# taz.de -- Radwege auf der Schönhauser Allee: Betonpoller können kommen | |
> Als erstes Radinfrastruktur-Projekt hat der Radweg auf der Schönhauser | |
> Allee die Prüfpause von Senatorin Manja Schreiner (CDU) überstanden – in | |
> Gänze. | |
Bild: Voll, schnell und gefährlich: der heutige Radweg auf der Schönhauser | |
BERLIN taz | Die Vorwürfe der Berliner Fahrrad-Szene sowie der Opposition, | |
sie verschiebe den Bau dringend benötigter Radinfrastruktur auf den | |
St.-Nimmerleins-Tag, wollte [1][Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU)] | |
offenbar nicht auf sich sitzen lassen. Am Freitag verkündete sie zusammen | |
mit der Pankower Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (auch CDU): Im | |
August beginnen die Bauarbeiten für die dringend benötigten [2][Radstreifen | |
auf der Schönhauser Allee] – und zwar gemäß der vorliegenden Planung. | |
Letzteres war aus der Mitteilung der beiden Politikerinnen nur bedingt | |
herauszulesen: „Die Maßnahme wird auf Grundlage des fortgeschrittenen | |
Planungsstands, der bereits erfolgten Beauftragung externer Firmen und zur | |
Steigerung der Verkehrssicherheit als temporäre Lösung umgesetzt“, heißt es | |
dort. Wie die Senatsverwaltung auf Nachfrage bestätigte, heißt „temporär“ | |
allerdings nicht, dass Abstriche gemacht werden. Unter anderem wird die | |
rechte der je drei Fahrbahnen, die künftig als Radstreifen dient, mit | |
Betonelementen vor dem Befahren durch Autos geschützt. | |
Diese rechte Fahrbahn wird heute noch zum Parken genutzt, künftig fallen | |
diese Parkplätze weg. Allerdings werden auf der rechten der beiden dem | |
Autoverkehr verbleibenden Spuren insgesamt elf Lieferzonen angelegt. Sie | |
sollen nur zu bestimmten Zeiten nutzbar sein, voraussichtlich vor allem in | |
den Morgenstunden. Der Fahrgastverband IGEB hatte das kritisiert: Er | |
befürchtet, dass das die Straßenbahn, deren Schienen zusätzlich auf der | |
linken Fahrbahn verlaufen, durch noch häufigere Staus ausbremsen wird. | |
„Temporär“ heißt für die Senatorin vielmehr, dass auf den Umbau in diesem | |
Sommer eine „Gesamtbetrachtung der Straße über ihre ganze Länge“ folge. | |
Tatsächlich ist der Abschnitt, auf dem die geschützten Wege nun angelegt | |
werden, nur ein kleiner Teil der von RadlerInnen stark genutzten Magistrale | |
und ihrer Fortsetzung nach Pankow (Alt). „Wir werden den Verkehrsraum | |
entlang der Schönhauser Allee und Berliner Straße großräumig betrachten, um | |
künftig bei Bedarf im Sinne einer weiteren Verbesserung für alle | |
Verkehrsteilnehmer Anpassungen vornehmen zu können“, so Schreiner. | |
## Vor 2030 keine Dauerlösung | |
Das stand natürlich ohnehin auf der To-do-Liste der Verkehrsverwaltung – | |
wobei mit dem Neubau der Brücke über den S- und Fernbahn-Graben in den | |
kommenden Jahren noch weitere massive Baumaßnahmen hinzukommen. Vor dem | |
Jahr 2030 ist in keinem Fall mit einer durchgehenden dauerhaften Lösung für | |
den Radverkehr vom S-Bahnhof Pankow bis zu Torstraße zu rechnen. | |
Der Mobilitätsverein Changing Cities schreibt sich die Neuigkeiten vom | |
Freitag auch dem eigenen Konto gut: „Der laute Protest, den wir seit Wochen | |
organisieren, zeigt Wirkung“, so Sprecherin Ragnhild Sørensen. Auch wenn | |
„über alle anderen Radprojekte in der Hauptstadt weiterhin Unklarheit“ | |
herrsche, freue man sich, denn es habe sich gezeigt: „Politik über die | |
Köpfe der Zivilgesellschaft hinweg funktioniert nicht.“ | |
Mit der „weiteren Verbesserung für alle Verkehrsteilnehmer“, die zu prüfen | |
sei, meine die Senatorin allerdings vor allem den Autoverkehr, mutmaßt | |
Sørensen. Bei Changing Cities vermutet man darüber hinaus, die Freigabe des | |
Radwegs könnte nur deshalb erfolgt sein, weil es schon einen Auftrag an | |
eine Baufirma gibt „und ein Baustopp Regresszahlungen bedeutet hätte“. | |
Für die AktivistInnen ist mit der Entscheidung zur Schönhauser Allee | |
jedenfalls noch lange nichts gut. Am vergangenen Montag hatten sie in | |
Prenzlauer Berg protestiert, am kommenden Montag geht es nun in Neukölln | |
weiter: Zusammen mit lokalen Gruppen wie „Hermannstraße für alle“ und | |
Kiezblock-Initiativen wird ab 8.15 Uhr die Hermannstraße mehrmals | |
abgeradelt. Ein besonderer Kritikpunkt hier: Da ein Teilstück des | |
geschützten Fahrradwegs schon fertig ist, drohe auf Dauer Flickwerk. Das | |
mehrfache Ein- und Ausfädeln in den Kfz-Verkehr sei aber besonders | |
gefährlich. | |
30 Jun 2023 | |
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[1] /Berliner-Verkehrssenatorin-Manja-Schreiner/!5932876 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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