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# taz.de -- Kunsttipps der Woche: Unaufhaltsame Anerkennung
> Mit Margarete Steffin würdigt „Greif zur Feder“ eine vergesse Autorin der
> Weimarer Arbeiter:innenbewegung. Bei Horse & Pony brummt der Keller.
Bild: Installationsansicht „Greif zur Feder“ von Ina Wudtke
Wo es Literatur gibt, gibt es auch Grafikdesign. Und das taucht in Ina
Wudtkes Ausstellung „Greif zur Feder“ an vielen Stellen auf. Etwa auf dem
Vorhang, wo sich im Stil afrikanischen Textildrucks das Motiv einer
Schreibfeder ständig wiederholt. Oder auf den Buchcovern der
Suhrkamp-Edition, dessen originale Gestaltung von Willi Fleckhaus wohl
schon bis in jeden Haushalt der Bundesrepublik vorgedrungen ist:
monochromes Deckblatt, feine horizontale Linien, darauf stehen in
Serifenschrift Autor:in und Titel: „Bertolt Brecht / Der aufhaltsame
Aufstieg des Arturo Ui“, zum Beispiel.
Ina Wudtke legt bei alpha nova & galerie futura eine ganze Reihe solcher
vermeintlicher Suhrkamp-Editionen aus. Doch auf den poppig
korrespondierenden Covern ist neben Bertolt Brecht in jener Serifenschrift
auch der Name Margarete Steffin verzeichnet. Die Berliner Arbeitertochter,
die Schriftstellerin, die Mitarbeiterin und Co-Autorin Brechts.
1941 zu früh im russischen Exil verstorben, ist Margarete Steffin vom
Kulturbetrieb der Nachkriegszeit verschluckt worden, so dass bis heute eben
immer nur Bertolt Brecht auf Buchtiteln auftaucht, auf denen auch ihr Name
stehen sollte. Die Figur der Steffin ist in Ina Wudtkes „Greif zur Feder“
exemplarisch dafür, wie eine Kunst der Arbeiter:innenbewegung aus
der Zeit der Weimarer Republik nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst in Ost-
und dann auch in Westdeutschland in den Kulturkanon aufgenommen und
zugleich in Teilen wieder ausgeblendet wurde. So reduziert konzeptionell
Wudtkes Arbeiten, eröffnet ihre [1][Ausstellung] das komplexe Dilemma einer
Kunst im Dienste der Politik – und holt vergessenes Lied- und Textgut
hervor.
## „Agressiver Optimismus“
Schon allein wegen dieser freien Installation im Keller, wo Rocco
Ruglio-Misurell auf drei dunkle Räume Arbeiten mit den Titeln „Flashcore“,
„Hyperballad“ und „HEART OF A CHAMPION“ lose verteilt, freut man sich, …
der Lockdown für Projekträume und somit auch für die von ihm kuratierte
Ausstellung bei [2][Horse & Pony] aufgehoben wurde. Hier wirbelt
Ruglio-Misurell Motive der Popkultur mit dunkler Energie durcheinander.
Auf einem Video in einer düsteren Ecke verarbeitet der Perfomancekünstlers
Ryan McNamara in zusammengeschnittenen Aufnahmen kleiner, sich
wiederholender Körperbewegungen die plötzliche Isolation im ersten
Lockdown. Einen Schritt weiter liegen in einem gekachelten Raum Monika
Grabuschniggs metallicfarbene Crocs aus Keramik wie vergessen auf dem
Boden, während im Rücken das in Neonlicht gefasste Pferd von Christa Joo
Hyun D’Angelo surrt.
„Agressiver Optimismus“ ist der Modus, in dem Ruglio-Misurell die Arbeiten
von sechs, vornehmlich US-amerikanischen Künstler:innen in den Räumen
einer ehemaligen Metzgerei zusammenbrachte, mit Hexen, psychedelischen
Körperstudien, Fashion und dem wunderbar agressiv-optimistischen
Ausstellungstitel „Hell, Yes!“.
## Die Sammlung Wemhöner in Berlin
Endlich öffnen die Ausstellungshäuser jenseits des Einzelhandels wieder. So
kann jetzt auch die in Berlin neu ankommende Sammlung Wemhöner einen
großformatigen Bilderzyklus von Micheal Müller zeigen.
Müller, der in seiner genreübergeifenden Arbeit geradezu manisch die
Grenzen von Kunst und Sprache austestet, versucht in seinen „Schwierigen
Bildern“ die heutigen Möglichkeiten der abstrakten Malerei auszuloten. Zu
sehen ist die Serie in einem [3][alten Ballhaus], das sich gerade im Rohbau
befindet. Das Setting ist – man kann es nicht anders sagen – spektakulär.
25 May 2021
## LINKS
[1] https://www.galeriefutura.de/greif-zur-feder/
[2] https://horseandpony.online/
[3] https://www.sammlung-wemhoener.com/austellungen.html
## AUTOREN
Sophie Jung
## TAGS
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