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# taz.de -- Initiative zur Enteignung in Hamburg: Dürstend nach Enteignung
> Was Berlin kann, will Hamburg auch können: enteignen. Doch die
> Unterschiede auf dem Wohnungsmarkt sind groß. Ist der Volksentscheid
> übertragbar?
Bild: Neu bauen oder enteignen? Hamburg will sich auch mal an letzterem versuch…
Hamburg taz | Es war eine der wenigen guten Nachrichten am Wahlsonntag:
[1][Der Erfolg des Berliner Volksentscheids] „Deutsche Wohnen & Co.
enteignen“. 56,4 Prozent der Berliner Wähler*innen stimmten dafür, dass
alle Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnungen enteignet werden. Die
Freude über das eindeutige Ergebnis weckt auch in Hamburg Begehrlichkeiten.
„Hamburg – wann enteignen wir?“, fragt ein Kreis von Aktivist*innen, der
sich zu dem Thema zusammengefunden hat und am 10. Oktober erstmals
öffentlich einlädt.
„Wir wollen gemeinsam diskutieren, wie wir die Dynamik nach Hamburg holen
können“, sagt Christoph Kleine, Mitglied des Initiativkreises. „Verdrängu…
findet auch hier statt und die Mieten sind im Schnitt teurer als in
Berlin.“ Einen fertigen Plan gebe es noch nicht, vielmehr sei das Treffen
als Auftakt zur Entwicklung einer Kampagne gedacht.
Allerdings gibt es, obwohl die Wohnungsnot in beiden Städten vergleichbar
ist, einige Unterschiede. So ist Hamburgs größte Vermieterin kein
Immobilienhai, sondern das städtische Wohnungsunternehmen Saga. Auch ist
die Mieter*innenbewegung in Berlin schlagkräftiger und breiter
aufgestellt als in Hamburg. Als die Bewegung hier im Höhenflug war, 2009
das Gängeviertel besetzte und das „Recht auf Stadt“-Netzwerk gründete, war
Berlin noch so günstig, dass sich dort wenige für den Mietkampf
interessierten. Als die Problematik in Berlin später mit voller Wucht
einschlug, hatte man sich in Hamburg schon ein Stück weit an die Mondpreise
gewöhnt.
Zudem gelang es der Hamburger SPD, das Thema für sich zu vereinnahmen und
durch eine Bauoffensive den Mangel an Wohnraum im Vergleich zu anderen
Städten ein wenig abzufedern. Die Mietpreise drückt das jedoch kaum.
## Kann eine dritte Volksinitiative sinnvoll sein?
Allerdings laufen in Hamburg bereits zwei Volksinitiativen zum Thema
„Mieten“. [2][Die Initiative „Keine Profite mit Boden und Miete“]
erreichte vor einem Jahr die notwendigen 10.000 Unterschriften und
verhandelt derzeit mit dem Senat. Kommen die Parteien zu keinem Ergebnis,
gehen die Initiativen in die nächste Phase, das Volksbegehren.
Aber kann eine dritte Volksinitiative dann sinnvoll sein? „Berlin hat eine
Frage aufgeworfen“, sagt Kleine vom Initiativkreis. „Und zwar: Können sich
Mieter*innen gegen das angebliche Naturgesetz, dass Mieten immer
steigen, wehren? Diese Frage müssen wir auch hier diskutieren.“ Als
vergleichbarer Player zu [3][Deutsche Wohnen biete sich etwa Vonovia und
Heimstaden] an. Die Grenze von 3.000 Wohnungen, ab der die Enteignung
gefordert wird, könnte man für Hamburg herabsetzen.
Marc Meyer, Anwalt bei „Mieter helfen Mietern“ und Mitinitiator der
Volksinitiative „Keine Profite mit Boden und Miete“ findet das neue
Vorhaben grundsätzlich gut, zweifelt aber, ob die Unterschiede zwischen
Hamburg und Berlin nicht zu groß sind. Ob sich der Aufwand lohne, müsse
diskutiert werden, denn: Während der Volksentscheid in Berlin mit 240.000
Wohnungen im Eigentum großer Konzerne 15 Prozent des dortigen Mietmarktes
betreffe, komme man in Hamburg, wenn man die Wohnungen von Vonovia,
Heimstedten und der Immobiliengruppe TAG mit jeweils über 3.000 Wohnungen
zusammenrechnet, nur auf 30.000 Wohnungen – etwa vier Prozent des
Mietwohnungsbestandes. „Wenn man dann, um mehr Wohnraum zu enteignen, die
Grenze von 3.000 Wohnungen herabsetzt, bekommt man möglicherweise
juristische Probleme.“
Die Berliner*innen konnten argumentieren, dass das Grundrecht auf
Eigentum und Berufsausübung noch gewahrt ist, wenn nur Konzerne mit Besitz
über 3.000 Wohnungen enteignet werden. „Wenn du alle mit einem Besitz von
über 500 Wohnungen enteignest, hast du auch politisch eine andere
Diskussion“, sagt Meyer.
29 Sep 2021
## LINKS
[1] /Enteignungsvolksentscheid-in-Berlin/!5803784
[2] /Wohnungsmarkt-in-Hamburg/!5769990
[3] /Uebernahme-Deutsche-Wohnen-durch-Vonovia/!5786331
## AUTOREN
Katharina Schipkowski
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