| # taz.de -- Berlins neue Schulsenatorin Busse (SPD): „Ich soll etwas bewegen�… | |
| > Das Aussetzen der Präsenzpflicht sei richtig gewesen, sagt Astrid-Sabine | |
| > Busse – und erzählt, warum sie den Senatorinnen-Job nicht ablehnen | |
| > konnte. | |
| Bild: Astrid-Sabine Busse (SPD) ist seit Dezember Berlins neue Bildungssenatorin | |
| taz: Frau Busse, am heutigen Montag enden die Winterferien, [1][die | |
| Präsenzpflicht ist ausgesetzt]. Würden Sie Ihr schulpflichtiges Kind oder | |
| Enkelkind in die Schule schicken? | |
| Astrid-Sabine Busse: Selbstverständlich. Ich persönlich hätte ein Kind auch | |
| keinen Tag rausgenommen aus der Schule. | |
| Das sagen Sie ohne zu zögern. | |
| Es laufen ja sehr viele Infektionsschutzmaßnahmen in den Schulen. Und | |
| obwohl die Inzidenzen sehr hoch sind, gibt es bei den Kindern kaum schwere | |
| Krankheitsverläufe. Ich war bis Dezember noch live dabei als Schulleiterin: | |
| Da hatten die meisten Kinder, die positiv getestet wurden, überhaupt keine | |
| Symptome. Dazu kommt: Schule ist einfach der beste Lernort für ein Kind – | |
| dort hat es den Kontakt zur Lehrkraft, zu den Erzieherinnen und Erziehern, | |
| zu den Mitschülerinnen und Mitschülern. Also ja, ich würde mein Kind | |
| schicken. | |
| Wenn Ihre Position da so klar ist – warum haben Sie die Präsenzpflicht | |
| überhaupt aufgehoben? | |
| Weil zum einen die Winterferien vor der Tür standen und zum anderen die | |
| Infektionszahlen stark angestiegen sind. In den Winterferien wären wir | |
| nicht so handlungsfähig gewesen. Wenn die Zahlen über die Ferien jetzt | |
| stark steigen sollten, dann hätte man gesagt: Warum haben Sie nicht | |
| gehandelt? Und zudem haben uns die Amtsärzte der Bezirke ein Stück weit im | |
| Stich gelassen, indem sie [2][die Quarantänenachverfolgung in den Schulen | |
| ausgesetzt] und vor allem unklar kommuniziert haben. | |
| Das hat Sie geärgert? | |
| Geärgert ist ein großes Wort. Es war wie immer in der Pandemie: Da ist | |
| etwas Neues passiert, und wir mussten abwägen. Mir war aber auch klar, dass | |
| nur sehr, sehr wenige Eltern von der Aussetzung der Präsenzpflicht Gebrauch | |
| machen werden. Die Zahlen liegen im niedrigen einstelligen Prozentbereich. | |
| Also war das Aussetzen der Präsenzpflicht eine Symbolhandlung? | |
| Nein. Die Eltern können sich das Recht nehmen, ihr Kind zu Hause zu lassen | |
| – temporär, zum Glück, bis zum 28. Februar. Und dann hoffen wir, dass wir | |
| den Peak der Omikron-Welle überstanden haben. | |
| Trotzdem: Infektiologisch macht es keinen großen Unterschied, wenn nur | |
| wenige das Aussetzen der Präsenzpflicht in Anspruch nehmen. Warum haben Sie | |
| nicht entschieden: Dann halbieren wir die Klassen konsequent und machen | |
| Wechselunterricht? Infektiologisch wäre es sinnvoller gewesen, für die | |
| Schulen planbarer. | |
| Also, das Wort planbar deckt sich nicht wirklich mit der aktuellen | |
| Schulwirklichkeit – auf dem Papier ist das vielleicht so, aber wir haben | |
| das doch alles durchgespielt in den Schulen… | |
| Deswegen ja – die Schulen müssten ihre Konzepte vom letzten Frühjahr doch | |
| noch in der Schublade haben. | |
| Wir haben eine andere Situation – letztes Jahr hatten wir Delta, jetzt | |
