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# taz.de -- Mord unter Kindern: Kein Fall für Sühne
> Die Öffentlichkeit interessiert sich für Fälle wie jenen in Freudenberg.
> Ein Recht, zu erfahren, ob diese Tat genug gesühnt wird, hat sie aber
> nicht.
Bild: Blumen und Kerzen am Fundort des getöteten Mädchens in Freudenberg
Das Entsetzen ist groß, seit bekannt wurde, [1][dass eine Zwölfjährige in
Freudenberg offenbar von zwei Mädchen erstochen wurde]. Eine Zwölf- und
eine Dreizehnjährige sollen die Tat gestanden haben. Das ist furchtbar für
die Familie des Opfers und alle Beteiligten. Doch was jetzt nicht hilft,
ist eine reflexhafte Diskussion über Konsequenzen wie schärfere Gesetze.
Dass Kinder Täter werden, lässt sich nicht zu hundert Prozent verhindern,
doch es ist extrem selten. Im Jahr 2021 gab es in Deutschland 19
Verdachtsfälle von Mord oder Totschlag durch Kinder. Die Gewalt von Kindern
und Jugendlichen insgesamt geht seit 2007 stark zurück. Eine gute
Nachricht, auch weil eine Zeit lang zur Gewaltbekämpfung üble Konzepte Mode
waren.
Auch nun fordern erste Stimmen eine Herabsetzung der Strafmündigkeit. Denn
derzeit können Kinder unter vierzehn Jahren nicht strafrechtlich belangt
werden. Und angeblich seien Zwölfjährige heute reifer als früher.
Aber das ist falsch. Kinder müssen heute schon früh viel mehr Informationen
verarbeiten. Seit [2][Pandemie und Homeschooling] liegt das internetfähige
Smartphone in fast jedem Kinderzimmer. Aber das heißt nicht, dass Kinder
wie Erwachsene denken und handeln. Im Gegenteil, das erfordert mehr
Begleitung durch Erwachsene mit offenem Ohr für das, was sie bewegt.
Die Tat ist auch schrecklich für die Mädchen, die diese gestanden. Hier
muss das Helfersystem jetzt in Ruhe seine Arbeit machen. Es wäre nicht
richtig, sie ersatzweise statt ins Gefängnis in ein Erziehungsheim der
Jugendhilfe zu stecken. Jedenfalls nicht als Strafe, sondern nur, wenn es
die passende Hilfe ist. Denn für diese Kinder geht es nun darum, wie sie
mit der Tat fertigwerden und leben können.
Die Öffentlichkeit interessiert sich logischerweise für so ungewöhnliche
Fälle, aber sie hat nicht das Recht, zu erfahren, ob diese Tat genug
gesühnt wird. Selbst wenn sie schon vierzehn wären, stünde im dann
zuständigen Jugendstrafrecht die Erziehung und Resozialisierung im
Vordergrund und nicht Sühne.
15 Mar 2023
## LINKS
[1] /Toetung-eines-Maedchens-in-Freudenberg/!5918971
[2] /Jugendliche-in-der-Coronapandemie/!5837375
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Verbrechen
Kinder
Gewalt gegen Kinder
Strafrecht
Resozialisierung
IG
Kinder
Sozialarbeit
Schule und Corona
Sandra Scheeres
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