| # taz.de -- Kulturschaffende in Coronakrise: Durchs Raster gefallen | |
| > Die Bundesregierung hat in der Coronakrise viele Hilfsmaßnahmen | |
| > beschlossen, auch für den Kulturbereich. Aber helfen sie? | |
| Bild: Raumgreifende Installationskunst im Atelier von Ka Bomhardt | |
| Müsste er allein vom Singen leben, wäre Wilko Reinhold niemals über die | |
| Runden gekommen. Zumal unklar ist, wie viele Runden er und andere | |
| Kulturschaffende in der Warteschleife von Covid-19 noch drehen müssen. | |
| Weshalb er gleich in der ersten Runde, Ende März, bei der Berliner | |
| Investitionsbank IBB die Soforthilfe II des Landes Berlin für | |
| Soloselbstständige beantragte. „Es war unklar, wofür man das Geld ausgeben | |
| darf. Ich habe es trotzdem beantragt, ich muss ja meine Miete zahlen.“ | |
| Reinholds Antrag ging rechtzeitig ein, innerhalb von zwei Tagen floss Geld | |
| auf sein Konto: 5.000 Euro. „Das war ziemlich cool“, sagt der ausgebildete | |
| Tenor. „Ich führe seither eine Liste über meine Verluste.“ | |
| Schon einmal, zu Beginn des Shutdowns, [1][hat die taz den Sänger, eine | |
| bildende Künstlerin, einen Schauspieler und eine Museumspädagogin | |
| getroffen], um über ihre Situation zu berichten. Wie ist es ihnen ergangen? | |
| Haben sie von den Fördermaßnahmen profitiert? Mussten sie Grundsicherung | |
| beantragen? Haben sie ihrer künstlerischen Berufung abgeschworen? So viel | |
| lässt sich sagen: Niemand ist ganz untergegangen, das Schwimmen gegen den | |
| Strom ist anstrengend, aber manchmal gehen einem dabei schlaue Gedanken | |
| durch den Kopf. | |
| Wilko Reinhold, 30, vor sich einen Latte macchiato, hat mehrere Standbeine: | |
| Seinen Lebensunterhalt bestreitet er „zu 80 Prozent“ durch Unterricht – an | |
| der Berliner Universität der Künste (UdK) und privat. Trotzdem fehlen ihm | |
| die Live-Auftritte, die Ensemblearbeit, auch die Motivation und der Druck | |
| zu üben, sagt er. Abgesagt wurden alle seine Konzertauftritte für dieses | |
| Jahr, Anfragen sind keine reingekommen. Von den fünf Chören, mit denen er | |
| als Stimmbildner arbeitet, setzen vier noch immer komplett aus. | |
| Die Berliner Universität der Künste, wo Reinhold als Freier nur acht | |
| Wochenstunden unterrichten darf, hatte im März den Lehrbetrieb eingestellt. | |
| Reinhold betreute seine Studierenden online weiter. Er gehörte außerdem zu | |
| der Taskforce, die sich um drängende Fragen kümmerte: Wie bewerkstelligt | |
| man ein digitales Semester? Welches Equipment braucht es? „Das Schöne ist, | |
| dass die Hierarchie etwas aufgebrochen wurde. Sonst hat man als | |
| Lehrbeauftragter nicht oft etwas zu sagen. Gerade der Bereich klassischer | |
| Gesang ist oft noch sehr konservativ.“ | |
| ## Nie gleichzeitig, nie zusammen singen | |
| Seinen Privatschüler*innen hatte Reinhold gleich zu Beginn digitalen | |
| Unterricht angeboten, anfangs zu verminderten Honorarsätzen, obwohl es | |
| keineswegs weniger Arbeit sei. Inzwischen gibt er wieder Einzelunterricht | |
| in einer Musikschule, wo er stundenweise einen Raum mietet. Das bedeutet: | |
| drei Meter Abstand halten, nie gleichzeitig, nicht zusammen singen. | |
| Zwischen den Unterrichtseinheiten halbstündige Lüftungspausen einlegen. | |
| „Das macht an einem Tag schnell viereinhalb Stunden mehr“, sagt Reinhold. | |
| „Die bekomme ich nicht bezahlt, deshalb unterrichte ich auch nicht | |
| präsent.“ | |
| Ein Problem, das auch Sascha Oliver Bauer kennt. Der Schauspieler und | |
| Regisseur, 40, arbeitet als Synchronsprecher. „Synchronschauspieler“, | |
