Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schutz von Kritischer Infrastruktur: Bollwerk gegen Saboteure
> Die Bundesregierung will Kritische Infrastruktur besser schützen und die
> Betreiber in die Pflicht nehmen. Unklar ist die konkrete Finanzierung.
Bild: Wie diese Infrastruktur schützen? Zerstörte Nordstream-Gasleitung im Se…
Berlin taz | Spätestens seit den Explosionen an den Nordstream-Pipelines
und der [1][Bahn-Sabotage] ist eindrücklich klar geworden: Deutschlands
Kritische Infrastruktur ist angreifbar und in Gefahr. Die Bundesregierung
will dies ändern und einigte sich am Mittwoch auf Eckpunkte für ein Gesetz
für einen verbesserten [2][Schutz Kritischer Infrastrukturen] vor.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von „höchster Priorität“,
von „Krisenresilienz“, davon, dass sich die Republik besser „gegen Krisen
wappnen“ muss.
Faeser betonte auch, dass es seit des russischen Angriffskriegs auf die
Ukraine auch in Deutschland eine „veränderte Sicherheitslage“ gebe. Wie im
Koalitionsvertrag vereinbart, ist das Ziel, ein Gesetz mit dem sperrigen
Namen „Kritis-Dachgesetz“ zu verabschieden. Geschützt werden soll die
Versorgung mit Energie, mit Wasser, das Bankwesen, der Gesundheitssektor,
Verkehrswege, aber auch die öffentliche Verwaltung, digitale
Infrastrukturen, die Medien. Im Kern sind vor allem die Betreiber gefragt.
Über das Kritis-Dachgesetz sollen einheitliche Mindeststandards festgelegt
werden, also Anforderungen wie die Betreiber Gefahren erkennen, wie sie
ihre Anlagen schützen und wann sie Schäden melden müssen. Zäune und
Sperren, Zugangskontrollen oder auch Sicherheitsprüfungen können solche
Maßnahmen sein. Problem bei Angriffen ganz gleich ob auf Kabel, Leitungen
oder digitale System ist immer wieder, dass es keine Informationen zu den
Schwachstellen gibt oder diese nicht weitergegeben werden.
Auch das soll sich ändern. Über ein Meldesystem können künftig auch andere
Betreiber gewarnt werden, die ebenso in Gefahr sind. Eine zentrale Rolle
soll dabei das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)
spielen. Noch ein Ansatz, der simpel scheint, aber jetzt greift, ist
Angriffe im digitalen Raum, also auf IT-Komponenten, und Attacken auf
physische Einheiten, etwa Kabel oder Leitungen zusammen zu denken. Und: Mit
dem Dachgesetz wird zum ersten Mal „das Gesamtsystem zum physischen Schutz
Kritischer Infrastrukturen in den Blick genommen und Zuständigkeiten
geregelt.“
## Konkrete Finanzierung fehlt
In den Eckpunkten werden auch explizit die Hersteller von kritischen
Komponenten genannt. Für das Kritis-Dachgesetz soll geprüft werden, ob es
auch Regeln für Komponenten geben kann, die sich nicht auf Software oder
IT-Produkte beschränken. Dies können zum Beispiel Baustoffe sein. Ziel ist
die kritische Infrastruktur insgesamt vor „Einflüssen und Abhängigkeiten
von bedenklichen Herstellern aus dem Ausland“ zu schützen.
Die Umsetzung wird Geld kosten – und genauer dieser Aspekt könnte schweirig
werden. Denn – so steht es im Eckpunktepapier: Es gilt ein genereller
Finanzierungsvorbehalt. „Soweit konkrete Maßnahmen oder daran anknüpfende
zukünftige Maßnahmen zu Ausgaben im Bundeshaushalt führen, stehen sie unter
dem Vorbehalt verfügbarer Haushaltsmittel beziehungsweise
Planstellen/Stellen und präjudizieren keine laufenden oder künftigen
Haushaltsverhandlungen.“ Das gilt auch für das BBK, das zwar eine Art
Leitbehörde werden sollen, aber nur „im Rahmen verfügbarer
Haushaltsmittel“.
Für die Grünen ist die Vorlage für das Kritis-Dachgesetz „zentral“.
Schließlich hat sich die Ampel im Koalitionsvertrag darauf verständigt,
Kritische Infrastruktur besser zu schützen. Aber: „[3][Angesichts stark
gestiegener Bedrohungslagen] brauchen wir möglichst schnell gute
gesetzliche Grundlagen, klare Verantwortlichkeiten und Behörden, die in der
Lage sind, die betreffenden Unternehmen unabhängig zu beraten“, sagte der
Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz,
der taz.
Der Grünen-Politiker forderte zudem eine gute Koordination zwischen dem
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem BBK.
Parallelstrukturen oder fehlende Abstimmung führten letztlich zu „noch mehr
Chaos in der konkreten Umsetzung.“ Beim Geld setzt von Notz auf eine
„ausreichende finanzielle Unterfütterung“. Verbände, Betreiber und die
Zivilgesellschaft sollen beteiligt werden, wenn das Gesetz erarbeitet wird.
