# taz.de -- Vorauseilender Jahresrückblick: Es geht voran! | |
> VW übernimmt Bobby-Car und Cristiano Ronaldo wechselt zum FC St. Pauli: | |
> Die taz blickt darauf zurück, was 2023 in Norddeutschland gewesen sein | |
> wird. | |
Bild: Die Verkehrswende naht: Bobbycar-Geschwindigkeitsrekordfahrt im hessische… | |
## | |
## Januar | |
2. „Wir dürfen bei der neuen Deutschlandgeschwindigkeit nicht zu spät | |
kommen.“ So kündigt [1][Bahn-Chef Richard Lutz] eine „erhöhte Taktzahl“… | |
„Wir waren schon ziemlich allegro unterwegs, aber jetzt schalten wir um auf | |
presto.“ Deshalb werde der Testbetrieb der seit Mitte November gesperrten | |
Strecke Hannover–Berlin subito unterbrochen, um dann „am 4. April zur Feier | |
von Louis Spohrs Geburtstag wieder zur Verfügung zu stehen“. Außerdem | |
ziehe man die für 2025 geplante Ertüchtigung der Strecke Hamburg–Berlin und | |
die damit verbundene halbjährige Generalpause dort um fast drei Jahre vor. | |
Auf Nachfrage, warum man sich zeitlich an einem Braunschweiger Komponisten | |
orientiere, erklärt Lutz, das diene der Einstimmung auf den künftigen | |
Deutschlandtakt: „Unsere Zukunftsorientierung mahnt, die Vergangenheit zu | |
bewahren.“ | |
6. Explosion in Wilhelmshaven: Beim Andockmanöver des ersten | |
Flüssiggastankers an das [2][schwimmende LNG-Terminal] kommt es „zu einer | |
lichtinduzierten radikalischen Kettenreaktion mit beim Reinigungsprozess | |
freigesetztem Chlorgas“, wie die spätere Analyse ergibt. Ein Feuerstoß | |
zerstört die gesamte Pipeline bis ans Festland. „So hatten wir uns das | |
nicht vorgestellt“, kommentiert Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). | |
Es sei aber kein Grund, in Schockstarre zu verfallen. „Ich kann ja schlecht | |
sagen: Okay, das ist schiefgegangen, das war’s, jetzt mache ich nicht mehr | |
weiter“, sagt Habeck der FAZ. In der Folge werden bundesweit alle | |
Neujahrsempfänge ausgesetzt. „Wie soll denn mein Sohn so jemals Hamburg | |
kennenlernen?“, klagt Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) als | |
verhinderte Star-Gästin des [3][Blankeneser Neujahrsempfangs]. | |
31. Der FC St. Pauli gibt um 23.59 Uhr die Verpflichtung von Cristiano | |
Ronaldo bekannt. Der [4][Vertrag des portugiesischen Starfußballers] mit | |
dem saudischen Klub al-Nassr Riad hatte sich zwei Tage nach Schließen des | |
örtlichen Transferfensters als ungültig erwiesen, weil mit einem im | |
Wahabiten-Reich verbotenen Vornamen unterzeichnet. Der Kiez-Klub hat ihm | |
deshalb Asyl gegeben. „Ich freue mich, künftig für São Paulo zu spielen“, | |
wird der 38-Jährige auf der Vereinswebsite zitiert. | |
## Februar | |
2. In der [5][neuen Landleben-Ausgabe] lobt Verkehrsminister Volker Wissing | |
(FDP) die Bauern, die im Januar mit ihrer Traktorsternfahrt zur Grünen | |
Woche sämtliche Autobahnen Richtung Hauptstadt unpassierbar gemacht hatten | |
– und seither auf dem Rückweg „ebenfalls auf friedliche Weise diese für | |
unser Land so wichtigen Straßen für terroristische Klimakleber unattraktiv | |
machen“. | |
8. Die beliebte Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) eröffnet eine | |
Kinderwippe in der Vahr. „Spielen und Toben sind wichtig“, sagt sie und | |