| haben wir Omikron. Wechselunterricht wird jetzt teilweise gar nicht mehr | |
| möglich sein, weil nicht nur viele Kinder infiziert sind, sondern auch die | |
| Pädagoginnen und Pädagogen. Da müssen die Schulen täglich morgens umplanen | |
| und Schwerpunkte setzen: Wer bekommt jetzt noch das bestmögliche | |
| Unterrichtsangebot? Wechselunterricht ist aktuell oft nicht mehr | |
| durchführbar, das ist ein hoher Aufwand. Außerdem kann ich Ihnen sagen: Die | |
| Gruppe, die zu Hause war, hat zuweilen wenig gemacht im Wechselunterricht – | |
| das habe ich erlebt, als ich letztes Jahr noch als Lehrerin vor einer | |
| Klasse stand. | |
| Diese SchülerInnen verlieren Sie aber doch jetzt mit der ausgesetzten | |
| Präsenzpflicht auch. | |
| Ja, aber die Zahl ist noch marginal. Zudem denke ich, dass nach den Ferien | |
| noch weit weniger vom Aussetzen der Präsenzpflicht Gebrauch machen werden. | |
| Und wie gesagt, dann hoffe ich, dass auch die Inzidenzen wieder sinken | |
| werden. | |
| Dennoch: Können Sie nicht nachvollziehen, dass viele Eltern sich jetzt | |
| allein gelassen fühlen mit der Entscheidung, ob sie ihr Kind morgens noch | |
| zur Schule schicken? | |
| Wer sind denn „die“ Eltern? Wir haben ungefähr 700.000 Eltern – und da | |
| müssen wir auch mal sehen: Wer spricht, wer schreibt? Und dann relativiert | |
| sich Vieles. | |
| Dass einige lauter sind als andere, setzt Sie überhaupt nicht unter Druck? | |
| Sie, ich, wir alle müssen viel aushalten. Und ich hoffe auf den März, dass | |
| wir dann zurückkehren in die volle Präsenzpflicht. | |
| Der Virologe Christian Drosten sieht die Schulen inzwischen in der | |
| Omikron-Welle ganz klar als Pandemiebetreiber. | |
| Herr Drosten – und andere Fachfrauen und -männer – haben auch lange die | |
| gegenteilige These vertreten. | |
| Jetzt aber nicht mehr. Ändert das etwas für Sie? | |
| Die Erkenntnislage ändert sich ja quasi jeden Tag, auch die der Expertinnen | |
| und Experten. Das muss ich aushalten. Das Problem ist die Schnelligkeit, | |
| mit der wir oft Entschlüsse fassen müssen. Aber dem Virus ist das natürlich | |
| egal. | |
| Bundesweit haben SchülervertreterInnen unter [3][#wirwerdenlaut] ihrem | |
| Frust Ausdruck verliehen, dass sie sich von der Politik nicht geschützt | |
| fühlen in der Pandemie. Können Sie den Frust nachvollziehen? | |
| Berlin erfüllt ja ganz viele Forderungen der Schülerinnen und Schüler | |
| schon. Zum Beispiel bei der Forderung nach Luftfiltergeräten: Da sind wir | |
| ganz weit vorne. | |
| Wie ist denn der Stand bei den [4][Luftfiltern] – die Zielvorgabe Ihrer | |
| Amtsvorgängerin war, dass in jedem Klassenraum ein Lüfter stehen muss. Gilt | |
| das noch? | |
| Wir haben jetzt so viel ausgeliefert, dass jeder Klassenraum rechnerisch | |
| mit einem Filtergerät ausgestattet werden kann. Konkret: Rund 23.000 Geräte | |
| wurden ausgeliefert, 7.000 kommen noch. Aber ich sage auch: Die | |
| Luftfiltergeräte sind kein Allheilmittel. Man muss immer noch lüften. | |
| Sie sagen selbst, das Aussetzen der Präsenzpflicht wird kaum in Anspruch | |
| genommen, der Wechselunterricht würde die Schulen vor enorme | |
| Herausforderungen stellen, die Luftfilter sind nicht das Allheilmittel. Was | |
| ist denn das Allheilmittel? | |
| Wenn ich das Allheilmittel wüsste, säße ich hier nicht mit Ihnen auf der | |