| präzisiert er. „Wir müssen weinen, schreien, lachen, da ist alles dabei. | |
| Das geht alles gogogo“, sagt er und schnippt energisch mit den Fingern. Die | |
| Texte liest er vom Monitor ab, zu sehen ist für ihn nur der Mund der | |
| Person, die er lippensynchronisiert. Es sind kleine Rollen, dafür viele – | |
| Polizisten oder Feuerwehrleute aus dem New York Police Department etwa. | |
| Zwischen jeder Aufnahme muss gelüftet, alles desinfiziert werden. Aus 30 | |
| Minuten werden so zwei Stunden. | |
| „Es hat sich alles bewahrheitet“, sagt er über seine Coronazeit. „Die | |
| ersten Wochen habe ich wie paralysiert im Bademantel auf dem Sofa | |
| verbracht.“ Nichts lief: kein Synchronstudio, seine „Tosca“-Inszenierung | |
| und Sommerfestivals – abgesagt. Trotzdem klingt Bauer fröhlich, eben hat er | |
| die Zusage aus Hamburg erhalten, ab September in einem Musical die | |
| Hauptrolle zu spielen. Das bedeutet: ein fester Vertrag für ein paar | |
| Monate, später Anspruch auf Arbeitslosengeld. Das bedeutet, aus der | |
| Grundsicherung, die er neben der Soforthilfe beantragen musste, wieder | |
| rauszugehen. Er ist des Lobes voll: „In einem Land zu leben, wo sofort | |
| Hilfe angeboten wird, finde ich toll. Das ist weltweit eine Sensation.“ | |
| Sein Antrag sei problemlos beim Sozialamt durchgegangen. | |
| ## „Keiner kapiert es richtig“ | |
| Veronika Mirschel vom Referat „Selbstständige“ bei der Gewerkschaft Verdi | |
| kennt andere Fälle: „Wie die vereinfachte Beantragung der Grundsicherung zu | |
| behandeln ist, wissen einige Sachbearbeiter nicht.“ Vereinfacht heißt, | |
| vereinfacht gesagt: keine Vermögensprüfung, keine Mietobergrenze, wie sonst | |
| bei Hartz IV. Bundesweit seien bis Ende Juni 68.000 Anträge auf | |
| Grundsicherung eingegangen, sagt Mirschel, eine Vervierfachung. Letztlich | |
| seien dies „erstaunlich wenig Anträge“, das hinge mit dem „schlechten | |
| Nimbus“ von Sozialhilfe zusammen. „Es war gut gemeint“, sagt sie, „aber… | |
| Politik hat in den drei Monaten nichts dazugelernt.“ | |
| Sind die Soloselbstständigen trotz aller Hilfsmaßnahmen für die Kultur | |
| durchs Raster gefallen? Wurde nicht gerade erst eine „Kulturmilliarde“ | |
| innerhalb des Konjunkturpakets der Bundesregierung lockergemacht? | |
| Soloselbstständige sind für Mirschel besonders „dumm dran“. Das fing mit | |
| der Soforthilfe II an, die nicht für Lebenshaltungskosten verwendet werden | |
| durfte – einige Länder wie Berlin machten da eine Ausnahme. Bis die Kasse | |
| leer war, und das war sie schnell. | |
| Seit Monaten schieben sie bei der [2][Gewerkschaft] Extraschichten. „Keiner | |
| kapiert es richtig“, sagt Veronika Mirschel, denn weder gebe es „eine | |
| Einheitlichkeit bei der Größenordnung der Hilfen noch bei den | |
| Programmformen“. Für die vom Bund neu beschlossenen Überbrückungshilfen f�… | |
| Soloselbstständige und Kleinfirmen gilt: nur Betriebskosten – wie | |
| Büromieten, Leasingraten, Kredite – dürfen geltend gemacht werden. Wer | |
| einen Antrag stellen will, muss ihn von einem Steuer- oder | |
| Wirtschaftsprüfer bestätigen lassen. Welcher Soloselbstständige mit | |
| kleinerem oder mittlerem Einkommen kann sich den schon leisten? | |
| ## Soloselbständige und Freiberufler | |
| 1,3 Millionen Menschen arbeiten laut Informationsdienst des Instituts der | |
| deutschen Wirtschaft (iwd) im [3][Kulturbereich], davon rund 34 Prozent als | |
| Soloselbständige oder Freiberufler. Das ist viel – in der gesamten | |
| Wirtschaft beträgt der Anteil der Soloselbständigen nur 10 Prozent. Am | |
