# taz.de -- Wahl von Kai Wegner in Berlin: Der AfD-Makel bleibt | |
> Kai Wegner ist erst im dritten Wahlgang zum Regierenden Bürgermeister | |
> gewählt worden. Die AfD sagt: nur dank ihrer Unterstützung. Kann das | |
> stimmen? | |
Bild: Da sitzt er nun: Kai Wegner nach der Wahl zum Regierenden Bürgermeister … | |
BERLIN taz | Kai Wegner war [1][gerade zum Regierenden Bürgermeister | |
gewählt worden], da begann bereits die Debatte, ob er diese Wahl überhaupt | |
hätte annehmen dürfen. Denn die AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hatte kurz | |
zuvor erklärt, für den CDU-Mann gestimmt zu haben. „Die AfD-Fraktion hat | |
vor dem dritten Wahlgang beschlossen, Kai Wegner zur erforderlichen | |
Mehrheit zu verhelfen“, hieß es in [2][einer Mitteilung der Partei]. Ist | |
Wegner also ein Regierungschef von Gnaden der AfD? | |
Der CDU-Mann hatte in den ersten beiden Wahlgängen nicht die nötige | |
absolute Mehrheit von mindestens 80 Stimmen bekommen; CDU und SPD verfügen | |
insgesamt über 86 Stimmen. Im ersten Durchgang hatten sogar nur 71 | |
Abgeordnete für Wegner gestimmt. Ein Debakel, das war da schon klar. | |
Im dritten Wahlgang war dann nur noch eine relative Mehrheit nötig. Und | |
diese fiel satt aus: Alle 159 Abgeordneten waren anwesend und stimmten ab, | |
86 für Wegner, 70 dagegen, drei Abgeordnete enthielten sich. Das könnte | |
heißen, dass die komplette Mehrheit von CDU und SPD stand. Dann hätte die | |
AfD gelogen. | |
## Die AfD kann alles behaupten | |
Das Problem: Die Wahl war geheim; nirgends ist festgehalten, wer wie | |
abgestimmt hat. Im Nachhinein kann also jede/r behaupten, für oder gegen | |
Wegner gestimmt zu haben. | |
Die AfD bemühte sich jedenfalls direkt, den eigenen Spin zu verbreiten. | |
„Gehen Sie mal von der Hälfte aus“, sagte die AfD-Fraktionsvorsitzende | |
Kristin Brinker der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, wie viele | |
AfDler Wegner ihre Stimmen gaben. Denn aus der Mitteilung der AfD geht | |
nicht hervor, ob alle ihrer 17 Abgeordneten dies getan haben. | |
Dies ist auch rechnerisch unwahrscheinlich, denn dann hätten in Runde drei | |
sogar noch weniger Abgeordnete aus den Reihen von CDU und SPD für Wegner | |
gestimmt als in Wahlgang eins, nämlich nur 69. Damit ist klar: Die | |
Behauptung der AfD bleibt im wichtigsten Punkt unpräzise. | |
Handelt es sich wirklich um die Hälfte der AfD-Fraktion, dann wären das | |
acht oder neun Abgeordnete – eine relevante Größe für die Wahl Wegners. Bei | |
drei oder vier wäre es für das Ergebnis egal. | |
## Vertagung des dritten Wahlgangs abgelehnt | |
Aus den Fraktionen von Linken und Grünen heißt es, man habe diesen | |
taktischen Schritt der AfD erwartet und deshalb eine Vertagung der Sitzung | |
vor dem dritten Wahlgang beantragt. Der Antrag wurde mit den Stimmen der | |
CDU- und SPD-Fraktionen abgelehnt. | |
So heißt es am Ende dieses Tages: Nichts Genaues weiß man nicht. In | |
zahlreichen Stellungnahmen kritisierten jedenfalls Grüne und Linke Wegners | |
Wahl. „Wegner macht den Kemmerich & lässt sich von Gnaden der AfD zum | |
Regierenden Bürgermeister machen. Unwürdig“, twitterte etwa Niklas Schenker | |
(Linke). Bettina Jarasch, nun Fraktionschefin der Grünen, schrieb: „Das | |
legt den Verdacht nahe, dass Kai Wegner im dritten Wahlgang mit Stimmen der | |
AfD gewählt worden ist. Das hätte Schwarz-Rot nie riskieren dürfen.“ | |
Und selbst aus der SPD kam Kritik: „Kai Wegner hat sich gerade von der | |
Berliner AfD zum Bürgermeister wählen lassen“, twitterte Anne Rabe, die | |
während der Mitgliederabstimmung als Gegnerin der Koalition bekannt | |
geworden war. Der Lichtenberger Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD) | |
verteidigte hingegen die Wahl Wegners: „Es waren 86 Stimmen. So viele wie | |
CDU und SPD haben. Die AFD spaltet und lügt. Niemals haben die Herrn Wegner | |
gewählt. Die wollen Chaos und daher glaube ich denen kein Wort.“ | |
Allerdings wird nie ans Licht kommen, wer recht hat. | |
27 Apr 2023 | |
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## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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