# taz.de -- Nato-Gipfel in Vilnius: Der Krieg und das letzte Komma | |
> Beim Nato-Gipfel wird vor allem um Worte gekämpft: Der Ukraine wird gegen | |
> den russischen Angriffskrieg viel versprochen – aber vieles bleibt vage. | |
VILNIUS taz | In Vilnius bleibt Wolodimir Selenski nichts anderes, als den | |
Ex-Komiker in ihm durchscheinen zu lassen. Es sind die immer | |
wiederkehrenden Fragen, die die Journalist:innen zum Ende des | |
Nato-Gipfels am Mittwochnachmittag an den ukrainischen Präsidenten stellen. | |
Reicht das Angebot der Alliierten an die Ukraine? Ist das Signal der | |
Verbündeten stark genug, um den russischen Präsidenten Wladimir Putin | |
einzuschüchtern? Kommt die Ausbildung an den F16-Kampfjets? | |
Selenski bemüht sich um Diplomatie, um das Gute im Unklaren für sein Land | |
im Krieg zu finden. Und verweist irgendwann frotzelnd an | |
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. „Du kannst diese Fragen auch alle | |
beantworten.“ Lachen im Saal des Pressezentrums in Vilnius. Mitgefühl für | |
den Präsidenten im Krieg ist zu spüren – und die unausgesprochene | |
Gewissheit, dass allen klar ist: Die Zukunft der Ukraine ist ungewiss. | |
Es geht um diesen Schlüsselsatz im Abschlussdokument der 31 Nato-Staaten: | |
„Wir werden in der Lage sein, die Ukraine zu einem Bündnisbeitritt | |
einzuladen, wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt | |
sind.“ Bedingungen für ein Land im Krieg, in einem Krieg, von dem keiner | |
weiß, wie lange er noch dauern wird? Übersetzt heißt das: Die Ukraine wird | |
Teil der Nato – aber nicht jetzt. Auf einen breiteren Konsens konnten sich | |
die Staats- und Regierungschefs beim Nato-Gipfel in Vilnius nicht einigen. | |
Vor allem, weil Washington und Berlin nicht mitziehen wollten. Zu allem | |
bereit wären die baltischen Staaten oder Polen gewesen. | |
Auch [1][der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan] positionierte sich | |
klar für einen Beitritt. Stattdessen folgt eine windelweiche Formulierung: | |
Wenn der Krieg zu Ende ist, dann gelten Bedingungen für die Aufnahme der | |
Ukraine. So sollen etwa militärische Systeme miteinander funktionieren, auf | |
rechtsstaatlicher Ebene müssen Regeln eingehalten werden. Bei allen Punkten | |
wollen die Alliierten unterstützen. | |
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock spart nicht an Pathos, wenn | |
sie von der gemeinsamen Vereinbarung spricht. Für sie schlägt „der | |
Pulsschlag für die Ukraine“ in Europa nirgends so stark wie in Vilnius. | |
„Die Nato ist unsere Lebensversicherung. Diese Lebensversicherung | |
funktioniert aber nur, wenn einer für alle und alle für einen einstehen“, | |
sagt Baerbock, sichtlich bemüht. Das zeige sich im Abschlussdokument des | |
Gipfels und den Vereinbarungen für die Ukraine. Und das gelte natürlich | |
auch für andere Konflikte. Für den Indopazifik-Raum und Asien etwa, für | |
mehr Unabhängigkeit von China. Wie sehr der Puls der Litauer:innen für | |
die Ukraine schlägt, zeigt sich bereits am Dienstagabend. | |
Ein Meer ukrainischer Flaggen und Hunderttausende von Menschen, die | |
ebenfalls in Gelb und Blau gekleidet sind, füllen den zentralen Platz der | |
litauischen Hauptstadt. Auf der Bühne prangt ein riesiges Banner mit der | |
Aufschrift #ukrainenato33: [2][Nach dem türkischen grünen Licht für die | |
Aufnahme Schwedens am Montagabend] wäre die Ukraine das 33. Nato-Mitglied. | |
Selenski wird in wenigen Momenten zu den Litauer:innen sprechen. Gerade | |
angekommen in Vilnius, ist dies sein erster öffentlicher Auftritt. Mit den | |
Nato-Verbündeten wird er erst am Folgetag sprechen. Während internationale | |
Journalist:innen verzweifelt seit Tagen schreiben, dass es unklar ist, | |
ob Selenski nach Vilnius zum Nato-Gipfel eintreffen wird, wussten die | |