strubbelt dem kleinen Mert durchs Haar. | |
16. „Wir wollten nicht länger warten“, räumt zerknirscht | |
Landes-Energiewende-Minister Tobias Goldschmidt (Grüne) ein, als in | |
Brunsbüttel beim Testbetrieb des schwimmenden LNG-Terminals die gesamte | |
Anlage in die Luft fliegt. Robert Habeck eilt zum Unglücksort. „So hatten | |
wir uns das nicht vorgestellt“, sagt er mit bekümmertem Blick. Die Antwort | |
auf derartige Rückschläge müsse lauten: „Mehr Terminals, mehr Resilienz, | |
mehr Deutschland und mehr Geschwindigkeit.“ Er sei sich mit Olaf Scholz | |
(SPD) einig, dass für jedes zerstörte LNG-Terminal sofort zwei neue | |
entstehen müssen. „Das ist dann der nächste Gang der neuen | |
Deutschlandgeschwindigkeit“, so der Bundeswirtschaftsminister. „Der | |
Deutschlandturbo.“ | |
## März | |
2. Die Zeit berichtet, dass Hamburg zwar den Schlick der | |
Instandhaltungsbaggerungen [6][wie vereinbart vor Helgoland] verklappt, | |
aber inoffiziell bereits die zehnte Elbvertiefung begonnen habe. Der auf | |
der Fläche zwischen Brokdorf und Sankt Margarethen ausgebrachte Aushub | |
häufe sich zu einem beachtlichen Berg. Senatorin Melanie Leonhard (SPD) | |
bestreitet nichts. Keinesfalls habe man jedoch den nördlichen Nachbarn | |
einfach vor vollendete Tatsachen stellen wollen. Es sei halt notwendig | |
gewesen und „wir setzen das nun in Hamburggeschwindigkeit um“. | |
6. Von der Auffahrt Meppen-Nord bis zum Kreuz Schüttorf blockieren | |
Landwirte mit Traktoren die A 31. „Wohin jetzt mit dem Scheiß?“, steht in | |
roten Buchstaben auf ihren Jauchetanks. Wegen winterlicher Witterung dürfen | |
die Felder nicht gegüllt werden. Landesagrarministerin Miriam Staudte | |
(Grüne) spricht von einem „beeindruckenden Zeichen“. Man werde miteinander | |
reden, „ohne dass wir uns erpressen lassen“. Nach Solidaritätskundgebungen | |
und einer massiven Social-Media-Kampagne verfügt Staudte am 10. 3. eine | |
Dünge-Sondererlaubnis bei Minusgraden. Landvolk-Präsident Holger Hennies | |
lobt diese professionelle Haltung: „Mit so einer Ministerin arbeiten wir | |
gern zusammen.“ | |
9. Herbeigerufene Polizeibeamt*innen treffen nachts erneut den | |
Hamburger Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi an der Außenalster | |
umherirrend an: Gefragt, was ihn denn so um den Schlaf bringe, soll der | |
Sozialdemokrat im Schlafrock irgendetwas von „Hut“ und „Filzweste“ geä… | |
haben. Die Frage steht im Raum: Sollte es der Geist von Fluxus-Künstler | |
Joseph Beuys sein, der den spitzzüngigen Hanseaten aus dem eigenen Haus | |
treibt – exakt 40 Jahre, nachdem der Hamburger Senat Beuys eingeladen | |
hatte, ein [7][„Gesamtkunstwerk“ im öffentlichen Raum] zu schaffen? Dass | |
daraus nichts wurde, lag schließlich am damaligen Bürgermeister: Beuys’ | |
Idee, den wohl größten ökologischen Problemfall der Stadt zu entgiften, die | |
Spülfelder im plattgemachten Fischerdorf Altenwerder, sei von Dohnanyi | |
zufolge keine Kunst. | |
Am 13. gelingt der niedersächsischen Landespolizei ein Schlag gegen den | |
Klimaterror! 127 zumeist jugendliche Teilnehmer*innen eines als | |
Nachhilfe-Forum getarnten Onlineportals im Großraum Wolfsburg können dank | |
