# taz.de -- Nach Razzia bei Reichsbürgern: Chronik einer unterschätzten Gefahr | |
> Umsturzpläne von Polizisten und Soldaten gibt es schon seit Jahren. Lange | |
> haben deutsche Sicherheitsbehörden das nicht ernst genommen. | |
Bild: Eine reale Gefahr: Rechtsextreme in der Bundeswehr | |
Vor ziemlich genau vier Jahren wurde der damalige Chef des Militärischen | |
Abschirmdienstes im Bundestag zu rechtsextremen Netzwerken in der | |
Bundeswehr befragt. Der MAD ist der Geheimdienst der Bundeswehr und für | |
extremistische Umtriebe in der Truppe zuständig. In einer öffentlichen | |
Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums sagte MAD-Chef Christof | |
Gramm, dass man bislang keine extremistischen Netzwerke in der Bundeswehr | |
entdeckt habe: „Politisch motivierte Gewaltbereitschaft spielt in der | |
Bundeswehr derzeit keine Rolle.“ | |
Zu diesem Zeitpunkt liefen schon seit über einem Jahr Terrorermittlungen | |
gegen Mitglieder der Nordkreuz-Gruppe, darunter ein Polizist, und gegen den | |
Bundeswehroffizier Franco A. Sie waren zusammen mit anderen Spezialkräften | |
von Bundeswehr und Polizei als Prepper aufgefallen, die sich auf einen „Tag | |
X“ vorbereiteten. | |
Kopf dieser Prepperchatgruppen war der KSK-Soldat André S. alias Hannibal. | |
Die Männer beschafften sich Waffen, horteten Munition, übten Schießen – und | |
manche legten Feindeslisten an. [1][Die taz und andere Medien hatten | |
darüber auch schon berichtet.] | |
Von dieser verharmlosenden Einschätzung sind die Nachrichtendienst und | |
Sicherheitsbehörden nach und nach abgerückt. Der Verein Uniter, in dem | |
Zivilisten für eine paramilitärische Einheit trainiert wurden, wird | |
inzwischen als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz | |
beobachtet, und in einem Anfang 2022 veröffentlichten Lagebericht über | |
Rechtsextremisten in Sicherheitsbehörden [2][widmete der Verfassungsschutz | |
dem Hannibal-Netzwerk schließlich eine ganze Seite.] | |
## Staatsfeinde in Uniform hatten es leicht | |
Das Netzwerk verdeutliche „das besondere Bedrohungspotenzial rechtsextremer | |
Netzwerkstrukturen, die die speziellen Zugänge, Fähigkeiten und | |
Wissensbestände von Behörden koordiniert für Selbstermächtigungsfantasien | |
und gegen die Rechtsordnung zu nutzen versuchten“, heißt es darin. | |
Der Oberleutnant der Bundeswehr Franco A., der in diesem Netzwerk unterwegs | |
war, [3][wurde im Sommer wegen Rechtsterrors zu einer mehrjährigen | |
Haftstrafe verurteilt.] | |
Das Oberlandesgericht Frankfurt sah es als erwiesen an, dass er Anschläge | |
unter anderem auf Politiker:innen geplant hat. Seine rechtsextreme | |
Gesinnung wurde im Prozess sehr deutlich, seine Vernetzung wurde aber nur | |
am Rande thematisiert. | |
Bei den Recherchen rund um das Hannibal-Netzwerk wurden viele Missstände | |
bekannt, die es Staatsfeinden in Uniform sehr leicht machten, ihre | |
Gesinnung auszuleben. So wurden etwa problematische Reservisten der | |
Bundeswehr, die teils nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst weiter | |
sehr gute Zugänge zu Waffen und Munition haben, oft übersehen, weil sich | |
der Verfassungsschutz und der militärische Abschirmdienst nicht über sie | |
austauschten. Das hat sich immerhin – das zeigen auch die aktuellen | |
Ermittlungen – inzwischen deutlich verbessert. | |
Bislang sind keine Verbindungen von der jetzt ausgehobenen | |
Verschwörertruppe zum Hannibal-Netzwerk bekannt. Es ist auch gut möglich, | |
dass es mehrere Netzwerke in Sicherheitsbehörden gibt, die zwar die | |
rechtsextreme Ideologie teilen, aber nicht unbedingt organisatorisch | |
verbunden sind. | |
7 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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