Vilniuser:innen längst Bescheid. Wie ein Popstar wird Selenski | |
gefeiert, sobald er auf der Bühne mit seiner Ehefrau erscheint. | |
Anschließend spielt eine litauische Band. | |
Der Platz ist nicht zufällig gewählt. In Zeiten der sowjetischen Besatzung | |
stand dort in der Mitte eine Lenin-Statue, der Platz war nach ihm benannt. | |
Unweit davon gibt es eine Open-Air-Dauerausstellung über den sogenannten | |
Kaunas-Frühling im Mai 1972. Auslöser war die antisowjetische Protestaktion | |
des Schülers Romas Kalanta, der sich öffentlich verbrannte. Ebenfalls nah | |
ist das KGB-Museum, nun Museum der Opfer des Genozids genannt. | |
Die 40 Jahre sowjetischer Vergangenheit mit Unterdrückung der litauischen | |
Sprache und Kultur spielen eine Rolle bei der Entscheidung der meisten | |
Litauiner:innen, die Ukraine zu unterstützen. Vilnius ist nur rund 40 | |
Kilometer von der belarussischen Grenze entfernt – fast 700 Kilometer | |
Grenze mit Litauen. Bis Russland, Richtung Osten, sind es knapp 350 | |
Kilometer, aber im Westen grenzt Litauen mit der russischen Exklave | |
Kalinigrad. Am Dienstag unterschreiben in Vilnius die Verteidigungsminister | |
von Estland, Lettland und Litauen eine Kooperationsvereinbarung, die den | |
Zugang für Nato-Staaten zum Luftraum der Baltenstaaten vereinfacht. Die | |
drei Staaten haben keine eigenen Kampfjets. | |
„Ich werde alle schützen, außer die Russen“, sagt Kelias Virginijus, der | |
zusammen mit einem Freund auf den Platz gekommen ist. Natürlich hat auch er | |
eine ukrainische Flagge dabei. „Im Januar 1991 habe ich auf den Barrikaden | |
gegen die sowjetischen Besatzer hier in Vilnius Widerstand geleistet, aber | |
jetzt wünsche ich mir, dass dieser Krieg zu Ende geht. Hier in Litauen | |
wohnen Menschen, die mehrere Sprachen sprechen – Litauisch, Polnisch, | |
Russisch … – und wir haben kein Problem miteinander. Das Problem ist unser | |
Nachbar und seine expansionistischen Ideen“, fügt Kelias hinzu. | |
Nahezu parallel zu Selenskis Auftritt im Zentrum der litauischen Hauptstadt | |
äußert sich Nato-Generalsekretär Stoltenberg zum ersten Mal zur | |
Abschlusserklärung der 31 Mitglieder – bald 32, mit Schweden. „Die Ukraine | |
wird eine Einladung bekommen, Nato Mitglied zu werden, sobald die | |
Bedingungen erfüllt werden“, so Stoltenberg. Die Ukraine kann nicht auf | |
ewig warten: „Die Menschen sterben dort jeden Tag“, sagt Janina am | |
zentralen litauischen Platz und zitiert empört den berühmten Satz „as long | |
as it takes“ von Bundeskanzler Olaf Scholz und Stoltenberg. „Das ist | |
einfach nicht genug. Russland ist eine Bedrohung, auch für uns“, sagt ihre | |
Kollegin Danute. Auch die Jurastudentin Zuzana will Selenski live sehen, | |
zeigt aber Verständnis für die Nato-Erklärung: „Der Krieg tobt noch, so ist | |
es unmöglich, die Ukraine in die Nato aufzunehmen. Aber wir brauchen klare | |
Zeichen dafür, dass es in einer näheren Zukunft doch klappen wird. Ohne die | |
Nato wird die Ukraine nicht überleben.“ | |
„As long as it takes“ – dieser Satz lässt sich an diesem Abend auch ande… | |
interpretieren. Ein junges litauisches Paar mit kleinem Kind und Säugling | |
im Kinderwagen verlässt den Platz und kehrt langsam heim: „Wir haben | |
Selenski gesehen, Papa!“, jubelt das Mädchen auf den Schultern des Vaters. | |
Solidarität über Generationen hinweg. | |
Während Selenski Wut und Frust vor seiner Ankunft in Vilnius in die | |
akademische Nato-Blase twittert, macht sein Verteidigungsminister Olexij | |
Resnikow bereits den nächsten Waffendeal klar. 11 Bündnis-Staaten haben | |
zugesagt, der Ukraine F-16 Kampfjets zu liefern. Die Niederlande und | |
Dänemark leiten das Bündnis zur Ausbildung ukrainischer Kampfjet-Piloten. | |
Bereits im August soll das Training in Rumänien beginnen. Dabei sind | |