eines Haftbefehls festgenommen werden, „der aus unserer Sicht gültig | |
bleibt, auch wenn er von dem betreffenden Richter des OLG Celle im Eifer | |
des Gefechts mit deutschem Gruß unterzeichnet wurde“, gibt sichder LKA-Chef | |
zuversichtlich. Die Polizei hatte einem Verhafteten nachgewiesen, Bekannte | |
zu haben, die verwandt sind mit Angehörigen der Gruppe Letzte Generation. | |
Zudem waren bei Auswertung der Chatprotokolle eindeutige Äußerungen | |
festgestellt worden: „Ich habe total Angst, kleben zu bleiben.“ Das zeige: | |
„Hier wurde die Selbstfixierung an der Leitplanke der BAB-Auffahrt | |
Wolfsburg-West vorbereitet.“ | |
14. Dass der Protest der Letzten Generation beinahe in Wolfsburg hätte | |
ankommen können, überschattet die Jahres-PK der Volkswagen AG: | |
Vorstands-Chef Oliver Blume widerspricht Darstellungen, die den Verzicht | |
auf die Fabrik für die E-Limousine Trinity auf aktivistischen Druck statt | |
auf konzerninterne Gründe zurückführen. Vor allem, seit Kultusministerin | |
Julia Willie Hamburg (Grüne) den Aufsichtsrat mit eiserner Hand regiere, | |
habe man den Weg zur Abkehr vom motorisierten Individualverkehr gefunden. | |
So widme sich das Werk in Emden künftig der Fahrradherstellung, in | |
Wolfsburg selbst solle der Einstieg in den Straßenbahnbau erprobt werden. | |
Vor allem aber wolle man die eigene Rutschautosparte massiv ausbauen, | |
„vielleicht sogar durch Übernahme des Marktführers Bobbycar“. | |
## April | |
4. Die Eröffnung der Strecke Hannover–Berlin wird verschoben „auf Brahms’ | |
Geburtstag“, teilt die Deutsche Bahn mit. Johannes Brahms sei halt der | |
wichtigere Komponist, so Bahnchef Lutz. | |
14. Anja Stahmann lädt zur Einweihung einer Picknickbank am Sodenmattsee. | |
„Essen bringt alle zusammen“, so die sympathische Grünen-Politikerin. | |
19. In Lubmin explodiert das LNG-Terminal. Robert Habeck schickt eine | |
Videobotschaft: „Dieses Ereignis ist sehr, sehr traurig.“ Man sieht es ihm | |
an! | |
## Mai | |
7. Beim Besuch der Feier zum 190. Geburtstag von Johannes Brahms in Hamburg | |
verrät Bahnchef Lutz einem Reporter der neuen musik zeitung, dass es sich | |
bei der neuen Orientierung des Konzerns an Lebensdaten von Musikern „nicht | |
um eine bloße Laune“ handele, sondern „um eine ausdifferenzierte | |
Klangoffensive“. Man arbeite an einem ehrgeizigeren Melodiedesign. „Wir | |
nennen es intern den neuen Deutschland-Sound.“ | |
18. Weil sich der Zustand der Hamburger Brücken verschlechtert hat, werden | |
50 mehr gesperrt als geplant. „Das heißt auch, über 90 Prozent bleiben | |
befahrbar“, beschwichtigt Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne). | |
21. Eine Woche nach der Bremer Wahl liegt ein Ergebnis vor: Mit 28 Prozent | |
wird die komplett zerstrittene AfD, deren Spitzenkandidat Eimar Scheiße vor | |
seiner Aufstellung unbekannt war und der auch im Wahlkampf keinen | |
öffentlichen Termin wahrgenommen hatte, stärkste Kraft. Nur knapp im | |
zweistelligen Bereich landen CDU, SPD und Grüne. Mit der MLPD (8,8 | |
Prozent), die nicht alle ihre Mandate besetzen kann, Neuer Anarchistischer | |
