Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Personalnotstand in Krankenhäusern: Sie dringen nicht durch
> Schon wieder beklagen Krankenhäuser Personalnotstand, die Lage ist
> kritisch. Es ist nicht das erste Mal, dass ihre Mahnungen verhallen.
Bild: 2.000 Betten weniger stehen zur Verfügung, Personal fällt wegen Corona …
Abgesagte Operationen und ein eingeschränkter Betrieb auf den
Intensivstationen. Die Nachricht haben Sie sicher schon mal gehört. Vor ein
paar Monaten oder im Winter 2020. Der Personalstand in den Krankenhäusern
hat sich seitdem aber nicht verbessert. Im Gegenteil: Dieses Jahr stehen
2.000 weniger Intensivbetten zur Verfügung, reihenweise Personal fällt
wegen Corona aus. Die Situation in den deutschen Krankenhäusern ist derzeit
kritisch. Schon wieder.
Und das alles vor dem „schwierigen Herbst“, den Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) seit Wochen auf jeder nur möglichen Plattform
vorhersagt. „Die Pandemie wird leider nicht in die Sommerpause gehen“,
sagte Lauterbach noch vergangenen Donnerstag im Bundestag.
Auf seinem Twitter-Account kündigte er an, dass er während der
parlamentarischen Sommerpause auf seinen Urlaub verzichten werde, um unter
anderem am neuen Infektionsschutzgesetz zu arbeiten. Der
Gesundheitsminister muss sich momentan gegen den Vorwurf verteidigen, dass
dieser Tage eine „Durchseuchung durch die Hintertür“ stattfindet.
Weil die Coronatests seit [1][Anfang Juli nicht mehr für alle kostenlos]
sind, würden viele Infizierte ihrer Erkrankung gar nicht auf den Grund
gehen, so die Kritik. Auch eine strengere Maskenpflicht steht nicht auf der
kurzfristigen Agenda – obwohl der [2][Bericht der
Sachverständigenkommission] zu den bisherigen Maßnahmen in der Pandemie
feststellt, dass sie effektiv schützen.
## Wir hinken hinterher
Lauterbach bleibt bei seiner Kommunikationsstrategie, oft und gerne zu
wiederholen, dass Deutschland schon auf den Herbst vorbereitet sein werde.
Anschließend listet er die [3][sieben Punkte seines Schutzmaßnahmenplans]
auf. Twitter-Nutzer*innen, die den SPD-Gesundheitsexperten einst begeistert
anhimmelten, reagieren inzwischen vermehrt mit Häme und Kritik. „Zu spät“
liest man immer wieder. „Alles viel zu spät.“ Lauterbach mag heldenhaft auf
seinen Urlaub verzichten. Einige Mitarbeiter*innen von Krankenhäusern
sind nun aber in ihrem verdienten Sommerurlaub. Viele andere müssen sich
aufgrund einer Coronainfektion isolieren.
Der Präsident des Intensivmediziner-Verbands DIVI, Gernot Marx, spricht von
736 Intensivstationen in Deutschland, die derzeit wegen Personalmangels im
eingeschränkten Betrieb arbeiten. Diese müssten gerade etwa doppelt so
viele Covid-Patient*innen wie zur gleichen Zeit im vergangenen Jahr
intensivmedizinisch behandeln – mit sehr viel weniger Betten. Die Situation
sei, so Marx, gerade ähnlich wie sonst im Herbst oder Winter.
Das mag man kurz zur Kenntnis nehmen, aber Nachrichten zur Pandemie
rangieren bei vielen Menschen gerade weit unter den Aufregerschlagzeilen
zur Traumhochzeit Christian Lindners. Täglich grüßt das Murmeltier,
Pandemie ist zum Alltag geworden. Überlastungen in den Krankenhäusern? Ja,
andauernd, schlimm.
Linken-Chef Martin Schirdewan fordert Luftfilter für Schulen? Immer noch?
Im Juli 2022? Wie absurd. Es verfängt das Gefühl, dass es wieder so ist wie
immer: Wir hinken hinterher. Währenddessen ist die Pandemie im Supermarkt,
bei Konzerten und teilweise selbst in ärztlichen Praxen augenscheinlich
vorbei. Oder zumindest aufgrund fehlender Masken und keinerlei
Abstandsregeln nicht mehr sichtbar. Voll okay, die Regeln sind Geschichte.
Schön auch, dass man sich beim Anstoßen wieder anlächeln kann. Du willst
einen Schluck von meinem Bier? Klar doch.
## Die Pandemie ist nicht vorbei
Dass die Pandemie noch lange nicht zu Ende ist – beispielsweise für all die
Menschen, die an Long Covid erkrankt sind oder solche, die sich wegen
Vorerkrankungen weiterhin isolieren müssen – wollen viele Menschen
schlichtweg nicht mehr wissen.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach dringt mit den immer gleichen Warnungen
schon längst nicht mehr durch. Doch hinter den Zahlen aus den Kliniken, die
nicht mehr im Normalbetrieb arbeiten können, stecken vor Ort erschreckende
Zustände, die nicht nur eine Mehrbelastung für das ohnehin schon
überarbeitete Personal bedeuten.