| Couch. | |
| Wir könnten auch fragen: Was ist Ihre Strategie? Setzen Sie auf die | |
| steigende Impfquote, auf das Frühjahr? | |
| Die Impfquote steigt ja leider sehr langsam. | |
| Das ist ja das Problem. | |
| Nehmen Sie zum Beispiel das Testen in den Schulen: Wir testen in den ersten | |
| zwei Schulwochen jedes Kind fünfmal pro Woche. Es ist wirklich eine | |
| logistische Meisterleistung, den Schulen diese Tests bereitzustellen; die | |
| müssen auf dem Weltmarkt ja erstmal beschafft werden. Aber wir können | |
| liefern, die Schulen bekommen pünktlich ihre Tests. Und dann haben wir | |
| immer noch, nicht zu vergessen, die Maskenpflicht in den Schulen – die | |
| Kinder tragen den ganzen Tag im Unterricht Maske. Ich finde das ja schlimm, | |
| aber es muss sein. | |
| Sind Sie für [5][eine berufsbezogene Impfpflicht] bei LehrerInnen und | |
| ErzieherInnen? | |
| Ich persönlich würde das gut finden. Das muss aber auf Bundesebene | |
| entschieden werden. Zudem ist bei den Berliner Lehrerinnen und Lehrern die | |
| Impfquote ohnehin sehr hoch, über 95 Prozent sind geimpft. | |
| Wie sieht es bei den ErzieherInnen aus? | |
| Da sind es etwas weniger. Aber seit die 3G-Regel am Arbeitsplatz gilt, ist | |
| auch dort die Impfquote gestiegen. Das tägliche Sich-Testen-Müssen hat die | |
| Motivation spürbar erhöht. | |
| Wann wissen die Eltern, wie es nach dem 28. Februar mit der Präsenzpflicht | |
| weitergeht? | |
| Vor dem 28. Februar. | |
| Der 28. ist ein Montag, also bekommen die Schulen die Nachricht am Freitag | |
| davor? | |
| Ich weiß, dass viele Schulleitungen in der Vergangenheit kritisiert haben, | |
| dass neue Maßgaben sehr kurzfristig vor dem Wochenende angekündigt wurden. | |
| Ich habe das als Schulleiterin selbst kritisiert. Jetzt weiß ich, warum es | |
| manchmal nicht anders möglich ist. Da gibt es so viele Abteilungen und | |
| Gremien, die mit beteiligt werden müssen. Aber es bleibt mein Wunsch, dass | |
| wir in Zukunft nicht erst freitags informieren. | |
| Sie waren, neben Ihrem Job als Schulleiterin in Neukölln, außerdem einige | |
| Jahre lang Vorsitzende eines SchulleiterInnenverbands. Was genau | |
| unterscheidet eine Politikerin von einer Lobbyistin? | |
| Als Lobbyistin bin ich völlig frei. Da kann ich wünschen, da kann ich | |
| fordern. Jetzt bin ich in meinem dritten Beruf – nach Lehrerin und | |
| Schulleiterin – plötzlich Politikerin. Das muss ich von der Pike auf neu | |
| lernen. Auch wenn ich eine große Schule mit mehreren Hundert | |
| Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin geleitet habe – eine Verwaltung mit | |
| 2.000 Menschen ist nochmal etwas völlig anderes. Die Tage sind sehr dicht | |
| getaktet, aber immer, wenn ich mal eine Pause habe, gehe ich raus und öffne | |
| hier ein paar Türen und sage: Hallo, ich bin Frau Busse, und was machen Sie | |
| hier, was ist Ihre Aufgabe? | |
| Haben Sie unterschätzt, was Verwaltung bedeutet? | |
| Was man nicht kennt, kann man nicht unterschätzen. Aber es ist noch immer | |
| ein spezielles Gefühl, nun plötzlich auf der anderen Seite zu stehen. Wobei | |
| sich die sechs Wochen, die ich gerade erst im Amt bin, sich bereits | |
| anfühlen wie ein Jahr. Die Tage sind, wie gesagt, sehr dicht getaktet. Wir | |
