# taz.de -- Ergebnisse des Nato-Gipfels in Vilnius: Brückenbauer dringend gesu… | |
> Ein Beitritt in die EU oder Nato ist für die Ukraine in weiter Ferne, | |
> solange der Krieg tobt. Das ist ein Dilemma. | |
Bild: Beim Nato-Gipfel in Vilnius: der ukrainische Präsident Selenski | |
Emotionalität und Rationalität sind die beiden Pole, zwischen denen [1][der | |
Nato-Gipfel in Vilnius] schwankte: zwischen Regierungen, die aufgrund ihrer | |
geografischen Nähe zu Russland auf internationale rote Linien verzichten | |
wollen, und solchen, denen allmählich schwindlig wird angesichts des | |
enormen militärischen und finanziellen Aufwands und angesichts der | |
möglichen weiteren Eskalation. | |
Deshalb endete das Spitzentreffen am 12. und 13. Juli für Kyjiw mit einem | |
vagen Kompromiss. Auch der ukrainische Präsident schwankte zwischen Gefühl | |
am ersten Gipfeltag und Vernunft am zweiten. | |
Schließlich ist es, rein rational betrachtet, unrealistisch, einem Land, in | |
dem ein Krieg tobt, die Nato-Mitgliedschaft zu versprechen. Ein | |
Waffenstillstand ist und bleibt die größte und drängendste Herausforderung. | |
Ebenso unrealistisch ist es, einem Land, sei es der Ukraine oder der | |
Türkei, die EU-Mitgliedschaft in Aussicht zu stellen, wenn die Liste der | |
nötigen nationalen Reformen, der nicht erfüllten Menschenrechtsstandards | |
noch so lang ist. | |
Immerhin bieten der in Vilnius gegründete Nato-Ukraine-Rat „auf Augenhöhe“ | |
und die beschlossenen Sicherheitsgarantien der G7-Staaten vermutlich | |
[2][ein wenig Trost] – und bleiben in nächster Zeit die einzigen | |
umsetzbaren Optionen. | |
## „As long as it takes“ geht nicht immer so weiter | |
Allein die USA haben inzwischen 75 Milliarden Dollar an humanitärer, | |
finanzieller und militärischer Hilfe geleistet. Doch das „As long as it | |
takes“ geht nicht einfach immer so weiter. Das „Gelegenheitsfenster“ für | |
die Unterstützung der Ukraine schließe sich nach dem Sommer, befürchtet der | |
tschechische Präsident und Ex-Nato-General Petr Pavel. Die Zuwendungen | |
würden dann zusehends schrumpfen. | |
Selenski betont immer wieder, dass sein Land nicht bereit sei, für eine | |
Beitrittsoption den Konflikt einzufrieren oder gar Gebiete herzugeben. | |
Allerdings werden Waffen und ein Kandidatenstatus allein den Krieg nicht | |
beenden. Die große Frage bleibt deshalb: Wie endet der Krieg? Es herrscht | |
Ratlosigkeit. Die seit 2014 von Russland besetzten Gebiete, vor allem die | |
Krim, wird Wladimir Putin jedenfalls nicht einfach so aufgeben. | |
Der Nato-Gipfel hat klar gezeigt, dass Brückenbauer mehr denn je gebraucht | |
werden. Leider sind die Vermittler, die überhaupt infrage kommen – weil sie | |
einen guten Draht zu Moskau und zu Kyjiw haben –, korrupte, populistische | |
und [3][selbstsüchtige Staatsmänner wie etwa Recep Tayyip Erdoğan]. | |
Doch Akteure wie die Türkei, China und viele Länder des Globalen Südens | |
haben wirksame Druckmittel gegen Putin in der Hand. Der Westen sollte sie | |
ernst nehmen, damit der Krieg aufhört. Sonst wird Kyjiw langfristig vor die | |
Wahl gestellt, entweder auf den EU- und Nato-Beitritt zu verzichten – oder | |
eigene Gebiete abzugeben. | |
14 Jul 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Nato-Gipfel-in-Vilnius/!5943687 | |
[2] /Ukraine-debattiert-ueber-Nato-Versprechen/!5947036 | |
[3] /Tuerkei-zu-Schwedens-Nato-Beitritt/!5943490 | |
## AUTOREN | |
Gemma Teres Arilla | |
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