Pogopartei (7,3 Prozent), Die Partei (6,7 Prozent) und Volt (5,01 Prozent) | |
sowie einem Bremerhavener FDP-Abgeordneten ziehen mehr politische Kräfte | |
denn je in die Bürgerschaft ein, obwohl Die Linke die Fünfprozenthürde | |
reißt. „Es scheint, als würde sie für ihre konstruktive Arbeit bestraft“, | |
versucht Wahlforscher Lothar Probst eine Einschätzung. „Auch die Werte der | |
Kaspertruppe AfD deuten darauf hin, dass hier der Unterhaltungswert | |
ausschlaggebend war: Wenn den Bremern Demokratie keinen Spaß mehr macht, | |
machen sie halt Späße mit der Demokratie.“ | |
28. Beim HSV heißt es: Wieder kein Aufstieg! Man hat einfach kein Tor mehr | |
geschossen, seit Mäzen Klaus Michael Kühne sein Engagement intensiviert | |
hat. Nach einer furiosen Rückrunde landet dagegen der FC St. Pauli auf | |
Platz 2 – dank der 25 Treffer von Cristiano Ronaldo. Allerdings teilt | |
Präsident Oke Göttlich mit, man habe sich – Unschuldsvermutung hin oder | |
her – vom Edeljoker getrennt und entschieden, „seine Treffer aus | |
moralischen Gründen zurückzugeben“. Der Gang in die 3. Liga sei | |
„schmerzhaft, aber unvermeidlich“. | |
31. Bei Vorstellung ihres Jahresberichts blickt die Deutsche Flugsicherung | |
auch auf den rasanten Zuwachs im laufenden Jahr: Erstmals überhaupt | |
verzeichne man im ersten Quartal mehr als anderthalb Millionen | |
Instrumentenflüge. Der Boom betreffe vor allem norddeutsche | |
Inlandsstrecken, etwa zwischen Lübeck und Berlin oder Bremen und Osnabrück. | |
Die extremste Wachstumsrate ergebe sich bei Helikopterflügen. | |
## Juni | |
1. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) erklärt, das 49-Euro-Ticket | |
nachjustiert zu haben. Fast alle Käufer hätten das Pflichtabo „gleich bei | |
Erwerb, sozusagen in Deutschlandgeschwindigkeit, gekündigt“. Deshalb werde | |
es ab 1. Juli „mit einer Art Eintrittsgeld“ versehen: Wer ein Abo erwirbt, | |
muss gleichzeitig ein iPhone 14 Plus DB SE zum Sonderpreis von 750 Euro | |
kaufen, auf dem allein sich das Ticket anzeigen lasse. „Damit sorgen wir | |
dafür, dass es nicht weiter zur Benachteiligung von Autofahrern kommt, | |
die ja auch ein Endgerät benötigen.“ | |
2. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) fliegt nach Katar, um den | |
wichtigsten VW-Anteilseigner zu beschwichtigen: Das Emirat droht wegen des | |
Konzernumbaus mit einer Klage. Baerbocks Versprechen, künftig bei Trams | |
auch auf dieselbetriebene Lokomotiven zu setzen, „als Brückentechnologie“, | |
beruhigt Scheich Chalid bin Chalifa bin Abdulasis al-Thani zwar zunächst. | |
Als Julia Willie Hamburg Baerbocks Vorschläge im Interview mit der taz nord | |
als „realitätsfern und nicht mit Niedersachsen abgestimmt“ bezeichnet, | |
lässt der Scheich Baerbock verhaften. Erst anlässlich des Nationalfeiertags | |
im Dezember wird sie begnadigt. | |
15. Auf Geheiß von Verkehrssenator Tjarks sperrt Hamburg alle Tunnel. „Die | |
waren einfach mal dran“, erläutert er. | |
17. Nachdem Nancy Faeser als SPD-Spitzenkandidatin für die Hessenwahl | |
feststeht, zieht es Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) gen | |
Berlin. Er muss jedoch auf halber Strecke umkehren: Ab der Talbrücke | |