Großbritannien, Polen und Kanada. Deutschland hält sich noch raus. | |
Aber die Erwartungen an die Bundesregierung sind hoch. Deutschland habe | |
sich gut in der Führungsrolle bei der Kampfpanzer-Koalition gemacht, sagt | |
Resnikow. Warum also nicht dem Kampfjet-Bündnis beitreten? Bundeskanzler | |
Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius reagieren ausweichend auf | |
diese Anforderungen. Aber allen ist klar, dass die Kriegsgerät-Spirale sich | |
weiterdrehen wird. | |
Mit einem Fünkchen mehr Stolz als bei Verteidigungsministern wohl üblich, | |
verkündet Resnikow, gekleidet im olivgrünen Militäroutfit, dass seine | |
Soldat:innen – die Ukrainer:innen – mit ihrer Ausbildung an Panzern | |
oder Patriots nur Wochen brauchten, anstatt der üblichen Zeit von mehreren | |
Monaten. Also werde es bei den Kampfjets auch klappen. Über die umstrittene | |
Streumunition aus den USA ist die Freude nach wie vor groß. Und | |
vorauseilend beschwichtigt Resnikow umgehend die Kritiker:innen: „Wir | |
werden sie nicht in besiedelten Gegenden einsetzen – und auch die Gebiete | |
wieder räumen.“ Um sich gegen die brutalen Angriffe des Putin’schen Regimes | |
zu wehren, bleibe der Ukraine aber keine andere Wahl. | |
Und Resnikow hofft auf mehr: ein Mehr an Waffen, an Flugabwehr, an Munition | |
– und eine klare Perspektive für den Nato-Beitritt für die Ukraine. Von | |
Frust und Wut über eine ukrainischen Gegenoffensive, die langsamer als | |
erwartet verläuft, will Resnikow aber in Vilnius nicht sprechen. „Dieser | |
Krieg ist keine Show. Er ist Realität.“ | |
Die Brutalität des russischen Angriffskrieges: Daran lassen weder Scholz | |
noch Baerbock und Pistorius Zweifel aufkommen. Und scheuen auch nicht den | |
Realitätscheck im Diplomatiedschungel: „Wir können hier relativ entspannt | |
auf jedes Komma in den Abschlussdokumenten schauen“, sagt Baerbock. Das | |
kann ein Land im Krieg nun mal nicht. Dafür gibt es von den Staats- und | |
Regierungschefs Empathie, Solidarität, Mitgefühl. | |
Das blau-gelbe Mitgefühl im Zentrum Vilnius, das von Tausenden von | |
Polizist:innen und Soldat:innnen geschützt wird, hat seinen Preis. | |
Die litauische Hauptstadt ist in eine Art Ausnahmezustand versetzt worden. | |
In der Nähe des Messegeländes, wo der Nato-Gipfel stattfindet, herrscht | |
teilweise Chaos. Ausgerechnet dann, als überschwänglich das von manchen gar | |
als „historisch“ betitelte Abschlussdokument präsentiert wird, geht in der | |
Stadt gar nichts mehr. | |
Über zwei Stunden stecken Journalist:innen und Diplomat:innen am | |
Verhandlungsort fest. Auch der Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, | |
Christoph Heusgen, wartet in der Sonne an der Bushaltestelle. | |
Wasserflaschen werden von jungen Freiwilligen – natürlich gekleidet in | |
blau-gelben T-Shirt mit der Aufschrift „trust us #wearenato“ – verteilt. | |
Erst als US-Präsident Joe Biden das Gelände verlässt, und etliche andere | |
Staats- und Regierungschefs auf dem Weg zum Gala-Dinner im Palast des | |
litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda sind, sind die Straßen wieder frei. | |
Das Chaos, das solche Gipfeltage, die mit enormen Sicherheitsvorkehrungen | |
verbunden sind, entschädigt Litauens Regierung mit kostenlosen öffentlichen | |
Verkehrsmitteln. Die rund 500.000 Einwohner:innen Vilnius tragen es mit | |
Fassung. Dass der Nato-Gipfel stattfindet, ist überall zu spüren. | |
Ukrainische, litauische, Nato-Flaggen hängen an den Bussen und offiziellen | |
Gebäuden. Herzen für die Ukraine kleben an jeder Ecke. Mit Kunstaktionen, | |
Fotoausstellungen und Videoperformances aus dem Krieg wollen die | |
Litauer:innen Hoffnung auf einen Beitritt der Ukraine schüren. Am | |
Mittwochabend findet noch eine öffentliche Veranstaltung unter hohen | |
