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# taz.de -- Berliner Abgeordnetenhaus: Milliarden gegen die Krise(n)
> Beim Klima-Sondervermögen sorgt im Hauptausschuss des Landesparlaments
> nicht das große Ziel für Kritik, sondern der Weg dahin.
Bild: Der Entwurf des Gesetzes zum Klima-Sondervermögen beschäftigt das Berli…
Berlin taz | Fünf Milliarden Euro neue Kredite aufnehmen und in mehr
Klimaschutz stecken? Allein die AfD hat am Mittwochnachmittag unter den
fünf Abgeordnetenhausfraktionen ein Problem damit: Die zusätzlichen
Schulden durch das sogenannte Sondervermögen würden künftige Generationen
zu stark belasten. Ein renommierter Verfassungsrechtler widerspricht der
AfD-Argumentation, als die Abgeordneten sich im Hauptausschuss
Expertenmeinungen anhören. „Gerade wenn wir keine Kredite aufnehmen, sorgen
wir für unsere Kinder und Kindeskinder für hohe Lasten“, sagt
[1][Jura-Professor Joachim Wieland von der Universität Speyer,] „es ist
wirtschaftlich günstiger, jetzt Geld in die Hand zu nehmen als später.“
Strittig ist zwischen der schwarz-roten Koalition und den grundsätzlich pro
Sondervermögen eingestellten Fraktionen von Grünen und Linkspartei
hingegen, wie genau was in dem Gesetz stehen soll, das die nötige Basis für
das Sondervermögen bildet. In zwei Wochen will der Hauptausschuss, [2][der
mit allen Finanzfragen befasste wichtigste Parlamentsausschuss], darüber
abstimmen.
Die Grünen befürchten, die Koalition könnte versucht sein, aus dem
milliardenschweren Sondervermögen alles Mögliche zu bezahlen. „Da wo
Klimaschutz draufsteht, muss auch Klimaschutz drin sein“, sagt am
Mittwochnachmittag ihr haushaltspolitischer Sprecher André Schulze – bei
der Koalition nimmt er stattdessen ein „Wunschkonzert“ vor.
Vor einer solchen Entwicklung warnt auch die [3][Chefin des
Landesrechnungshofs], Karin Klingen. Sie hat zudem grundsätzlich Zweifel
daran, dass eine Ausnahme von der Schuldenbremse gerechtfertigt ist, die
eigentlich weitere Kredite verbietet – das Land Berlin hatte Ende 2022
bereits rund 66 Milliarden Schulden. „Aus Sicht des Rechnungshofs ist die
Klimakrise eine Daueraufgabe“, sagt Klingen, sie sei keine eindeutig
umrissene Notsituation.
## Parlamentarische Kontrolle
Vielleicht ist ihre Kritik der Grund, warum Finanzsenator Stefan Evers
(CDU) das Sondervermögen nun auch mit der gegenwärtigen politischen
Weltlage begründet und auf den Nahost-Konflikt verweist, der die
Energieversorgung erschweren könnte. Das aber hält der parlamentarische
Geschäftsführer der Grünen, Sebastian Walter, für gefährlich. „Ich finde
die bisherige Begründung ausreichend“, sagt er. Denn wenn man mit der Lage
in Nahost argumentiere, komme man in Begründungsnot für das Sondervermögen,
sobald sich die Lage dort verbessert.
Die Koalition begründet erneut, warum die Klimaausgaben nicht aus dem
laufenden Haushalt zu stemmen sein sollen: Streiche man dort alles andere
zusammen, komme es zu einer sozialen Schieflage – es brauche das
langjährige, bis 2055 angelegte Sondervermögen. Für CDUler Christian Goiny
ist das alternativlos: „Allein Heizung abstellen und Radfahren ist nicht
die Antwort auf die Herausforderungen, die vor uns liegen.“
Allein steht Rechnungshofchefin Klingen, als sie auf eine aus ihrer Sicht
nicht ausreichende parlamentarische Kontrolle verweist. Verfassungsrechtler
Wieland hingegen spricht mit Blick auf den Gesetzentwurf von einer
„vorbildlichen Regelung, um demokratische Legitimationen zu sichern“. Und
von Torsten Schneider (SPD) ist zu hören, er als einer der dienstältesten
parlamentarischen Geschäftsführer in Deutschland „fühle hinreichend
parlamentarische Kontrolle“.
8 Nov 2023
## LINKS
[1] /Verfassungsrechtler-ueber-die-AfD/!5310152
[2] https://parlament-berlin.de/Ausschuesse/19-hauptausschuss
[3] /Neuer-Ansatz-der-Aufsichtsbehoerde/!5702104
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Haushalt
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