Noch schlechtere Arbeitsbedingungen werden langfristig zu einem noch
größeren Fachkräftemangel führen. [4][Schon jetzt fehlen nach Einschätzung
von Expert*innen etwa 80.000 Pfleger*innen.] Das bedeutet eine
schlechtere Gesundheitsversorgung insgesamt. All das steht hinter dieser
erneuten Mahnung aus den Kliniken. Die Politik sollte sie nicht ein
weiteres Mal verhallen lassen.
11 Jul 2022
## LINKS
[1] /Debatte-um-kostenlose-Schnelltests/!5859707
[2] /Gutachten-der-Sachverstaendigenkommission/!5863115
[3] /Coronamassnahmen-fuer-Sommer-und-Herbst/!5861801
[4] /Fachkraeftemangel-in-der-Pflege/!5853092
## AUTOREN
Linda Gerner
## TAGS
Pflegekräftemangel
Schwerpunkt Coronavirus
Personalmangel
Pflege
Karl Lauterbach
Krankenhäuser
Schwerpunkt Coronavirus
Pflegekräftemangel
Pflegekräftemangel
Universitätsklinikum
Universitätsklinikum
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Containerschifffahrt
Schwerpunkt Coronavirus
Saisonarbeitskräfte
Fachkräftemangel
Bildung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Vorstellung des Infektionsschutzgesetzes: Winterfest mit Maske
Gesundheitsminister Lauterbach zeigt sich zufrieden mit dem Entwurf des
Infektionsschutzgesetzes. Dieser sieht mehr Verantwortung für die Länder
vor.
Auswirkungen der hohen Inflation: Warnung aus der Altenpflege
Private Anbieter warnen vor einem starken Kostenanstieg in der Altenpflege.
Sie fordern einen „Inflationszuschuss“ von 25 Prozent.
Zahlen des Statistischen Bundesamts: Mehr Ausbildungen in der Pflege
Rund 56.300 Menschen in Deutschland haben im vergangenen Jahr eine
Ausbildung in der Pflege begonnen. Das sind fünf Prozent mehr als im Jahr
zuvor.
Pfleger über Tarifvertrag Entlastung: „Das bedeutet: Ich bleibe“
Tobias Wendker macht eine Ausbildung zum Pfleger in Münster. Über elf
Wochen streikte er mit Kolleg*innen für einen Tarifvertrag Entlastung –
mit Erfolg.
Arbeitsbedingungen in der Pflege: Einigung in NRW-Klinikstreit
Das Personal der Unikliniken Nordrhein-Westfalens setzt sich durch, nach
elf Wochen Streik. Die Arbeitsbedingungen sollen verbessert werden.
Entwicklungen in der Coronapandemie: Corona-Inzidenz bei 744,2
In Deutschland steigt laut dem Robert Koch-Institut die Zahl der bekannten
Infektionen auf über 29,8 Millionen. Viele Fälle werden nicht mehr erfasst.
Coronaherbst in Deutschland: Freie Auswahl bei Impfungen
Das Gesundheitsministerium bestellt für den Herbst vier Corona-Impfstoffe.
Die Länder fordern außerdem mehr Eingriffsmöglichkeiten bei Maßnahmen.
Lauterbach für vierte Corona-Impfung: Zweiter Booster auch für Jüngere
Wegen steigender Coronazahlen rät Gesundheitsminister Lauterbach auch
Menschen unter 60 zur vierten Impfung. Die Stiko empfiehlt die bisher nur
für über 70-Jährige.
Arbeitskampf an deutschen Seehäfen: Hafenarbeiter streiken bis Samstag
Verdi und die deutschen Seehafenbetriebe streiten weiter um Lohnerhöhungen.
Die Folgen des Warnstreiks auf den Schiffsverkehr dürften erheblich sein.
Empfehlung von EU-Behörden: Zweite Booster-Impfung für alle ab 60
Die Zahl der Corona-Infektionen steigt wieder stark an. EU-Behörden
empfehlen deshalb allen Menschen ab 60 eine zweite Auffrischimpfung.
Arbeitskräftemangel in Deutschland: Wer packt mal mit an, bitte?
Allerorts fehlt Personal. Wirtschaft und Politik müssen gegen den
demografischen Wandel flexibler auf Arbeitslose und Zugewanderte zugehen.
Personalmangel in Deutschland: Neuland auf dem Arbeitsmarkt
Fachkräfte und Hilfspersonal werden dringend gesucht. Deutschland muss bei
Berufsabschlüssen flexibler werden, sagen Experten.
Folgen von Corona fürs Bildungssystem: Dauerbaustelle Personal
Die Pandemie verschärft die Probleme im Bildungssystem, so der
Bildungsbericht 2022. Er warnt: Der Fachkräftemangel wird sich noch
verschärfen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.