# taz.de -- SPD-Fraktion fordert Industriestrompreis: Scholz und FDP unter Strom | |
> Die SPD-Bundestagsfraktion fordert staatliche Hilfen für energieintensive | |
> Branchen. Der Kanzler und die Liberalen lehnen sie bislang ab. | |
Bild: Enormer Energiebedarf: Stahlkocher am Hochofen im Hüttenwerk von Thyssen… | |
BERLIN taz | Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt sich in der Diskussion über | |
einen subventionierten Strompreis für die Industrie auf die Seite des | |
grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck und stellt sich gegen ihren | |
eigenen Kanzler Olaf Scholz und die FDP. Sie fordert einen Strompreis von 5 | |
Cent pro Kilowattstunde für Unternehmen, die sehr viel Energie verbrauchen | |
oder die für den klimagerechten Umbau wichtig sind, etwa Windanlagenbauer. | |
Die Grünen, Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und Länderregierungschef | |
verschiedener Parteien fordern seit Monaten einen staatlich | |
subventionierten Strompreis für energieintensive Unternehmen. | |
[1][Wirtschaftsminister Habeck hat dafür bereits im Mai ein Konzept | |
vorgelegt.] | |
Die unterschiedlichen Lager eint die Sorge, dass Branchen mit sehr hohem | |
Energiebedarf wie die Stahl- oder die Chemieindustrie aufgrund der hohen | |
Preise international nicht wettbewerbsfähig sind. Etliche Unternehmen in | |
Deutschland haben wegen der hohen Strompreise bereits die Produktion | |
heruntergefahren. [2][In anderen Ländern wie den USA und China sind die | |
Energiepreise sehr viel niedriger]. Obwohl es viele Fürsprecher:innen | |
gibt, hat der Industriestrompreis bislang keine Chance auf Umsetzung. Denn | |
SPD-Kanzler Scholz und die mitregierende FDP sind bislang dagegen. | |
Einzelne Stimmen aus der SPD haben sich bereits für einen | |
Industriestrompreis ausgesprochen. Neu ist, dass die SPD-Fraktionsspitze in | |
einem Positionspapier einen „Transformationsstrompreis“ von 5 Cent vor | |
Steuern und Umlagen fordert, der auf fünf Jahre begrenzt sein soll. Am | |
kommenden Montag soll die gesamte SPD-Fraktion bei einer Klausurtagung | |
darüber abstimmen. | |
## Keine Dauersubvention | |
Die Differenz zwischen dem durchschnittlichen Börsenpreis und den 5 Cent | |
sollen die Unternehmen vom Staat erstattet bekommen. Zurzeit liegt der | |
Börsenpreis bei knapp 9 Cent. „Der Bezug auf den Börsenstrompreis statt auf | |
den individuellen Strompreis ist wichtig, um Einsparanreize zu erhalten und | |
die Funktionsweise der Terminmärkte nicht zu beeinträchtigen“, heißt es in | |
dem Papier. Der Preis soll für den gesamten Stromverbrauch gelten. | |
Erhalten sollen die Hilfen nicht nur energieintensive Unternehmen, sondern | |
auch die „industriellen Schlüsselbereiche der Transformation“ wie | |
Hersteller von Batterien, Windkraft- oder Solaranlagen. Das Geld für die | |
Subventionen soll aus dem [3][Wirtschaftsstabilitätsfonds (WSF)] kommen. | |
Der wurde für die Abfederung der finanziellen Folgen der Coronakrise | |
aufgelegt. Die Bundesregierung hat ihn reaktiviert und mit 200 Milliarden | |
Euro ausgestattet, mit denen unter anderem hohe Energiekosten für | |
Bürger:innen und Unternehmen gedämpft werden. | |
Die Unterstützung soll an eine Reihe von Bedingungen gekoppelt werden, etwa | |
Energiesparmaßnahmen, Standort- und Beschäftigungsgarantien. Das Konzept | |
der SPD-Fraktion unterscheidet sich in einigen Punkten von Habecks | |
Vorschlag. Der grüne Minister ist für einen Preis von 6 Cent und für 80 | |
Prozent des Verbrauchs. Die SPD-Fraktion versteht die Subvention aber wie | |
Habeck als eine Brücke, bis die erneuerbaren Energien ausreichend ausgebaut | |
sind und [4][Strom] aufgrund hoher Kapazitäten billiger ist. „Eine | |
Dauersubvention kann und darf es nicht geben“, heißt es in dem Papier. | |
Den Grünen kommt der Vorstoß der Sozialdemokrat:innen entgegen. „Ich | |
freue mich sehr, dass sich die SPD-Bundestagsfraktion hinter die Idee des | |
Industriestrompreises von Robert Habeck gestellt hat“, sagte die | |
Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion Katharina Dröge. Bis die | |
erneuerbaren Energien für genug günstigen Strom sorgten, sei eine Deckelung | |
der Preise notwendig. „Als Grüne werden wir uns gemeinsam mit der SPD | |
Bundestagsfraktion dafür einsetzen, dass die Koalition den | |
Industriestrompreis als Teil eines Gesamtpakets für die Wirtschaft | |
beschließt“, sagte sie. | |
## FDP dagegen | |
Leicht werden dürfte das nicht. Die FDP bleibt bei ihrem Nein. Die | |
Wirtschaft sei insgesamt in einer schwierige Lage, betonte der | |
stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer. „Die | |
Energiepreise sind für alle zu hoch und das Wirtschaftsministerium sollte | |
Lösungen unterbreiten, wie Industrie, Menschen und Betriebe entlastet | |
werden könnten.“ Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds könne „nicht als | |
Feuerwehr für die vermurkste Energiewende genutzt werden“. | |
Beifall bekommt die SPD-Bundestagsfraktion aus dem Gewerkschaftslager. Die | |
IG Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) etwa begrüßte den Vorschlag. Sie gehört | |
zur „Allianz pro Brückenstrompreis“, in der sich Gewerkschaften und | |
Verbände energieintensiver Industrien zusammengeschlossen haben. Die | |
Allianz fordert eine schnelle Entscheidung für einen Industriestrompreis. | |
24 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Vorstoss-von-Robert-Habeck/!5932539 | |
[2] /Energiesubventionen-fuer-Unternehmen/!5941931 | |
[3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/entlastung-fuer-deutsch… | |
[4] /Strompreis/!t5022537 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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