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# taz.de -- 2 Jahre Coronapandemie in Berlin: Im Zweifel für den Kinderschutz
> Nach dem ersten harten Lockdown im Frühjahr 2020 blieben die Schulen in
> Berlin offen. Im Rückblick muss man sagen: Das war konsequent.
Bild: Als auch die Kuscheltiere Maske trugen: Kurz nach dem zweiten Schul-Lockd…
Berlin taz | Es war ausgerechnet ein Freitag, der 13., als die damalige
[1][Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD)] im März 2020 nach einer
Sondersitzung des Senats verkünden musste, dass die Schulen und Kitas quasi
übers Wochenende geschlossen werden. Deutschland begab sich damals in den
ersten (und im Rückblick umfassendsten) Coronalockdown. [2][Plötzlich
Homeschooling] – das änderte den Alltag der meisten Berliner Familien
schnell, heftig und nachhaltig.
Und in der Regel war es keine Veränderung zum Guten: Eltern balancierten
zwischen Zoom-Konferenzen für den Job und Homeschooling mit den Kids
schnell am Rande des Burnouts. Und als die Kinder nach den Osterferien Ende
April 2020 nach und nach wieder in den Schulen auftauchten, sahen
Lehrer*innen mit Erschrecken, welchen Tribut die Homeschooling-Wochen
bei vielen gefordert hatten: Kinder, die zu Hause wenig bis gar nichts
gelernt hatten, weil die Eltern nicht für sie da waren oder nicht da sein
konnten. Kinderärzte schlugen Alarm, weil sie ziemlich schnell sahen, was
das Schließen von Schulen und Sportvereinen mit Kindern physisch und
psychisch anrichtete.
Schulleitungen sagen heute, mit Rückblick auf die letzten zwei Jahre, sie
mussten noch nie so viele Schulhilfekonferenzen für einzelne
Schüler*innen anberaumen wie in den vergangenen zwei Jahren.
Der Frühjahrslockdown 2020 in den Schulen blieb der einzige Lockdown für
die Berliner Schulen. Auch unter eben diesen Eindrücken, die ihr aus
Schulen und von Kinderärzt*innen zugetragen wurden, hielt
Ex-Bildungssenatorin Scheeres daraufhin eisern an ihrem Kurs fest: Die
Schulen müssen offen bleiben.
Vor dem ersten Coronaherbst 2020 hatte sie dafür einen Stufenplan
durchgesetzt, der sicherstellen sollte, dass auch bei wieder steigenden
Inzidenzen die Gesundheitsämter einzeln auf jede Schule schauen sollten.
Statt pauschal wieder alles dicht zu machen, sollten nur einzelne Schulen
in den Lockdown müssen.
Hat das funktioniert? Zu Beginn war der Stufenplan tatsächlich ein Modell,
das dann auch andere Bundesländer übernahmen. In Berlin hatte man sich, im
ewigen pandemischen Konflikt zwischen Gesundheitsschutz (insbesondere auch
für die Beschäftigten in Kita und Schule) und Kinderschutz im Zweifel für
den Kinderschutz entschieden – also für offene Schulen.
Das provozierte, [3][je nach Inzidenzlage, viel Kontroverse]. Und in der
Rückschau, in der man ja immer schlauer ist, kann man sagen: Das war eine
politische Entscheidung, die vielleicht hätte schief gehen können – aber es
war immerhin eine Entscheidung, eine Linie, auf die sich Eltern, Kinder und
die Schulen verlassen konnten. In Berlin blieben die Schulen offen. Ob sie
vielleicht auch nur deshalb offen blieben (und man damit auch eine hohe
Inzidenz bei Kindern in Kauf nahm), damit die Erwachsenen ungestört ihrer
Erwerbsarbeit nachgehen können, mag jede*r für sich selbst entscheiden.
## Geimpft und geboostert
Im Winter 2021 [4][kam dann Omikron]: Die Inzidenzen gingen durch die
Decke, die Gesundheitsämter kapitulierten und setzten die
Kontaktnachverfolgung aus – gleichzeitig waren aber inzwischen die
allermeisten Lehrkräfte geimpft und geboostert, es gab Impfstoff auch für
jüngere Kinder. Sprich: Die Situation war und ist inzwischen eine andere.
Auch deshalb kam es durchaus überraschend, dass die neue
[5][Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD)] die Schulen zwar nicht
schloss – aber [6][die Präsenzpflicht] kurz vor den Winterferien Ende
Januar aussetzte (wodurch dann wieder, wie Busse selbst bemerkte, gerne
jene Kinder zu Hause blieben, „die auch sonst gerne mal zu Hause bleiben“).
Dass die Schulen zwecks Personalmangel nicht verpflichtet werden konnten,
auch den Kindern im Homeschooling ein „Lernangebot“ zu machen, ließ dabei
relativ tief blicken: Die Tatsache, dass viele Politiker*innen in den
vergangenen zwei Jahren die Bedeutung der Institution Schule erkannt haben
wollen, ändert nichts daran, dass der Fachkräftemangel genauso eklatant ist
wie die Tatsache, dass viele Schulen digital immer noch mangelhaft
ausgestattet sind.
Was bleibt, nach zwei Jahren Schule in der Pandemie? Vielleicht auch diese
Erkenntnis: (noch) zu wenig.
1 Mar 2022
## LINKS
[1] /Bildungspolitik-unter-Rot-Rot-Gruen/!5796185
[2] /Alleinerziehende-Muetter-in-der-Pandemie/!5833213
[3] /Neue-Quarantaene-Regelung-in-Berlin/!5792558
[4] /Senat-lockert-Corona-Regeln-in-Berlin/!5831351
[5] /Berlins-neue-Schulsenatorin-Busse-SPD/!5830555
[6] /Praesenzpflicht-an-Berlins-Schulen/!5832240
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Sandra Scheeres
Homeschooling
Berlin
Lockdown
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Astrid-Sabine Busse
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Ulrike Gote
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