| wollen hier ja anpacken. | |
| Was war Ihre Motivation zu sagen: Die Herausforderung nehme ich jetzt | |
| nochmal an? | |
| Ich habe mich ja nicht beworben. Ich wurde gefragt. Und da habe ich gesagt: | |
| So ein Angebot, das ist auch Schicksal, das kann ich nicht ablehnen. Ich | |
| soll ganz offensichtlich noch mal etwas bewegen. Was ich allerdings nicht | |
| in Gänze gewusst habe, ist der Umfang der Aufgaben, der auf mich zukommen | |
| würde. Das hat man mir wohlweislich auch nicht erzählt. (lacht) | |
| Wenn wir auf die nächsten fast fünf Jahre Ihrer Amtszeit blicken: Was | |
| wollen Sie bewegen? | |
| Mein ganzes Leben habe ich mich mit ganzem Herzen für Kinder und | |
| Jugendliche eingesetzt. Das war für mich immer das Tollste. Das will ich | |
| nun auf einer anderen Ebene tun. Etwa, was den Personalmangel an den | |
| Schulen angeht. | |
| Da setzt Rot-Grün-Rot darauf, [6][LehrerInnen wieder zu verbeamten]. Warum | |
| wird das das Problem lösen? | |
| Das hat niemand gesagt. Ich stehe trotzdem dahinter. | |
| Aber warum dann dieses teure Projekt? | |
| Wir sind das einzige Bundesland, das nicht verbeamtet. Und ich habe als | |
| Schulleiterin oft erlebt, dass Kolleginnen und Kollegen an meiner Schule | |
| gesagt haben: „Ist schön hier, ich würde auch bleiben. Aber ich gehe jetzt | |
| mal über die Landesgrenze, werde verbeamtet – und irgendwann komme ich dann | |
| zurück.“ Die Verbeamtung ist ein Baustein, um neues Personal zu gewinnen. | |
| Sie haben bei Ihrem Amtsantritt angekündigt, Sie würden mit der Verbeamtung | |
| gerne schon in diesem Jahr beginnen. Klappt das? | |
| Ich bin ziemlich sicher, dass wir den ersten wichtigen Schritt bald machen | |
| können. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen. | |
| Was sind Ihre anderen Bausteine gegen den LehrerInnenmangel? | |
| Lehrkräfte und Erzieherinnen und Erzieher haben leider nicht die Lobby, die | |
| sie verdienen – was sie leisten, haben viele Eltern erst während des | |
| Homeschoolings erkannt. Wir müssen vor allem die jungen Menschen – etwa an | |
| der Universität – motivieren und zeigen, dass das einer der tollsten Berufe | |
| der Welt ist. | |
| Und wie schaffen Sie das? | |
| Indem auch ich als Person dafür werbe. | |
| Halten Sie mal eine Vorlesung? | |
| Warum nicht? Darüber hinaus bin ich auch präsent in den Medien und kann | |
| über den Beruf aus tiefster Überzeugung sprechen. Sie können mich gleich | |
| losschicken, ich mach auch noch eine Klassenfahrt mit zwei | |
| Grundschulklassen und schaffe es, mit denen im Berufsverkehr drei Mal | |
| umzusteigen – das ist gar nicht so einfach. | |
| Was ist mit der Ausbildung der LehrerInnen – viele ExpertInnen sehen auch | |
| hier eine große Stellschraube, um mehr junge Menschen für diesen Beruf zu | |
| gewinnen. | |
| Da müssen wir auch ran. Klar. Das Schlimme ist ja: Durch die Pandemie haben | |
| jene, die derzeit auf Lehramt studieren, die Uni nie von innen gesehen; sie | |
| konnten keine normalen Praktika machen. Und jene, die vor der Uni mit dem | |
| Gedanken spielten, konnten nicht einfach mal eine Woche an einer Schule | |
| hospitieren. Da müssen wir wieder ganz vorne anfangen und die jungen | |
| Menschen abholen. | |
| Viele neue Lehrkräfte sind gar keine ausgebildeten LehrerInnen, sondern | |