| höchsten ist der Anteil der Soloselbständigen beim Kunsthandwerk und in der | |
| bildenden Kunst. | |
| „Erst werden diese Leute in die Soloselbstständigkeit getrieben“, sagt | |
| Heidi Sill, Sprecherin des bbk berlin (berufsverband bildender | |
| künstler*innen berlin), „und jetzt auch noch in die Grundsicherung.“ Die | |
| Regierung sei der Meinung, es handele sich nicht um Arbeitslosengeld oder | |
| Hartz IV. „Das ist weltfremd. Zugleich erhöhen sie das Geld für | |
| Kurzarbeiter. Ohne zu sehen, dass die Soloselbstständigen in den Keller | |
| gehen.“ Die Berliner bbk-Sprecherin hat noch ein anderes Problem mit der | |
| Grundsicherung: „Die Künstler*innen sind ja nicht arbeitslos.“ | |
| Sie arbeiten, manchmal wie verrückt. Ka Bomhardt, 57, hat nach Wochen der | |
| Verunsicherung ihren Elan wiedergefunden. Ihr Atelier liegt im Berliner | |
| Stadtteil Wedding, die großen Fenster gehen auf den kleinen Fluss Panke | |
| hinaus. „In der Coronazeit habe ich mich etwas getraut“, sagt Bomhardt, als | |
| wundere sie sich über sich selbst. So klingt sie öfter, ein Mensch, der | |
| nicht aufhört, Fragen an sich und seine Umwelt zu formulieren. An der Wand | |
| hängt eine Serie mit Kohlezeichnungen, auf dem Boden liegen zwei | |
| Papierröhren, dazwischen durchbrochenes lilafarbenes Plastik wie von einer | |
| Stuhlfläche. Oben trägt das Objekt ein langärmeliges T-Shirt. „Ich habe | |
| innerhalb einer Installation noch nie etwas mit einer menschlichen | |
| Assoziation gemacht“, sagt Bomhardt. | |
| ## Fundstücke von der Straße | |
| Die Künstlerin arbeitet mit Fundstücken von der Straße, mit Spiegelbildern, | |
| Farbähnlichkeiten, wohin ihre Gedanken und Gedankensprünge sie eben tragen. | |
| „Manchmal will ich nur Spaß haben, Humor ist mir ganz wichtig.“ | |
| Installationskunst verkauft sich schlecht, sie ist raumgreifend, selten | |
| wohnungstauglich. „Unser Beruf hat sich extrem gewandelt“, sagt Bomhardt. | |
| „Früher wurden Künstler von Galeristen vorab bezahlt, so etwas kennen wir | |
| gar nicht mehr.“ Mit „wir“ meint sie „das Gros der Künstler“, das �… | |
| untergeordneten Liga“ spielt. Das ist bescheiden, denn Bomhardt versucht, | |
| von ihrer Kunst zu leben, bessert ihren Lebensunterhalt allerdings durch | |
| Zimmervermietung und Fassadengestaltung auf. | |
| Grundsicherung hat Bomhardt – neben der Soforthilfe – nicht beantragt. „I… | |
| muss schon mein eigenes Geld verdienen.“ Künstlerstolz. Für den Fall, dass | |
| gar nichts mehr geht, würde sie bei ihrem Bruder einen Kredit aufnehmen. | |
| „Ums nächste Jahr mache ich mir Sorgen. Die hätte ich mir zwar sonst auch | |
| gemacht. Aber die Parameter ändern sich durch Corona.“ Schließlich steht | |
| auch der Fortbestand der Galerien infrage. | |
| ## Schwieriges Jonglieren | |
| Niemand weiß, wie sich Pandemie und kulturelles Leben entwickeln werden. | |
| Wie viele Menschen können eine Theater- oder Kinovorstellung besuchen? | |
| Dürfen Chöre wieder singen? Feiern Galerien wieder Vernissagen? Werden | |
| Museen wieder Führungen veranstalten? | |
| Die Museumspädagogin Elisabeth Anschütz, 37, macht Führungen in sechs | |
| Gedenkstätten Berlins mit Schwerpunkt NS-Geschichte. In den letzten Monaten | |
| hat sie von kleinen Werkaufträgen gelebt und von der Soforthilfe II. Da sie | |
| ihren Master vorbereitet, kann sie als Studentin keine Grundsicherung | |
| beantragen. Den Notfall-Kinderzuschlag schon, bisher ohne Bescheid. „Das | |
| Jonglieren in den letzten Monaten war schwierig“, sagt sie, „ich bin | |
