| # taz.de -- Türkei zu Schwedens Nato-Beitritt: Die Flexibilität des Herrn Erd… | |
| > Um Schweden ging es Erdoğan immer nur am Rande. Vor allem wollte er aus | |
| > der Isolation kommen und mit der Nato-Führungsebene und Joe Biden | |
| > verhandeln. | |
| Bild: Erdoğan will auf dem Nato-Gipfel vor allem mit den Großen spielen | |
| Vordergründig ging es beim monatelangen Konflikt um den [1][Nato-Beitritt | |
| Schwedens] um dessen Rolle als Zufluchtsort für angebliche „kurdische | |
| Terroristen“ und Erdoğan-Kritiker. Tatsächlich war dieser Aspekt, durch die | |
| Rechtsentwicklung in Schweden ohnehin Vergangenheit, immer nur | |
| nebensächlich im politischen Poker des türkischen Ministerpräsidenten. | |
| Erdoğan ging und geht es um das Verhältnis der Türkei zum Westen, zu den | |
| Führungsmächten der Nato, allen voran den USA und den wichtigsten Playern | |
| in Europa. Mit der Schweden-Nato-Frage hatte er einen Hebel, um sich Gehör | |
| zu verschaffen. Der Westen ist für die Türkei stets ein ambivalenter | |
| politischer Ort, zu dem es die Menschen in der Türkei einerseits hinzieht, | |
| von dem sie sich andererseits aber auch abgelehnt und von oben herab | |
| behandelt fühlen – und das nicht erst, seit [2][Erdoğan] den | |
| Alleinherrscher herauskehrt und die angeblichen Werte der EU mit Füßen | |
| tritt. | |
| Erdoğan hat den Politpoker um Schweden über Monate durchgespielt, weil er | |
| große Teile der türkischen Bevölkerung hinter sich weiß, wenn er Ländern | |
| wie Schweden, aber auch anderen EU-Ländern und den USA moralische | |
| Doppelstandards vorwirft, sowohl was Demokratie als auch Menschenrechte | |
| angeht. Vor diesem Hintergrund hat er als Machtpolitiker versucht, aus dem | |
| schwedischen Beitrittsersuchen zur Nato so viel wie möglich für sich und | |
| die Türkei herauszuholen. | |
| Zwar hat die Nato mit der EU erst einmal nichts zu tun, aber tatsächlich | |
| wird die Nato oder die EU für die Länder der Peripherie immer mal wahlweise | |
| in Betracht gezogen, wie jetzt im Fall der Ukraine. Aus türkischer Sicht | |
| gibt es daher durchaus einen Zusammenhang, der implizit auch akzeptiert | |
| wurde. Natürlich weiß Erdoğan, dass die EU die längst ad acta gelegten | |
| Beitrittsverhandlungen nicht wiederaufnehmen wird, aber immerhin konnte er | |
| Gespräche über Zollunion und visafreies Reisen auf die Tagesordnung | |
| setzen. | |
| Am wichtigsten war ihm aber, US-Präsident Biden dazu zu bringen, sich mit | |
| ihm an einen Tisch zu setzen. Dabei geht es um Kampfflugzeuge, aber auch | |
| darum, als Partner im östlichen Mittelmeer akzeptiert zu werden. Erdoğan | |
| will nach seiner Wiederwahl aus der Isolation heraus, was ihm durch das | |
| [3][Schweden-Spiel] gelingen könnte. Angesichts der anhaltenden | |
| Wirtschaftskrise braucht Erdoğan dringend ein besseres Verhältnis zu den | |
| USA und Europa. Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis er gegenüber | |
| Schweden einlenken würde. Auch in anderen Fragen wird er sich flexibel | |
| zeigen, solange er seine Macht nicht bedroht sieht und es der Türkei | |
| wirtschaftlich nutzt. | |
| 11 Jul 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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