Scheppau besetzen Landwirte die A 2 mit Traktoren, „um ein Zeichen gegen | |
Klimaterror zu setzen“. Pistorius lobt das Engagement der Bauern, die nach | |
zwei Tagen auch zufrieden die Demo auflösen, aber inzwischen hat Kanzler | |
Olaf Scholz bereits Heike Hofmann ins Kabinett berufen. In der Neuen | |
Osnabrücker widerspricht Pistorius der Annahme, er wäre gern im | |
Bundeskabinett gelandet: „Ich habe als niedersächsischer Innenminister eine | |
erfüllende Aufgabe.“ | |
20. Bremens Sechs-Parteien-Koalition steht: Sie wird auch fortgeführt, | |
nachdem der Staatsgerichtshof die AfD-Liste insgesamt für ungültig und | |
nichtig erklärt hatte, was die Mehrheitsverhältnisse im Landtag grundlegend | |
verändert: Mit Eimar Scheiße habe die Partei zwar einen nach Maßgabe ihrer | |
Möglichkeiten überdurchschnittlich seriösen, wohlriechenden und inhaltlich | |
qualifizierten Bewerber auf Listenplatz eins nominiert, so die | |
Urteilsbegründung. Auch scheitere seine Wahl nicht bereits an der | |
konsequenten Fehlschreibung als Eimar Scheiße. Ausschlaggebend sei, dass | |
„bei ihm nicht zu ermitteln ist, ob es sich um tote Materie, ungeborenes | |
oder geborenes Leben handelt“: Da ein Alter und damit auch die | |
Volljährigkeit als Kriterium für die Erlangung des passiven Wahlrechts nur | |
vom Stichtag der Geburt her bestimmt werden könne, sei der gesamte | |
Vorschlag unheilbar korrumpiert und müsse entsorgt werden. | |
## Juli | |
15. Wie jedes Jahr verteilt die Bremer Sozialsenatorin gemeinsam mit der | |
PSD-Bank 250 Schulranzen an bedürftige Familien. „Die Bank hat die Armen im | |
Blick“, freut sich Anja Stahmann und reckt die sechsjährige Lea in die | |
Kamera. | |
27. Der Frachter „Panta Rhei“ ist bei der Einfahrt in den Hamburger Hafen | |
festgefahren: Das Schiff der Supersaimax-Klasse mit einem Tiefgang von | |
gerade einmal 5,41 wird vom BUND als „klarer Beweis fürs Scheitern der | |
Baggerpolitik“ gewertet. „Die Maßnahme hatte nicht den Erfolg, den wir uns | |
vorgestellt hatten“, räumt Senatorin Leonhard ein, als sie den gesamten | |
Hafenbetrieb bis auf Weiteres für gesperrt erklärt. Aber immerhin habe | |
Schleswig-Holstein profitiert. Stimmt: Der Schmodderberg ist mit 211 Metern | |
mittlerweile die höchste Erhebung des Landes und ein Touristenmagnet. | |
Ehrgeizige Alpinisten, darunter auch Altstar Reinhold Messner, scheitern an | |
der Erstbesteigung. „Es geht mir nie um die Geschwindigkeit oder die Höhe, | |
sondern darum, ob das Problem auch lösbar ist“, sinniert Messner in Geo. | |
„Dieses Problem scheint mir unlösbar.“ | |
## August | |
14. Hamburg, nahezu nur noch mit Fluggerät passierbar, setzt Zeichen: Mit | |
einem symbolischen Knopfdruck schaltet Anjes Tjarks die letzte Bettelampel | |
ab. „Künftig haben hier Fußgänger Vorrang“, sagt er an der Sülldorfer | |
Landstraße. „So geht Verkehrswende.“ | |
## September | |
13. Bremens Sozialsenatorin weiht (presseöffentlich) eine Computerecke für | |
Senioren in der Begegnungsstätte Haferkamp ein. „Das Internet wird grau!“, | |
prophezeit Anja Stahmann und streicht Karin F. (78) über den Rücken. | |
29. In der Hamburgischen Bürgerschaft zerlegt sich die Regierungskoalition | |
