| # taz.de -- Berlins Linken-Chefin zur Wegner-Wahl: „Unverantwortlich von CDU … | |
| > Schwarz-Rot sei sehenden Auges ins Debakel gelaufen, sagt Katina | |
| > Schubert: Allein die Möglichkeit, dass Wegner dank der AfD ins Amt kam, | |
| > mache den Makel aus. | |
| Bild: Ob sie ihre Parteien in den Griff kriegen: Wegner am Freitag mit Giffey | |
| taz: Frau Schubert, vertrauen Sie der AfD? | |
| Katina Schubert: Überhaupt nicht. Es kann gut sein, dass sie uns die Hucke | |
| voll lügen. | |
| Warum glauben Sie dann, dass die AfD – wie sie in einer [1][Erklärung vor | |
| dem dritten Wahlgang behauptet hat] – Kai Wegner ins Amt des Regierenden | |
| Bürgermeisters gewählt hat? | |
| Das Problem ist: Es besteht die Möglichkeit, dass es tatsächlich ihre | |
| Stimmen waren, die schließlich Kai Wegner ins Amt gebracht haben. Allein | |
| dieser Verdacht, diese Möglichkeit macht es eben schwierig. | |
| Damit gehen Sie doch auf das Spiel der AfD ein. | |
| Die schwarz-rote Koalition hat [2][in den zwei ersten Wahlgängen deutlich | |
| die Mehrheit verfehlt,] im ersten Wahlgang fehlten sogar mindestens 15 | |
| Stimmen aus den eigenen Reihen. Wenn man unter solchen Bedingungen in einen | |
| dritten Wahlgang geht, ist es nicht unwahrscheinlich, dass man sich auch | |
| Stimmen von Abgeordneten bedient, die nicht zu eigenen Koalition gehören. | |
| Allein diese Möglichkeit macht den Makel aus. | |
| Dass die extrem rechte Partei mit Tricks versucht, das demokratische System | |
| zu destabilisieren, ist inzwischen bekannt. Springt nicht die Linke mit | |
| allen anderen, die jetzt Wegners Wahl als undemokratisch infrage stellen, | |
| über das Stöckchen der Partei? Ihre Fraktion hat nach der Wahl Wegners mit | |
| dem großen Schriftzug „Schande“ protestiert und das Bild gepostet. | |
| Es ist nicht das Stöckchen der AfD: Gelegt hat es die schwarz-rote | |
| Koalition, weil sie nicht dafür gesorgt haben, dass sie im ersten oder | |
| spätestens im zweiten Wahlgang Kai Wegner ins Amt wählt. Es ist | |
| unverantwortlich, was CDU und SPD gemacht haben. Sie sind sehenden Auges in | |
| eine Situation hineingelaufen, in der sie einfach das Prinzip Hoffnung | |
| haben walten lassen. Aber das geht nicht, wenn man eine Nazipartei im | |
| Parlament hat, die versucht, mit solchen Tricks die demokratischen Parteien | |
| auseinanderzutreiben. | |
| Was wäre die Alternative gewesen? | |
| Wir hatten vor dem dritten Wahlgang den Antrag gestellt, die Abstimmung zu | |
| vertagen. Dann hätten beide Fraktionen Zeit gehabt, sich ihre eigene | |
| Mehrheit sicher zu organisieren. | |
| Allerdings war Franziska Giffey zuvor schon als Regierende Bürgermeisterin | |
| zurückgetreten. Berlin hätte keine Regierung mehr gehabt. Und der | |
| Imageschaden für Wegner wäre massiv gewesen. | |
| Giffey wäre geschäftsführend im Amt geblieben, wenn die Präsidentin des | |
| Abgeordnetenhauses sie darum gebeten hätte. Wir wären nicht regierungslos | |
| gewesen, sondern höchstens noch eine Woche ohne Kai Wegner. Aber das hätte | |
| Berlin verkraftet. Der Imageschaden ist jetzt auch da, der Koalition haftet | |
| von Anfang an ein Makel an. | |
| Die CDU brüstet sich damit, mit der neuen Justizsenatorin Felor Badenberg | |
| Deutschlands wichtigste AfD-Jägerin als Senatorin aufgestellt haben. Ist | |
| diese Interpretation nach dem Wahldebakel infrage gestellt? | |
| Ich zweifle nicht an der Glaubwürdigkeit von Frau Badenberg. Dafür gibt es | |
| keinen Anlass. Aber die Führung der CDU hat ein paar Dinge zu klären, und | |
| vor allem die der SPD. Diese Partei steht schließlich in einer großen | |
| antifaschistischen Tradition. | |
| Wie stabil ist die schwarz-rote Koalition? | |
| Ich habe den gestrigen Tag als wirklich schrecklich empfunden. Was sich da | |
| abgespielt hat, zeigt, dass diese Koalition auf tönernen Füßen steht, weil | |
| sie zwei instabile Fraktionen als Grundpfeiler hat. | |
| Sie stellen auch die Unterstützung Wegners durch dessen eigene Fraktion | |
| infrage? Warum sollte sie das tun? | |
| Laut Medienberichten geht Wegner doch selbst davon aus, dass es auch in | |
| seiner eigenen Fraktion Gegenstimmen gab. Daher scheint mir auch diese | |
| Fraktion nicht stabil zu sein. Ganz sicher gilt das für die SPD-Fraktion | |
| genauso wie für die Partei. Deren Vorsitzende sind nicht mehr in der Lage, | |
| die Partei hinter sich zu binden. | |
| Damit ist auch eine Rückkehr zu einem rot-grün-roten Bündnis in den | |
| nächsten Monaten oder Jahren bis 2026 ausgeschlossen. | |
| Ich gehe davon aus, dass diese Koalition jetzt vor sich hin wurschtelt und | |
| dass in dreieinhalb Jahren neu gewählt wird. Der SPD-Fraktionschef Raed | |
| Saleh hat ja gestern mit Neuwahlen gedroht: Das halte ich für | |
| verantwortungslos. Die SPD kann doch nicht die Berliner*innen wählen | |
| lassen, bis ihr das Ergebnis passt – abgesehen davon, dass sie wohl kaum | |
| davon profitieren würde. Es ist jetzt die Verantwortung dieser Regierung, | |
| zusammenzukommen. | |
| Die Regierung werde sich durchwurschteln – was heißt das für die | |
| Oppositionsarbeit? | |
| Opposition können wir, das haben wir gelernt und in der Vergangenheit | |
| gezeigt. Wir werden jetzt erst mal in den Haushaltsberatungen unsere | |
| politischen Alternativen vorstellen und zur Debatte bringen. Und wir werden | |
| versuchen, dafür auch im stadtpolitischen Raum Unterstützung zu finden, um | |
| den Druck auf die Regierung sowohl außerparlamentarisch wie auch | |
| parlamentarisch so hoch wie möglich zu treiben. Wenn sie versucht, zum | |
| Beispiel im Bereich der Sozial-, der Arbeitsmarkt-, der Partizipations-, | |
| der Antidiskriminierungs-, der Justiz- und der Kulturpolitik wirkliche | |
| Errungenschaften von Rot-Grün-Rot zu schleifen, wird das auf Widerstand | |
| stoßen, nicht nur bei uns. | |
| 28 Apr 2023 | |
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