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# taz.de -- Ausschuss-Sitzung zur Corona-Lage: „Es wird sich jeder infizieren…
> Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) räumt im Parlament Schwächen
> ein. Eine Kapitulation vor Corona, wie sie die Linke sieht, bestreitet
> sie aber.
Bild: Masketragen hilft t auch – Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) ma…
Berlin taz | Viel hat die Gesundheitssenatorin an diesem Mittwochnachmittag
schon ganz offen eingeräumt und zugegeben. Dass es Pannen bei Kommunikation
und Abstimmung gab, als die Präsenzpflicht in den Schulen aufgehoben wurde,
bestätigt die immer noch neue grüne Ressortchefin Ulrike Gote im
Gesundheitsausschuss des Parlaments. Und auch, dass die Lage der Genesenen
bei der 2Gplus-Regel „sehr unbefriedigend“ sei. In einem Punkt aber
widerspricht sie klar: Die jüngsten Änderungen beim Testen und bei der
Quarantäne seien eben keine Kapitulation. Das hatte zuvor Tobias Schulze
von der Linkspartei so formuliert. „Es ist das Akzeptieren von Fakten“,
sagt Gote, „aber wir tun ja was und lassen es nicht einfach laufen.“
Gerade mal seit einem Monat und fünf Tagen ist Gote im Amt, die Sitzung des
Gesundheitsausschusses ist erst die zweite für die Grünen-Politikerin. Die
zweite als Senatorin, ist da hinzuzufügen. Denn an diesem Mittwoch zeigt
sich, was schon bei Auftritten vor dem gesamten Abgeordnetenhaus zu
beobachten war: Auch wenn sich Gotes Exekutiverfahrung auf zwei Jahre in
der Kasseler Stadtregierung beschränkt, so ist da doch ein sehr
redegewandter Politprofi [1][mit 20 Jahren bayerischer Landtagserfahrung]
in den Senat gekommen. Und zwar in einem Landtag, in dem die Grünen nicht
der Mehrheit angehören und sich als die eigentliche Opposition an der
dauerregierenden CSU abzuarbeiten haben.
Die Situation, die Gote im Ausschuss zu erklären hat, ist weiterhin nicht
einfach. Zu vielen in Berlin, auch bei den Abgeordneten, bleibt unklar,
wann welcher Test nötig ist und ob es nun gar keine Quarantäne mehr für
Kontaktpersonen in den Schulen gibt und wie es grundsätzlich weitergeht.
Dutzende von Fragen haben die Ausschussmitglieder, die – was nicht immer so
ist – an diesem Nachmittag fast durchweg auf Informationen und klare
Ansagen drängen, statt Co-Referate zu halten. Dass Gote wegen der neuen
Regeln oder Pläne für Quarantäne und Tests von einem „Strategiewechsel“
spricht, beschreibt die Lage aus Sicht der CDU-Fraktion allerdings nicht
wirklich: So richtig strategisch habe das in den letzten Wochen nicht
gewirkt.
Ansonsten beschönigt Gote wenig in Sachen Omikron, das nach ihren Zahlen
unter den Corona-Infektionen diese Woche eine Verbreitung von 97 Prozent
erreicht hat: „Wir sollten nicht so tun, als hätten wir die Möglichkeit, es
noch zu stoppen.“ Von Durchseuchung mag sie anders als
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD nicht sprechen – „ich
finde das Wort furchtbar“. Aber inhaltlich stimmt sie zu: „Es wird sich
jeder infizieren, das müssen wir zur Kenntnis nehmen“, sagt sie und schiebt
hinterher: „Die Gefahr ist zumindest da.“
## Fragen zu Tests sind noch offen
Nicht zu kapitulieren heißt für sie auch, daran zu erinnern, was die
Ausbreitung von Omikron zumindest verlangsamen kann: FFP2-Maske, Abstand,
weniger Kontakte – „es ist so banal, aber es ist das, was in der
angespannten Lage hilft“.
Gote räumt selbst ein, dass noch offen ist, was bei einer Priorisierung der
Tests den PCR-Test zum Bestätigen einer Infektion oder zum Freitesten aus
Isolation und Quarantäne ersetzen soll: Sind ein oder zwei Schnelltests
dafür nötig? Wer stellt die entsprechende Bescheinigung aus? Klar ist für
die grüne Senatorin, dass Letzteres nicht, wie von der Bundesregierung
gewünscht, die Gesundheitsämter leisten könnten – das würden auch die
Gesundheitsminister in den anderen Bundesländern so sehen.
Der Senat will laut Gote die Apotheken damit betrauen, aber möglicherweise
würden auch die Testzentren selbst diese Aufgabe übernehmen können. Am
Montag wird sie mit den anderen Ministern wieder konferieren, ein Vorschlag
soll dabei herauskommen. Mit dem wollen sich, so hat es Regierungschefin
Franziska Giffey (SPD) angekündigt, [2][die Ministerpräsidenten Mitte
Februar befassen] – just der Zeitpunkt, zu dem die Omikron-Welle ihren
Höhepunkt erreichen soll.
Offen gesteht Gote auch ein, dass der Senat bislang mit seiner Strategie zu
einer höheren Quote bei den Erstimpfungen gescheitert ist. 80 Prozent hatte
Giffey vor drei Wochen als Ziel bis Ende Januar ausgegeben. Doch die
damalige Quote von 75,3 Prozent wuchs seither [3][nur um 1,3 Prozentpunkte
auf 76,6]. Die von Giffey angeschobene Vor-Ort-Strategie mit aufsuchendem
Impfen, auch in Familienzentren, zieht laut Gote bislang nicht: „Das sind
große Anstrengungen mit relativ geringer Wirkung“, sagt die Senatorin und
will doch weiter daran festhalten, auch wenn es nur in kleinen Schritten
vorwärts gehe. Helfen soll auch eine „große Impfkampagne“ der
Bundesregierung, 60 Millionen Euro teuer, die Gote ankündigt.
Für die Lage an den Schulen erklärt sie auf SPD-Nachfrage aus dem Ausschuss
hin noch mal, was sie tags zuvor nach der Senatssitzung bereits mit Giffey
ausführte: dass in den Schulen Kontaktpersonen von Infizierten nicht mehr
nach Hause und in Quarantäne geschickt würden. Nun fügt sie noch hinzu:
„Quarantäne ist nicht verboten, sie wird nur nicht mehr vom Gesundheitsamt
ausgesprochen“ – wenn Eltern sich unsicher fühlten, können sie aus Gotes
Sicht ihre Kinder einige Tage zu Hause lassen und weiter testen.
Mit Bezug auf eine kritische Anmerkung aus den Reihen der CDU, dass
Deutschland beim Testen auf dem viertletzten Platz in Europa liege, mag
Gote allerdings den Wert von Tests nicht überbewerten: Hätte noch mehr
testen, testen, testen wirklich mehr gebracht?, fragt sie in den Raum –
„ich meine, ehrlich gesagt, nicht“.
26 Jan 2022
## LINKS
[1] https://www.bayern.landtag.de/abgeordnete/abgeordnete-von-a-z/profil/ulrike…
[2] https://www.rbb24.de/politik/thema/corona/beitraege/2022/01/bund-laender-ko…
[3] https://www.berlin.de/corona/lagebericht/
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
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