schon mal höchst unterschiedlich ausfallen. So war es auch wieder am
Mittwochmorgen. Da war für 10 Uhr angekündigt, dass das Gericht [1][zu
einer Klage der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion] urteilt, bei der es darum
ging, wie Sondervermögen aus der Coronakrise zu verwenden sind.
Sondervermögen, da war doch was auch hier in Berlin? Noch was außer diesen
100 Milliarden, die der Bundeskanzler vor eineinhalb Jahren für die
Bundeswehr ankündigte [2][wegen der „Zeitenwende“]. Genau: Ein
Sondervermögen von erst fünf, vielleicht später zehn Milliarden Euro soll
helfen, dem Klimawandel und seinen Folgen in Berlin entgegenzuwirken.
Vergangene Woche war das dafür nötige Gesetz schon Thema im
Abgeordnetenhaus.
Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei, betroffen wegen geplanten
Klimainvestitionen in Polizeiwachen, könnten die Abgeordneten jetzt mit der
Beratung des Gesetzentwurfs aufhören. „Die heutige Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts zeigt, welch unglaubliches Risiko der Senat mit
dem angedachten Sondervermögen eingeht“, kommentierte ihr Landeschef
Stephan Weh in der ersten nach dem Urteil eingehenden Pressemitteilung,
„wir brauchen einen sofortigen Stopp der Haushaltsberatungen und einen
neuen Entwurf für 2024/25“. Man wisse „spätestens heute, dass das
Klima-Sondervermögen ein Ritt auf der Rasierklinge ist“.
Steffen Zillich von der Linkspartei hingegen, einer der erfahrensten
Finanzpolitiker im Berliner Landesparlament, fasste das Urteil der taz
gegenüber ganz anders auf: Aus seiner Sicht hat das Gericht deutlich
gemacht, dass eine Klimanotlage eine [3][Ausnahme von der Schuldenbremse]
und damit ein Sondervermögen ermöglicht.
Die SPD-Landesparlamentarierin und Klimaexpertin Linda Vierecke wiederum
zieht aus dem Urteil die Lehre: Das Geld aus einem Sondervermögen darf
nicht für andere Bereiche verwendet werden – darauf müsse man auch in
Berlin beim Sondervermögen für den Klimaschutz achten. Ist das auch eine
Ansage an die eigenen Leute in der schwarz-roten Koalition? Die Grünen
hatten die Regierungsfraktionen vergangene Woche schon davor gewarnt, ein
Sondervermögen als „Wunschkonzert“ für alles Mögliche zu betrachten.
Doch was würde nun von der qua Amt seriösesten Stimme zu hören sein,
[4][der von Landesrechnungshofchefin Karin Klingen]? Die hatte jüngst nicht
allzu viel Gutes an den geplanten Krediten gelassen und vor allem auf die
geltende Schuldenbremse verwiesen. „Der Rechnungshof sieht sich in seiner
Kritik am geplanten Berliner Sondervermögen Klimaschutz, Resilienz und
Transformation durch das Urteil bestätigt“, so Klingen auf taz-Anfrage. Die
seit Februar in Berlin außerparlamentarische FDP formulierte krachender:
„Das Sondervermögen ist verfassungswidrig und so nicht umsetzbar.“
Es könnte also nichts werden nach diesem Urteil mit den Klimakrediten?
Nicht für die Verwaltung von Finanzsenator Stefan Evers (CDU). Dort gab man
sich ganz entspannt: „Das Urteil kann nicht auf die Regelungen im Land
Berlin übertragen werden.“ Es gebe grundlegende Unterschiede.
Ist nicht irgendwo festgelegt, dass Urteile eindeutig zu sein haben? So
lässt sich nun abschließend bloß lateinisch schlaumeiern: Quot capita tot
census – so viele Köpfe, so viele Meinungen. Quod erat demonstrandum.
16 Nov 2023
## LINKS
[1] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5973169
[2] /Bundestags-Sondersitzung-zur-Ukraine/!5835039
[3] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Glossareintraege/S/Schuld…
[4] https://www.berlin.de/rechnungshof/wir-ueber-uns/die-praesidentin/
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Bundesverfassungsgericht
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Das Milliardenloch
Berlin
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Schwarz-rote Koalition in Berlin
Schwarz-rote Koalition in Berlin
Schwerpunkt Klimawandel
Haushalt
Klimaschutzziele
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