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# taz.de -- Razzia gegen Reichsbürger: Ziel war ein Systemwechsel
> Reichsbürger sollen einen gewaltsamen Umsturz geplant haben. Acht
> Personen sind laut Generalbundesanwalt in Untersuchungshaft.
Bild: Polizisten bei der Razzia am Mittwochmorgen in Berlin
Berlin taz/afp | Es sind die größten Razzien gegen die rechtsextreme Szene
seit Jahren: [1][Am frühen Mittwochmorgen durchsuchten 3.000 Polizeibeamte
in elf Bundesländern Wohnungen]. Im Visier waren 52 Beschuldigte, 25 von
ihnen wurden verhaftet – darunter frühere Bundeswehrangehörige, die
AfD-Politikerin Birgit Malsack-Winkemann und der Adlige „Prinz“ Heinrich
XIII. R. Ihnen werden die Bildung einer terroristischen Vereinigung und
Umsturzpläne vorgeworfen.
Generalbundesanwalt Peter Frank teilte am Mittwochmittag mit, bei 8 der
Festgenommenen hätten Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof
Untersuchungshaft angeordnet. Darunter sei auch Heinrich XIII R., den die
Ermittler als Rädelsführer ansehen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach am Mittwoch von einem
„Abgrund terroristischer Bedrohung“. Sie sagte in Berlin: „Die heute
aufgedeckte mutmaßliche terroristische Vereinigung ist – nach dem Stand der
Ermittlungen – von gewaltsamen Umsturzfantasien und Verschwörungsideologien
getrieben.“ Faeser erklärte weiter: „Unser Rechtsstaat ist stark. Wir
wissen uns mit aller Härte gegen die Feinde der Demokratie zu wehren.“ Die
Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder hätten „unter Leitung des
Generalbundesanwalts hervorragend zusammengewirkt“.
Die Maßnahmen seit Mittwochmorgen leitet die Bundesanwaltschaft. Sie wirft
den Beschuldigten Planungen für eine „gewaltsame Beseitigung“ der Regierung
vor, nach der eine „neue staatliche Ordnung“ errichtet werden sollte. Als
Anführer gelten der Thüringer Adlige „Prinz“ Heinrich XIII. R., der sich
schon länger in der Reichsbürgerszene bewegte und als neues
„Staatsoberhaupt“ vorgesehen war, und der frühere Fallschirmjägerkommande…
Rüdiger von P., der den militärischen Arm der Vereinigung leiten sollte.
## Das Ziel: „Systemwechsel auf allen Ebenen“
Spätestens seit Ende November 2021 sollen die Männer Gleichgesinnte aus der
Reichsbürger- und Coronaleugnerszene um sich geschart haben. Gezielt seien
aktive oder frühere Bundeswehr- und Polizeiangehörige angesprochen worden,
die sich in „Heimatschutzkompanien“ organisieren sollten. Statt die
Umsturzpläne zu melden, ließen sich die Beschuldigten darauf ein.
Dafür sollen mehrere geheime Treffen stattgefunden haben, vier davon allein
im Sommer in Baden-Württemberg, unter Leitung von Rüdiger von P. Noch im
Oktober soll der „militärische Arm“ Bundeswehrkasernen in Hessen,
Baden-Württemberg und Bayern ausgekundschaftet haben, um zu prüfen, ob dort
nach einem Umsturz „Truppen“ untergebracht werden könnten.
Dass ihre Umsturzpläne auch Tötungsdelikte beinhaltet hätten, hätten die
Beschuldigten „billigend in Kauf genommen“, erklärte die
Bundesanwaltschaft. Die Beschuldigten verbinde eine „tiefe Ablehnung der
staatlichen Institutionen“ in Deutschland. Sie seien der festen
Überzeugung, dass die Bundesrepublik eigentlich von Angehörigen eines „Deep
State“ regiert werde. Ihr Ziel sei ein „Systemwechsel auf allen Ebenen“
gewesen.
Zum militärischen Arm unter Rüdiger von P. soll auch der pensionierte
KSK-Oberst Maximilian E. gehören. Für den Umsturz sei bereits die
Beschaffung von Ausrüstung geplant gewesen, ebenso Schießtrainings. In der
Gruppe soll auch diskutiert worden sein, mit einer kleinen bewaffneten
Gruppe in den Bundestag einzudringen. Unmittelbare Angriffe sollen nach
taz-Informationen aber nicht bevorgestanden haben.
## AfD-Richterin als Justizministerin vorgesehen
Unter den Festgenommenen ist auch die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete und
Richterin Malsack-Winkemann aus Berlin. Nach taz-Informationen war sie als
künftige „Justizministerin“ vorgesehen. Auch sie wurde am Morgen verhaftet.
Von der AfD gab es dazu zunächst keine Stellungnahme. Der 58-Jährigen
[2][war erst im Oktober nach einem Rechtsstreit wieder erlaubt worden, in
Berlin als Richterin zu arbeiten].
Als zentralen politischen Partner sahen die Umstürzler offenbar Russland
an. So soll die Partnerin von „Prinz“ Heinrich XIII. R., die Deutschrussin
Vitalia B., Kontakte nach Russland vermittelt haben. Der „Prinz“ selbst
soll nach taz-Informationen auch einmal das russische Generalkonsulat in
Leipzig besucht haben. Die Bundesanwaltschaft aber hält fest, dass es keine
Anzeichen gebe, dass russische Ansprechpartner „auf sein Ansinnen positiv
reagiert haben“.
Nach taz-Informationen waren die Ermittler im Frühjahr auf das Netzwerk
gestoßen, als sie mit einer ersten Razzia bereits gegen vier Männer aus dem
Coronaprotest-Spektrum vorgingen, die sich in Telegramgruppen wie „Vereinte
Patrioten“ organisiert hatten. Auch ihnen wurden Umsturzpläne vorgeworfen
und die geplante Entführung von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
Im Zuge der Ermittlungen sei dann das jetzige Netzwerk entdeckt worden.
Die Festnahmen erfolgten in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen,
Niedersachsen, Sachsen, Thüringen, im österreichischen Kitzbühel und im
italienischen Perugia. Insgesamt wurden mehr als 130 Objekte durchsucht. Im
Visier sind auch 27 weitere Beschuldigte.
Die Linken-Abgeordnete Martina Renner lobte den Schlag der
Bundesanwaltschaft, kritisierte aber, dass die Razzia seit Tagen „ein
offenes Geheimnis“ gewesen sei. Es sei kaum vorstellbar, dass niemand der
Durchsuchten im Vorfeld Bescheid wusste. Ein solches Vorgehen gefährde den
ganzen Erfolg der Ermittlungen, so Renner.
Aktualisiert und ergänzt am 07.12.2022 um 14:40 Uhr. d. R.
7 Dec 2022
## LINKS
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[2] /Entscheidung-des-Dienstgerichts-Berlin/!5884146
## AUTOREN
Konrad Litschko
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