| ausgelaugt.“ Als alleinerziehende Mutter musste sie ihre beiden Kinder zu | |
| Hause betreuen. Für ihre Arbeit und die Schularbeiten der Kinder stand | |
| allen drei nur ein Computer zur Verfügung. | |
| Die Ferienwochen verbringt Anschütz bei ihrem Vater in Brandenburg. | |
| Aufträge für den Herbst hat sie noch keine. „Gerade in den kleineren | |
| Häusern ist das Einhalten von Abstandsregeln sehr schwierig.“ | |
| Gruppenführungen – derzeit undenkbar. Schon im Januar hatten sich die | |
| Museumspädagog*innen aus dem Netzwerk „Geschichte wird gemacht“ mit einem | |
| offenen Brief an Berlins Kultursenator und Staatsministerin Monika Grütters | |
| gewandt, worin sie eine grundlegende Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen | |
| fordern. | |
| Verbessert, so viel lässt sich sagen, hat sich in der Coronazeit nichts. | |
| Gespräche mit einzelnen Häusern fanden statt, weiß Anschütz, aber „ohne | |
| konkrete Ergebnisse“. Museumspädagog*innen werden nicht nur in die | |
| Soloselbstständigkeit gedrängt, sondern sind besonders gestraft: Ihr Beruf | |
| gilt als Gewerbe. Das hat Folgen bei der Umsatzsteuer und bei der | |
| Krankenversicherung. Sie haben kein Anrecht auf die Künstlersozialkasse. | |
| ## Wachsende Bedeutung, stagnierende Bezahlung | |
| Der Deutsche [4][Kulturrat], der Verband der Verbände, hat kürzlich eine | |
| [5][Studie] zum „Arbeitsmarkt Kulturmarkt“ veröffentlicht. Kultur sei | |
| längst „kein Nischenmarkt mehr“, stellt Geschäftsführer Olaf Zimmermann | |
| fest. Dennoch sind die Einkommen nach wie vor eklatant niedrig, vor allem | |
| Frauen werden strukturell benachteiligt. Wie erklärt er die Diskrepanz | |
| zwischen wachsender Bedeutung und stagnierender Bezahlung? | |
| „Die Zahl der Künstler und Künstlerinnen hat sogar abgenommen“, erklärt … | |
| am Telefon. Gestiegen sei aber der Anteil an kultureller Bildung, im | |
| Management, bei der Technik. Das Drumherum eben. Zweitausend Kulturmanager | |
| werden pro Jahr ausgebildet, sagt Zimmermann, „es wurden aber nie die | |
| Voraussetzungen dafür geschaffen, dass sie im Kulturbereich eine Anstellung | |
| finden. Es ist auch Schuld der Kulturpolitik, dass viele prekäre Strukturen | |
| entstanden sind.“ | |
| Selbstständige Kulturschaffende leben oft von Auftrag zu Auftrag, können | |
| keine Rücklagen bilden. „Es gibt inzwischen mehr Miniselbstständige als | |
| Selbstständige“, sagt Zimmermann, „das ist erschreckend.“ Sie verdienen | |
| weniger als 17.500 Euro im Jahr und werden deswegen auch nie auf die nötige | |
| Anzahl an Jahren und den Verdienst kommen, um einmal Grundrente beantragen | |
| zu können. Ka Bomhardt ärgert das: „Erst werden Künstler nicht richtig | |
| bezahlt, und dann wirft man ihnen vor, nicht genug verdient zu haben.“ | |
| Baden-Württemberg hat deswegen in der Coronakrise ein alternatives Programm | |
| entwickelt: den fiktiven Unternehmerlohn in Höhe von 1.180 Euro. NRW und | |
| Thüringen planen Ähnliches. Auch Kulturrat, Gewerkschaft und Verbände | |
| fordern den Unternehmerlohn, der Bund widersetzte sich. „Das würde den | |
| Staat nicht mehr kosten, als wenn man die Betreffenden in Hartz IV | |
| schickt“, bedauert Heidi Sill, Sprecherin des bbk berlin. „Aber man ließe | |
| den Leuten ihre Selbstachtung und zeigt Respekt.“ | |
| ## Kulturelle Grundlagenforschung | |
| Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat ist „zunehmend unsicher“, ob der | |
| klassische Unternehmerbegriff auf Kunst- und Kulturschaffende überhaupt | |
| noch zutrifft. „Sie haben eine besondere Lebensform gewählt “, sagt er. | |