| QuereinsteigerInnen. | |
| Ich habe mit ihnen ganz tolle Erfahrungen gemacht. Sie kommen aus den | |
| unterschiedlichsten Berufsfeldern – ich hatte sogar mal einen Bierbrauer – | |
| und sie waren wirklich ein Gewinn für die Schule. Man muss sich aber die | |
| Zeit nehmen, sie wirklich zu unterstützen. Und leider gibt es auch diese | |
| Gruppe nicht mehr in ausreichender Zahl. | |
| Dafür gibt es jetzt die SeiteneinsteigerInnen, die weder ein | |
| Lehramtsstudium haben noch ein Fach der Berliner Schule studiert haben. | |
| Da sind viele Rohdiamanten darunter, die man schleifen muss. Auch dafür | |
| braucht es Zeit. | |
| Wer soll sie denn schleifen? | |
| Die Schulen. Sie müssen ein gutes Mentorensystem aufstellen und ein | |
| langsames Reinwachsen möglich machen. Man muss klein anfangen, mit ein paar | |
| Wochenstunden und dann langsam steigern – dann bleiben die meisten auch | |
| dabei. Wer noch nie vor einer Klasse gestanden hat, weiß nicht, dass das | |
| schwierig ist. | |
| Dummerweise ist Zeit von LehrerInnen ja Mangelware. Viele Schulen haben | |
| einfach keine Kapazitäten für MentorInnenstunden. | |
| Schulen in Berlin haben eigene Budgets – das gibt es sonst nur noch in | |
| Hamburg. Und das ist großartig. Aus diesem Geld können die Schulen auch mal | |
| jemanden einkaufen, der Quer- und Seiteneinsteigerinnen und -einsteiger | |
| betreut – unabhängig von der Schulleitung. Die Schulen haben in Berlin | |
| viele Freiheiten. | |
| Ein anderes bekanntes Schulproblem beginnt für Kinder und Eltern am 15. | |
| Februar: Die Anmeldung für die Oberschulen nach der sechsten Klasse. Wer in | |
| beliebten Kiezen wohnt und gerne weiter in Wohnortnähe zur Schule gehen | |
| will, braucht absurd gute Notendurchschnitte, selbst für Sekundarschulen. | |
| Allen anderen bleibt nur die Hoffnung auf das Glück bei der Platzvergabe. | |
| Wie erklären Sie diesen sehr frühen Leistungsanspruch den Kindern und | |
| Eltern? | |
| Die Oberschulen haben keinen festen Einschulungsbereich wie die | |
| Grundschulen. Und die Herausforderung ist die stetig gestiegene Anzahl von | |
| Schülerinnen und Schülern, gerade in Bezirken wie Pankow und | |
| Friedrichshain-Kreuzberg, aber auch in fast allen anderen Bezirken. Der | |
| Schulneubau geht zwar sehr rasant voran – ich bin immer wieder bei | |
| Eröffnungsfeiern – aber es reicht eben noch nicht. Das Problem ist nicht | |
| heute entstanden und auch nicht gestern, sondern schon ein bisschen älter, | |
| und ich bin nicht glücklich darüber. | |
| Warum wird der Vergabeschlüssel nicht verändert und den Schulen zum | |
| Beispiel ein fester räumlicher Einzugsbereich vorgegeben? | |
| Das haut nicht hin. Als seinerzeit die Wohnortnähe nach BVG-Fahrplan als | |
| Kriterium galt, gab es eine noch viel größere Kritik von Eltern daran. Nun | |
| können Schüler und Eltern sich am Schulprofil orientieren. Aber klar, die | |
| steigenden Schülerzahlen erschweren die Auswahl. | |
| Ein steter Streit in der Koalition aus SPD, Grünen und Linken ist das | |
| [7][Neutralitätsgesetz]. Einerseits gibt es das Urteil des | |
| Bundesarbeitsgerichts, das im August 2020 das pauschale Kopftuchverbot | |
| aufgehoben hat und auf Einzelfallprüfungen drängt – anderseits klagt Berlin | |