bezüglich der Frage, ob das Elbtower-Grundstück vom in Wien inhaftierten | |
Bauherrn René Benko zurückgekauft werden soll: Das sei „die feste Absicht | |
des Senats“, verkündet der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), | |
woraufhin die aufgeschreckten Grünen-Senator*innen protestieren, das habe | |
ihnen bislang noch keiner mitgeteilt. Tschentscher: „Na, dann wissen Sie’s | |
halt jetzt!“ Protestierend verlassen Katharina Fegebank, Jens Kerstan und | |
Anjes Tjarks die Regierungsbank und Anna Gallina fällt vor Schreck das | |
Hummerbrötchen aus der Hand: „Das haben Sie absichtlich getan!“, fährt An… | |
P. Grote sie an, dessen Schoß jetzt voll Majonäse ist. Der Bruch ist nicht | |
mehr zu kitten, es werden Neuwahlen für das kommende Jahr angekündigt. | |
## Oktober | |
3. Zum Tag der Deutschen Einheit eröffnet Robert Habeck in Greetsiel | |
Deutschlands 20. LNG-Terminal. „Langsam gehen uns die Seehäfen aus“, | |
scherzt der Wirtschaftsminister. „Das ist ein guter Tag für Deutschland“, | |
sagt er in der Einweihungsrede, „zumal wir mit den fünf oder sechs | |
explodierten Teilen im ersten Halbjahr echt eine Pechsträhne hatten.“ Aber | |
Deutschland sei nicht nur schnell, sondern auch schnell lernfähig. „Und bei | |
aller berechtigten Kritik: Ich sehe das als wichtigen Schritt, der mich Mut | |
schöpfen lässt, dass wir die Energiewende wuppen können.“ Bewiesen habe man | |
nämlich, „dass wir aus einem beliebigen Energieträger, das war hier | |
russisches Pipelinegas, komplett raus können und schaffen, ihn in nicht mal | |
einem Jahr vollständig durch einen anderen zu ersetzen.“ Klar, Flüssiggas | |
das sei noch nicht das Ende vom Lied. „Aber ich muss euch sagen, ganz | |
ehrlich, das macht mir total Mut für die Erneuerbaren.“ | |
4. „Wir sind froh über die Bilder, um etwas gegen diese quälerische | |
Massentierhaltung unternehmen zu können“, teilt Andrea Zaldivar Maestro, | |
Sprecherin der niedersächsischen Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte, | |
der Bild mit: Geheime Videoaufnahmen aus einem Großstall in Ostfriesland | |
hatten miststarrende Kühe mit großteils hochgradig entzündeten Eutern | |
gezeigt. „Irre: Regierungssprecherin kämpft Seit an Seit mit | |
Stalleinbrechern!“, startet die Bild-Kampagne. Die wird zur Belastungsprobe | |
für die Landesregierung, als sich herausstellt, dass der beschuldigte | |
Landwirt Patenkind des ehemaligen SPD-Agrarministers Karl-Heinz Funke ist. | |
Innenminister Pistorius (SPD) stellt klar, dass „in unseren Ministerien | |
kein Platz sein darf für Terror-Helferinnen.“ Staudte entschärft den | |
Konflikt: Zaldivar Maestro übernimmt eine innendienstliche Aufgabe ohne | |
Sprechbefugnis im Referat 407 (Moorverwaltung). | |
22. Zum Jubiläum des westfälischen Friedens macht die niedersächsische | |
Landesregierung auf Anregung von Julia Willie Hamburg einen Bobbycar-Korso | |
durch Osnabrück. „Wir zeigen damit unsere wirtschaftliche | |
Leistungsfähigkeit“, sagt Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). | |
## November | |
9. Der Erlass von Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD), nach dem | |
