| # taz.de -- Ampel-Pläne gegen Wohnungsnot: Mit 14 Punkten gegen die Baukrise | |
| > In Deutschland fehlen Hunderttausende Wohnungen. Die Ampelkoalition will, | |
| > dass mehr gebaut wird. Aber was genau ist geplant? | |
| Bild: Hier wird bereits angepackt: Neubaugebiet in Düsseldorf | |
| Berlin taz | So, als wäre nichts gewesen, stellt sich Bundeskanzler Olaf | |
| Scholz am Montag vor die Kameras. Dass das Bündnis bezahlbarer Wohnraum | |
| zusammenkomme, sei „ein gutes Zeichen“, sagt er zum Auftakt des | |
| Wohnungsbaugipfels im Berliner Kanzleramt. Was Scholz aber nicht sagt: Der | |
| Verband der deutschen Wohnungswirtschaft GdW und der Eigentümerverband Haus | |
| & Grund, die Teil dieses Bündnisses sind, hatten vor lauter Unmut im | |
| Vorfeld keine Lust zu kommen – und ihre Teilnahme abgesagt. Dabei wurde das | |
| Bündnis, in dem ganz unterschiedliche Akteure von Immobilienwirtschaft über | |
| Gewerkschaften bis hin zu Mieterschutz- und Umweltverbänden vertreten sind, | |
| im vergangenen Jahr gegründet, um gemeinsam die Wohnungsnot zu bekämpfen. | |
| Aktuell ist die Lage auf dem Bau auch mehr als vertrakt: Eigentlich sollten | |
| pro Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen, davon 100.000 Sozialwohnungen, | |
| so hat sich die Bundesregierung selbst vorgenommen. Doch aktuell ist man | |
| davon meilenweit entfernt. Die Bauzinsen sind hoch, die Material- und | |
| Energiepreise auch, die Bauaufträge sind im Sinkflug. Was aber bei all den | |
| Hiobsbotschaften oft unter den Tisch fällt: In Deutschland sind etwa | |
| 880.000 Wohnungen bereits genehmigt, aber noch nicht fertig gestellt. | |
| „Die Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau in Deutschland sind nicht | |
| einfacher geworden“, konstatiert der Kanzler. Es brauche mehr von den | |
| „bezahlbaren Wohnungen“. Das bedeute, dass „wir die Aktivitäten im | |
| Wohnungsbau massiv ausweiten müssen“, sagte er bei der Vorstellung eines | |
| 14-Punkte-Plan gegen die Wohnungsnot. Ein Schlüsselmoment sei das „serielle | |
| Bauen“, so Scholz. Ein in einem Landkreis in der Grundstruktur genehmigtes | |
| Haus soll so auch anderswo ohne große Verfahren gebaut werden dürfen. | |
| Derzeit ist das durch 16 verschiedene Landesbauordnungen nicht einfach so | |
| möglich. | |
| ## Neues Wohneigentumsprogramm geplant | |
| Der Plan umfasst insgesamt ganz unterschiedliche Maßnahmen: bessere | |
| Abschreibungsmöglichkeiten für Baufirmen, weniger bürokratische Hürden, | |
| mehr Fördergelder für Sanierungen und den Eigentumserwerb von Familien – | |
| aber auch die Abkehr von geplanten Ökostandards. Konkret will die | |
| Bundesregierung im Rahmen des Wachstumschancengesetzes, zeitlich begrenzt | |
| eine [1][degressive Abschreibungsmöglichkeit für Wohngebäude] einführen. | |
| Damit sollen Firmen ihre Kosten schneller refinanzieren können. | |
| Gleichzeitig sollen bestehende Förderprogramme verändert werden. Denn das | |
| bestehende Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ (WEF), das sich an | |
| Familien mit kleinem Einkommen richtet, wird derzeit nicht gut angenommen. | |
| Bislang liegt die Einkommensgrenze bei 60.000 Euro im Jahr. Um mehr | |
| Familien zu erreichen, soll diese nun auf 90. 000 Euro angehoben werden. | |
| Zudem planen SPD, Grüne und FDP für 2024 und 2025 ein neues | |
| Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von | |
| sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden. Details sind aber noch nicht | |
| bekannt. Angekündigt wurde zudem ein neues Förderprogramm, um leere | |
| Gewerbeimmobilien in Wohnraum umzubauen. Das Bundesinstitut für | |
| Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) sieht hier ein | |
| Potential von bis zu 235.000 neuen Wohneinheiten. | |
| ## Bauen müsse „endlich Chefsache werden“ | |
| Teil des 14-Punkte-Plans ist auch die Wiedereinführung der | |
| Wohngemeinnützigkeit ab kommendem Jahr, „um dauerhafte Sozialbindungen im | |
| Neubau wie im Bestand zu schaffen“. So steht es im Papier. Geplant sind | |
| Investitionszuschüsse und Steuervorteile. [2][Bundesbauministerin Klara | |
| Geywitz (SPD)] kündigte daneben noch eine Sonderregelung im Baugesetzbuch | |
| an, damit Städte und Kommunen mit angespannten Wohnungsmärkten bis Ende | |
| 2026 schneller und einfacher bezahlbaren Wohnraum planen können. Ein | |
| Entwurf soll noch in diesem Jahr vorgelegt werden, so die Ministerin. | |
| Das Echo auf die Pläne der Koalition fiel allerdings sehr durchwachsen aus. | |
| „Die Ampel hat die Tragweite der Situation wohl erkannt“, verlautete der | |
| Zentralverband des Baugewerbes. Der Immobilienverband ZIA lobte den neuen | |
| Realismus: „Die Gespräche der letzten Wochen haben sich gelohnt.“ | |
| Weniger erfreut zeigten sich Gewerkschaften und Umweltverbände. „Der | |
| „Baugipfel“ ist eine einzige Enttäuschung für Mieterinnen und Mieter“, | |
| kritisierte die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay. Die neuen | |
| Abschreibungsmöglichkeiten seien „eine teure und ungezielte | |
| Gießkannenförderung, mit der am Ende Reiche ihre Luxusvillen und Lofts von | |
| der Steuer absetzen können.“ Das habe mit „sozialer Wohnungspolitik“ nic… | |
| zu tun. Auch aus der Union kam Kritik: „Nur an ein paar Stellschrauben zu | |
| drehen, reicht nicht aus“, sagte Jan-Marco Luczak (CDU). Bauen müsse | |
| „endlich Chefsache werden“. | |
| 25 Sep 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jasmin Kalarickal | |
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