| vor dem Bundesverfassungsgericht dagegen. Es ist gerade ein Schwebezustand. | |
| Wie sollen Schulleitungen damit umgehen? | |
| Derzeit gilt das Neutralitätsgesetz noch. Erst wenn das | |
| Bundesverfassungsgericht entscheidet, müssen wir gegebenenfalls handeln. Es | |
| kann nicht sein, dass jede Schule einzeln entscheiden muss. Das würde sie | |
| in große Konflikte bringen. | |
| Viele Initiativen fordern, sich an der Rechtsprechung des Arbeitsgerichts | |
| zu orientieren. | |
| Wir müssen jetzt das Urteil des höchsten deutschen Gerichts abwarten und | |
| dann auch annehmen. | |
| Wann rechnen Sie denn mit dem Urteil? | |
| Das dauert noch. | |
| Sind Sie für das Neutralitätsgesetz? | |
| Ja. Eine staatliche Schule ist ein neutraler Raum. Aber ich bin nicht die | |
| Entscheidende. | |
| Lassen Sie uns zu den Kitas kommen. Dort ist die Coronalage aktuell noch | |
| schwieriger als an Schulen, ab Montag gilt – wie auch in den Schulen – das | |
| „Test-to-stay“-Prinzip: Kontaktpersonen sollen nicht mehr in Quarantäne, | |
| sich aber 5 Tage lang täglich testen. Wer hat das erfunden? | |
| Na, die Amtsärzte. | |
| Also jene, die Sie an den Schulen im Stich gelassen haben wegen der | |
| Aussetzung der Nachverfolgung, retten Sie jetzt, weil Sie so Kitas offen | |
| halten können. | |
| Kita ist ein anderer Bereich als Schule, es gibt ja keine Kitapflicht. Wir | |
| haben die wunderbaren Lolli-Tests eingeführt, und klar wollen wir so weit | |
| wie möglich das Betreuungsangebot aufrechterhalten. Das ist nicht leicht. | |
| Wir mussten die Öffnungszeiten einschränken und rund 375 vor allem kleine | |
| Einrichtungen sind gerade geschlossen. | |
| Können Sie den Vorwurf von Beschäftigten nachvollziehen, dass man sich als | |
| „Versuchslabor“ fühlt und Infektionen billigend in Kauf nimmt? | |
| Das ist der Situation geschuldet. Vorwürfe gibt es immer, aus jeder Ecke – | |
| das habe ich jetzt nach sechs Wochen schon gelernt. Aber es geht uns darum, | |
| die Kitas offen zu halten. Mir schreiben berufstätige Eltern, die | |
| verzweifelt sind, weil sie nicht wissen, wie sie sonst ihre Kinder betreut | |
| bekommen. Im Moment gibt es keine anderen Lösungen. | |
| Ist es eigentlich fahrlässig, sich darauf zu verlassen, dass die Eltern | |
| ihre Kita-Kinder schon ordentlich und ehrlich zu Hause testen werden? | |
| Da müssen wir drauf vertrauen, wie auf vieles andere auch. Was wäre denn | |
| die Alternative? | |
| Vor Ort testen. | |
| Das kann die Kita, wenn sie Zweifel hat, sogar machen. | |
| Sie haben zu Anfang den März als zeitliche Perspektive ins Spiel gebracht, | |
| wenn es wieder besser sein könnte. Worauf stützen Sie sich da? | |
| Ich kann mich nur auf die Fachleute verlassen. Die sagen, Mitte Februar | |
| soll der Höchststand bei den Inzidenzen erreicht werden; danach geht es | |
| runter. In anderen Bundesländern geht es schon runter, das haben mir | |
| Kolleginnen und Kollegen bei der Kultusministerkonferenz berichtet. | |
| Im Bildungsausschuss haben Sie jüngst noch von „meiner Schule“ gesprochen | |
| und damit Ihre ehemalige Grundschule in Neukölln gemeint. Sind Sie im | |
| Herzen noch dort? | |
| Ich kriege ja immer noch Post von den Kindern. Es ist halt noch so frisch. | |
| 7 Feb 2022 | |
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