## Bundesweiter Warntag am Donnerstag
Michael Wiesner, Sprecher der AG Kritis, kritisiert die Veröffentlichung
der Eckpunkte zum jetzigen Zeitpunkt. „Zum einen wurde hier wieder einmal
mit der heißen Nadel gestrickt und zum anderen wurde einmal mehr versäumt,
die Zivilgesellschaft einzubinden“, sagte Wiesner der taz. Die AG Kritis
ist eine Gruppe von Fachleuten, die IT-Sicherheit verbessern und
Einrichtungen der Kritischen Infrastruktur stärken will. [4][Die Gruppe
setzt sich seit langem für eine Art Cyber-THW] ein, dass bei einer
Cyberattacke Behörden oder Firmen helfen kann.
Kommt es zu Angriffen oder einem Katastrophenfall wird die Bevölkerung
gewarnt. Am Donnerstag findet der [5][zweite bundesweite Warntag] statt, um
genau dies zu testen. Gegen 11 Uhr soll die Probewarnung über Radio und
Fernsehen verbreitet werden, Sirenen heulen und Cell Broadcast erstmals
getestet werden. Über die Technologie bekommen Nutzer:innen eine
Warnmeldung auf ihr Mobilfunktelefon. Allerdings nur die Geräte, die ein
entsprechendes update haben, sich nicht im Flugmodus oder Funkloch
befinden. Gegen 11.45 Uhr wird die Übung beendet sein.
Der Bundestagsabgeordnete Leon Eckert (Grüne) forderte gemeinsam mit
Grünen-Abgeordneten in den Ländern einen Bund-Länder-Warnpakt. Sie sprechen
sich für eine bessere Finanzierung und Ausstattung von Sirenen aus, für
einheitliche Signaltöne oder für Barrierefreiheit bei Warnungen. Zudem soll
die Teilnahme am Warntag verpflichtend werden. Die Kommunen können selbst
entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht.
7 Dec 2022
## LINKS
[1] /Sabotage-kritischer-Infrastruktur/!5886585
[2] /Sabotage-im-Krieg/!5884176
[3] /Von-Notz-zur-kritischen-Infrastruktur/!5885412
[4] /Infrastruktur-Experte-ueber-Bahn-Sabotage/!5884459
[5] /Bundesweiter-Warntag/!5900084
## AUTOREN
Tanja Tricarico
## TAGS
Nancy Faeser
Cyberkriminalität
Sabotage
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Warntag
Warntag
Nancy Faeser
Nordstream
Katastrophenschutz
BSI
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Warntag
Katastrophenschutz
Bundesinnenministerium
Deutsche Bahn
Infrastruktur
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gefahrenabwehr bei Cyberangriffen: Faeser für Hackbacks im Grundgesetz
Innenministerin Faeser will für mehr Cybersicherheit das Grundgesetz
ändern. Das BKA solle in ausländische Server eindringen und diese lahmlegen
können.
Anschläge auf Nord-Stream-Pipelines: Spekulationen mit Sprengkraft
ARD und „Zeit“ berichten von „Spuren in die Ukraine“ bei den Anschläge…
die Nord-Stream-Pipelines. Doch es gibt weiter Unklarheiten.
Pilotprojekt von Bund und Ländern: Erster Bevölkerungsschutztag im Juni
Wie im Ernstfall reagieren? Bund und Länder wollen die Bevölkerung mit
einer regelmäßigen Aktion besser auf Katastrophen einstellen.
Claudia Plattner wird BSI-Präsidentin: Erste Frau und Tech-Expertin
Mit Claudia Plattner beruft Innenministerin Faeser erstmals eine Frau an
die Spitze der Cybersicherheitsbehörde. Seit November war der Posten
unbesetzt.
Mutmaßlicher BND-Spion: Gift für die Beziehungen zu Kyjiw
Ein mutmaßlicher Agent wird im BND enttarnt. Der Fall ist ein fatales
Signal außen- wie innenpolitisch. Wie verlässlich sind die
Sicherheitsbehörden?
Bundesweiter Warntag 2022: Eine halbe Warnung
Der bundesweite Warntag am Donnerstag kann lediglich als Teilerfolg gesehen
werden. Es mangelte vor allem an Entwarnungen.
Bundesweiter Warntag 2022: Warnung auf Taste
Wie die Bevölkerung im Notfall alarmiert werden kann, wird an diesem
Donnerstag um 11 Uhr getestet. Fraglich ist aber, wer wie erreicht wird.
Bundesweiter Warntag: Vor dem Sirenengeheul
Am Donnerstag wollen Bund, Länder und Kommunen üben, wie die Bevölkerung im
Katastrophenfall gewarnt werden kann. Die Erwartungen sind hoch.
Schutz Kritischer Infrastruktur: Bundesministerien richten Stab ein
Die Kritik am vernachlässigten Schutz der Kritischen Infrastruktur ist
groß. Ein Koordinierungsstab soll das Zuständigkeitsgerangel ordnen.
Von Notz zur kritischen Infrastruktur: „Wir haben ein Sicherheitsproblem“
Konstantin von Notz sorgt sich um die kritische Infrastruktur in
Deutschland. Der Grüne fordert massive Investitionen in die
Sicherheitsarchitektur.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.