Sicherheitsvorkehrungen an der Vilnius Universität statt: eine Rede des | |
US-Präsidenten Biden. | |
Wie wichtig die Nato für sie selbst ist, zeigt die hohe Zustimmung für das | |
Militärbündnis in der Bevölkerung. Rund 89 Prozent der fast drei Millionen | |
Einwohner:innen unterstützen die litauische Nato-Mitgliedschaft. Seit | |
2004 ist das Land Nato-Mitglied. Im ganzen Land sind rund fünf Prozent der | |
Bevölkerung russischsprachig – die größte Minderheit ist polnisch. In | |
Vilnius sind sogar fast 13 Prozent der Einwohner:innen russischsprachig | |
und in bestimmten Stadtteilen ist Russisch allgegenwärtig. In der | |
Markthalle Halės turgus, unweit der Vilniuser Synagoge, hetzt Irina zu | |
Arbeit – der Bus kam einfach nicht. Sie hat dort einen Obststand. Auch | |
Emin, ihr Nachbar, verkauft auch Obst in der Halle. Die meisten | |
Verkäufer:innen sprechen russisch miteinander. | |
„Lange konnten wir keinen guten Job finden, ohne litauisch zu sprechen. | |
Jetzt wo so viele ukrainische Flüchtlinge gekommen sind, hat die Regierung | |
es einfacher gemacht, mit Russisch an bestimmte Jobs zu kommen, weil viele | |
Ukrainer:innen russisch reden“, erzählt Emin. Und er erwähnt auch, wie | |
zu Beginn des Ukrainekrieges im Februar 2022 viele in Vilnius aufhörten in | |
der Öffentlichkeit Russisch zu sprechen. Ursprünglich kommt er aus dem | |
heutigen Aserbaidschan. Ausgewandert ist er in den 1990er Jahren – wegen | |
des Krieges in Bergkarabach. „Damals hat sich keiner hier in Europa | |
interessiert, ob dort Krieg herrscht oder nicht. Geholfen hat mir damals | |
keiner“, fügt er hinzu. In der Nähe steht die Metzgerin Larissa: Problemlos | |
wechselt sie von Polnisch ins Litauische oder ins Russische, je nach | |
Kund:in. „Wir haben hier kein Problem miteinander. Diese ganzen Flaggen auf | |
den Straßen – das ist nur Politik und hat nichts mit uns zu tun“, sagt sie. | |
Das sagt auch Yelena. Sie kommt aus Vilnius und hat zufällig beim Gipfel | |
einen Job in der Technik. Selenskis Tweet, die Interviews, die die Staats- | |
und Regierungschefs geben, das Abschlussdokument, das schnell via Social | |
Media die Runde macht, verfolgt sie aufmerksam. Optimistisch, dass in das | |
Verhältnis zu Russland etwas in Bewegung kommt, ist sie nicht. „Es wird | |
sich nichts ändern. Wir müssen mit den Russen und der Aggression einfach | |
leben.“ | |
In der Ukraine geht es ums Überleben – das machen etliche | |
Vertreter:innen während des Gipfels klar. Die Appelle fruchten, und | |
neben Solidarität und Entschlossenheit gibt es etliche militärische | |
Zusagen. Kanzler Scholz und sein Verteidigungsminister und | |
SPD-Parteikollege Pistorius kündigen gleich zum Auftakt des Gipfels ein | |
millionenschweres neues Militärpaket für die Ukraine an. 700 Millionen Euro | |
soll das Geschenk an Kriegsgerät wert sein. Panzer gehören dazu, und jede | |
Menge Munition – konventionelle Waffensysteme, die die Ukraine dringend | |
braucht. Aber eben nicht nur, wie Selenski, sein Außenminister Kuleba und | |
der ukrainische Verteidigungsminister nicht müde werden zu betonen. | |
Die von der Ukraine ersehnten Marschflugkörper Taurus soll es aber von | |
deutscher Seite nicht geben. Sie haben eine Reichweite von bis zu 700 | |
Kilometern – zu groß sei die Gefahr, dass damit russisches Gebiet getroffen | |
werden könnte. Ein Szenario, das die Bundesregierung unbedingt vermeiden | |
will. Die Ukraine unterstützen: ja. Aber in die direkte Konfrontation | |
gehen: nein – das machen diplomatische Kreise mantraartig klar. Sogar der | |
Begriff eines dritten Weltkrieges fällt. Und den will keiner. | |
Was das Abschlussdokument der Nato-Staaten nicht leisten kann, wollen die | |
G7-Staaten ausmerzen. In einer gemeinsamen Erklärung am Rande des | |
Nato-Gipfels in Vilnius sichern sie der Ukraine Sicherheitsgarantien zu. Es | |