Schwarze Kinder grundsätzlich Waisen sind, wird vom Flüchtlingsrat als | |
„zutiefst rassistisch“ gerügt. „Unsinn“, weist Mäurer solche | |
Unterstellungen von sich. „Wenn ich gegen Schwarzarbeit vorgehe, ist das ja | |
auch nicht rassistisch.“ Er habe einfach handeln müssen, sagt er dem | |
Weser-Kurier. „Diese Drogendealer, die Mütter, die behaupten, die deutschen | |
Männer, die sich als Väter ausgeben, seien die Väter der Kinder und müssten | |
in die Geburtsurkunde eingetragen werden, und dieses Geknatsche, weil wir | |
den Kindern die Geburtsurkunde verweigern – das schadet dem Ansehen unserer | |
Stadt.“ Im Kommentar lobt ihn Weser-Kurier-Redakteur Ralf Michel: Nicht | |
alle müssten Mäurers Linie teilen. Aber keiner könne leugnen, dass er eine | |
klare Linie hat. „Das mit Rassismus zu verwechseln, ist unterste Schublade, | |
Cancel-Kultur.“ | |
## Dezember | |
6. Ein geplanter Hubschrauberlandeplatz bringt die Bremer Multi-Koalition | |
an den Rand des Scheiterns: Die SPD weigert sich, höhere | |
Landelizenzgebühren einzuführen, doch die Anarchistische Pogopartei mahnt | |
zur Haushaltsdisziplin: „Der Bremen-Fonds 3.0 darf kein Fass ohne Boden | |
sein.“ Von einem Tag auf den anderen wirft daraufhin SPD-Bürgermeister | |
Andreas Bovenschulte hin: „Ich hab jetzt endlich Zeit für Rockmusik“, | |
verrät er Radio Bremen TV. Zum Glück einigt sich die Koalition auf eine | |
Nachfolge: „Aufgrund ihrer vielfältigen Verdienste“ wird die | |
Sozialsenatorin Anja Stahmann zur Bürgermeisterin gewählt, denn sie ist | |
beliebt. | |
31. Gegen den Trend hat Sylt auf Betreiben gut zahlender Gäste das | |
Böllerverbot aufgehoben: Zum „großen Knall von Kampen“ geladen hat ein | |
blonder, extrem lässiger, 1,86 Meter großer Podcaster, von seinen | |
Followern respektvoll „Der Finanzminister“ genannt, der bei der Party auch | |
selbst auflegt: „Bis Mitternacht warten ist nicht Syltgeschwindigkeit“, | |
shoutet er um 22.30 Uhr in die koksgeschwängerte Luft. „My God, ich habe | |
hier geheiratet, jetzt kann ich es hier auch krachen lassen!“ Ein Gedanke, | |
den viele mit ihm teilen: Schon hat sich die Insel in einen pfeifenden, | |
funkensprühenden und glitzernden Planeten aus Flammen und Rauch verwandelt, | |
der völlig außer Kontrolle gerät. Privatjets und Hubschrauber verlassen die | |
glühende Insel. Um 23.59 Uhr steht nur noch Jörg Otto, der letzte Punk des | |
Sommers 2022, vor den rauchenden Trümmern seiner geliebten Wahlheimat, die | |
er versucht hat zu retten. Aber vergebens: Kampen, das ist eine schlimme | |
Geschichte mit einem traurigen Ende. Genau wie das Jahr 2023. | |
31 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsche-Bahn-ohne-Klimakurs/!5841281 | |
[2] /LNG-Terminal-geht-in-Betrieb/!5900874 | |
[3] /!397742 | |
[4] /Saudi-Arabien-und-seine-Sportstrategie/!5895579 | |
[5] http://www.landleben-magazin.de/start/ | |
[6] /!5900824 | |
[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtkunstwerk_Freie_und_Hansestadt_Hamburg | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
Alina Götz | |
Jan Kahlcke | |
Gernot Knödler | |
Lotta Drügemöller | |
André Zuschlag | |
Alexander Diehl | |
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