# taz.de -- Verkehrswende in Hamburg: In fünf Minuten kommt der Bus | |
> Hamburg will den öffentlichen Nahverkehr bis 2030 massiv ausbauen. Das | |
> Ziel: Niemand soll mehr auf den Fahrplan schauen müssen. | |
Bild: Fährt autonom: Kleinbus in der Hamburger Hafencity | |
Es war ein Coup im jüngsten Bürgerschaftswahlkampf: Im Dezember 2019 | |
stellte der damalige und heutige Bürgermeister Peter Teschentscher (SPD) | |
den „[1][Hamburg-Takt]“ vor. Bis 2030 soll das Bus- und Schnellbahnnetz so | |
ausgeweitet werden, „dass man in ganz Hamburg [2][innerhalb von fünf | |
Minuten ein Angebot des öffentlichen Nahverkehrs erreichen] kann“. | |
Mit dieser Ankündigung wilderte Tschentscher auf dem Gebiet der Grünen, die | |
ja schon länger die Verkehrswende auf den Weg bringen wollen, das aber eher | |
mit dem Fahrrad oder dem Wiederaufbau der Straßenbahn. Der Hamburg-Takt | |
brachte die SPD in die Offensive. Kern ist ein Ausbau und die | |
Modernisierung des U- und S-Bahn- sowie des Busnetzes, verbunden mit | |
besserem Service: Die Hamburger sollen Bus und Bahn fahren nicht nur, weil | |
ihnen nichts anderes übrig bleibt, sondern weil es Spaß macht und cool ist. | |
Um fast 50 Prozent soll die Zahl der mit Bussen und Bahnen zurückgelegten | |
Wege in den kommenden zehn Jahren steigen: von 22 auf 30 Prozent. Mehrere | |
Hundert Millionen Euro soll das kosten, so genau legt sich der Senat da | |
nicht fest. Angesichts der ständigen Staus in der Stadt sieht der Erste | |
Bürgermeister keine Alternative. „Das System ist grenzwertig ausgelastet“, | |
sagte er bei der Vorstellung seiner Vision. | |
Um die „fünf Minuten bis zum öffentlichen Verkehrsmittel“ gewährleisten … | |
können, sollen die Verkehrsunternehmen 750 emissionsfreie Busse zu den | |
bereits fahrenden 1.500 beschaffen. 600 zusätzliche Haltestellen sollen | |
auch in den weniger dicht bewohnten Stadtteilen den Anschluss | |
sicherstellen. Das Bussystem wird verstärkt durch zusätzliche | |
Expressbuslinien für größere Distanzen, neue Metrobuslinien, die selbst | |
einen 5-Minuten-Takt garantieren und für die es einen Übersichtsplan wie | |
bei der U-Bahn gibt, dazu mehr Standard-Stadtbusse und kleine | |
Quartiersbusse. | |
## Noch besser wäre eine Straßenbahn | |
Dieses Angebot soll für 85 Prozent der Hamburger vom frühen Morgen bis in | |
die Abendstunden gelten. 15 Prozent sollen durch Rufbusse und Sammeltaxen | |
mobil werden, wie etwa der VW-Dienstleistungstochter Moia, die heute schon | |
im Stadtgebiet unterwegs sind. Denn zum Stadtstaat gehören auch ausgedehnte | |
ländliche Gebiete wie das Gemüseanbaugebiet Vier- und Marschlande. | |
Überhaupt gilt die Garantie nur für die Stadt und nicht das gesamte Gebiet | |
des Hamburger Verkehrsverbundes, das auch die benachbarten Landkreise | |
einschließt. | |
Der ganze Aufwand soll auch dem Klimaschutz zugute kommen. Der Senat | |
rechnet mit einer Million Tonnen CO2 weniger pro Jahr. Zum Vergleich: Das | |
nun stillgelegte, erst 2015 ans Netz gegangene Hamburger Kohlekraftwerk | |
Moorburg hätte unter Volllast acht Millionen Tonnen ausgestoßen. | |
[3][Kritiker aus dem Umfeld der Initiative „Elbtram jetzt!“] rechneten | |
kürzlich vor, dass es noch besser ginge. Der Bau der neuen U-Bahn-Linie 5 | |
induziere auf zehn Jahre gerechnet jährlich 300.000 Tonnen CO2. Bei einer | |
Straßenbahn gehen die Studienautoren von einem Vierzigstel aus. Beim | |
Versuch, eine Straßenbahn zu planen, hat sich allerdings ein früherer | |
schwarz-grünen Senat schon die Finger verbrannt, weil Geschäftsleute und | |
Anwohner entlang der Strecke protestierten. | |
10 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburger-Senat-verspricht-Verkehrswende/!5645806 | |
[2] https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/13330322/2019-12-11-pr-bwvi-hamburg… | |
[3] /Bau-der-U5-in-Hamburg/!5801419 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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