geht um militärische Zusagen, aber auch wirtschaftliche Hilfen für den | |
Aufbau von Infrastruktur, mittel- und langfristig, über Jahre hinweg. Für | |
den ukrainischen Präsidenten geht es um ein erstes juristisches Dokument, | |
das mehr Absicherung schafft als wohlfeile Solidaritätsbekundungen. | |
Selenski spricht aber dennoch lieber von einem „Sicherheitsschirm“ anstatt | |
von Garantien. Kanzler Scholz spricht dagegen von einer | |
Sicherheitspartnerschaft, die dringend nötig sei. Selenski habe die | |
Vereinbarungen auch „sehr sorgfältig“ gelobt. Verstimmungen sollen kurz vor | |
Schluss nicht mehr aufkommen. Biden kündigte bei der G7-Pressekonferenz an: | |
„Wir wollen der Ukraine Sicherheitsgarantien zusichern, die das Land vor | |
jeglichen Aggressionen schützen können. Wir wollen der Ukraine mit Boden-, | |
Luft- und Meerverteidigungsmechanismen helfen – gegen jegliche Bedrohung.“ | |
Der Angriff auf die Krim 2014 und letztlich auch der Beginn des Krieges am | |
24. Februar 2022 zeigten, dass auf Putin kein Verlass ist. Und auch nicht | |
auf die Nato-Staaten. Auf dem Nato-Gipfel 2008 im rumänischen Bukarest | |
blockierten insbesondere Deutschland und Frankreich einen Beitritt der | |
Ukraine. Damals hatte Moskau Kyjiw damit bedroht, im Fall eines | |
Nato-Beitritts und einer Stationierung westlicher Abwehrraketen russische | |
Atomwaffen gegen die Ukraine zu richten. Im Zuge des Ukrainekrieges wurden | |
laut dem Kreml Atomwaffen im Partnerland Belarus stationiert. | |
Aus Brüssel kommt Zustimmung für die Pläne der G7. „Wir werden die | |
wirtschaftliche Tragfähigkeit der Ukraine weiterhin unterstützen, damit sie | |
der Aggression Russlands standhalten kann“, sagte EU-Kommissionspräsidentin | |
Ursula von der Leyen. „Wir werden Russland weiterhin durch Sanktionen | |
Kosten auferlegen und Russland weiterhin für seine Kriegsverbrechen zur | |
Rechenschaft ziehen.“ Reformanstrengungen werde man weiter unterstützen. | |
Wenig überraschend reagiert der Kreml mit Drohgebärden. Als „potenziell | |
sehr gefährlich“ bezeichnete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow die Zusage für | |
Sicherheitsgarantien an die Ukraine. Erneut lehnte er eine Mitgliedschaft | |
der Ukraine in der Nato ab. Für Moskau bleibt das Militärbündnis eine | |
„offensive Allianz“, die der Welt „Instabilität und Aggression“ bringe. | |
In Vilnius ruft die Nato zudem ein neues Gremium ins Leben: den | |
Nato-Ukraine-Rat, der am Mittwoch zum ersten Mal tagt. „Heute treffen wir | |
uns als Gleichgesinnte“, kündigt Stoltenberg während der gemeinsamen | |
Pressekonferenz mit Selenski an. Beim Rat sitzen ukrainische Vertreter mit | |
am Tisch, wenn es um den Beitritt und die Unterstützung bis dahin geht. Es | |
geht um Augenhöhe, um ein Zeichen, dass das Begehr der Ukraine auf den | |
Beitritt ernst genommen wird. Vier Mal im Jahr soll der Rat tagen. „Die | |
Zukunft der Ukraine liegt in den Händen der Menschen in der Ukraine“, sagt | |
Baerbock. „Es gibt nur einen Mann, der diesen Krieg beenden kann – und das | |
ist der russische Präsident.“ Verschärft sich die Lage, kann die Ukraine | |
den Rat für ein Krisentreffen anrufen. „Kein Nato-Verbündeter kann | |
blockieren“, so Stoltenberg. Auch dies ist ein Zeichen, das mehr als | |
Solidarität ausdrücken soll. | |
Aus Vilnius fährt Selenski nicht als Alliierter des Militärbündnisses in | |
die Ukraine zurück. Hoffnung liegt nun auf dem Nato-Gipfel im Juli 2024 in | |
Washington, vier Monaten vor den US-Präsidentschaftswahlen. Die Alliierten | |
feiern dann ihr 75-jähriges Bestehen. Vielleicht machen sie sich selbst ein | |
Geschenk – den Nato-Beitritt der Ukraine. | |
12 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
Tanja Tricarico | |
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