| „Sie leisten öffentliche Arbeit, kulturelle Grundlagenforschung. Vielleicht | |
| sollte man eher nach Modellen suchen, die an die Wissenschaftsförderung | |
| anknüpfen.“ | |
| Krisen wie Corona legen strukturelle Schwächen – und Stärken – offen. „… | |
| sehe auch Potenzial für Veränderbarkeit in der Krise“, sagt Fanni | |
| Halmburger, „für mehr Solidarität und eine Überarbeitung der Strukturen.“ | |
| Die 48-Jährige ist Mitglied des achtköpfigen Performance-Kollektivs | |
| [6][Sheshepop] und Mitbegründerin des Landesverbands freie darstellende | |
| Künste (LAFT) in Berlin. „Ich beschäftige mich schon lange damit, wie man | |
| als Künstler*in solidarisch sein kann“, sagt Halmburger. „Das ist gar nicht | |
| so einfach. Man konkurriert um Gelder, Häuser, Anerkennung. Deshalb ist es | |
| wichtig, für Veränderung von Strukturen gemeinsam einzustehen, von denen | |
| alle dann profitieren können. Aber ich merke auch, dass Solidarität seine | |
| Grenzen hat. Jeder Einzelne muss lernen, für sich selbst zu sprechen. Erst | |
| dann entsteht Gemeinsamkeit.“ | |
| Halmburger ist zu Besuch in die taz-Kantine gekommen, die letzten Tage | |
| verbrachte sie mit ihrer Familie auf dem Land. Elf Gastspiele sind dem | |
| Kollektiv weggebrochen. „Wir haben viel diskutiert: über gerechte | |
| Verteilung, für wen wir verantwortlich sind und auch, ob man die Krise | |
| nicht einfach Krise sein lassen kann und Pause macht?“ Sie schüttelt den | |
| Kopf. „Das ist leider kaum möglich, da wir keine Rücklagen haben und | |
| produzieren müssen, um leben zu können.“ Sheshepop hatte zunächst keine | |
| Soforthilfe beantragt, weil es sich nicht in der ersten Reihe sah, dann war | |
| das Geld schon verbraucht. „Stattdessen haben wir unsere Preisgelder | |
| verhökert“, erzählt Halmburger nur halb amüsiert, Geld, das eigentlich für | |
| etwas anderes gedacht war. | |
| ## Sichtbar bleiben | |
| Die Produktionen von Sheshepop, auf autobiografischem Material basierend, | |
| sind mehrfach ausgezeichnet worden. Die Truppe hat versucht, andere Gelder | |
| zu beantragen, „aber nirgends passen wir rein“, sagt Halmburger. „Dann | |
| denkt man schon: Unsere Strukturen werden immer noch nicht verstanden. Wir | |
| haben hohe Personalkosten und relativ geringe Fixkosten.“ Ein | |
| grundsätzliches Problem. „Wir sind keine Solokünstler, sondern eher wie ein | |
| kleines Haus – bloß ohne Immobilie.“ | |
| Halmburger ist bei Sheshepop in der AG Zukunft aktiv, bei den Produktionen | |
| für Video und Bühne zuständig. Das AG-System heißt: öfter mal die | |
| Perspektive wechseln. Das Kollektiv bedeutet: möglichst im Konsens | |
| entscheiden. Theater spielen bedeutet: sichtbar bleiben. Kultur galt | |
| schließlich nicht als systemrelevant. | |
| Sheshepop wird Ende September die neue Spielzeit im HAU (Hebbel am Ufer) | |
| mit einer neuen Produktion eröffnen, zwei Wochen früher als ursprünglich | |
| geplant. Fünf Wochen lang dürfen sie auf der Originalbühne proben. „Der | |
| pure Luxus“, sagt Halmburger. Das wird es nach Corona so schnell nicht mehr | |
| geben. | |
| 28 Jul 2020 | |
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| [2] https://www.facebook.com/search/top?q=selbst%C3%A4ndigeh%20verdi | |
| [3] https://www.iwd.de/artikel/corona-krise-trifft-selbststaendige-in-der-kultu… | |
| [4] https://www.kulturrat.de | |
| [5] https://www.kulturrat.de/wp-content/uploads/2020/06/Frauen-und-M%C3%A4nner-… | |
| [6] https://sheshepop.de | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine Seifert | |
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