| # taz.de -- Singen in Coronapandemie: Chöre kriegen die Krise | |
| > In der Coronapandemie steht Singen unter Verdacht der gefährlichen | |
| > Aerosol- und Tröpfchenbildung. Kann man dagegen ansingen? | |
| Bild: Der Berliner Rundfunkchor probt mit Chefdirigent Gijs Leenaars im großen… | |
| Zart und leise heben die Männer- und Frauenstimmen im Tutti an, es ist ein | |
| melodisches Wogen zwischen piano und pianissimo, über das sich bald die | |
| klare Tenorstimme von Joo-hoon Shin legt. Der Solist des [1][Berliner | |
| Rundfunkchors] steht im weißen Pulli am linken Bühnenrand des Großen | |
| Sendesaals des Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Neben dem Sänger | |
| auf der Bühne spielt kein Orchester. Stattdessen sitzen dort seine | |
| Mitsänger, Tenöre und Bässe, jeder mit gebührendem Abstand auf einem Stuhl. | |
| Unten im Zuschauerraum stehen oder sitzen die Sängerinnen – Alt- und | |
| Sopranstimmen auf oder zwischen den Stuhlreihen. In ihrer Mitte ein | |
| improvisiertes Regiepult auf einer Holzplatte, die quer über den Sitzreihen | |
| liegt, wo Chefdirigent Gijs Leenaars vor einem E-Piano sitzt. | |
| Der Rundfunkchor Berlin probt fürs Weihnachtskonzert: Sergei | |
| [2][Rachmaninoff]s „Allnächtliche Wache“ aus dem Jahr 1915, ein | |
| liturgisches Stück in altslawischer Sprache. Anspruchsvoll. Im ersten Rang | |
| sitzt Maria Dribinsky, die russische Sprachtrainerin, die hier und da die | |
| Aussprache korrigiert. Das g – der Konsonant – sei beim Alt im Rachen zu | |
| hoch angesetzt. „Wisst ihr, was ihr singt?“, fragt Gijs Leenaars den Tenor. | |
| „Die Tränen und die Myrte muss man sehen“, er singt die Tränen weich vor, | |
| „danach kann wieder konkrete Erzählung kommen.“ Der Chor singt die Passage | |
| aus der Nummer 9 nochmals. „Wie war’s?“ fragt der Dirigent die | |
| Sprachtrainerin. – „Genial.“ | |
| Die Nummer 5 und später die Nummer 9 aus der „Wache“ werden einmal | |
| durchgesungen, dann in Passagen und Einzelstimmen auseinandergenommen, | |
| wieder zusammengesetzt. Nach 30 Minuten Probe ist Pause, es wird gelüftet, | |
| die Wege, wer wo wie (nämlich allein) sein Pausenbrot verzehren oder die | |
| Toilette benutzen kann, sind auf Boden oder Türen markiert. Ein | |
| Einbahnstraßensystem. Links vom Sendesaal geht es herein, rechts heraus. | |
| Kaum zu glauben, dass in diesen Zeiten überhaupt eine Tutti-Probe mit 63 | |
| Sänger*innen möglich ist. Der über 1.200 Quadratmeter große Sendesaal des | |
| RBB mit einer Deckenhöhe von elf Metern macht es möglich, so viele Menschen | |
| mit zwei Metern Abstand und versetzt zu platzieren. Doch für Publikum oder | |
| Orchester wäre kein Raum mehr. Den Rachmaninoff, ohnehin geplant, haben sie | |
| als A-cappella-Stück deswegen vorgezogen. | |
| ## Premiere im Dezember – oder auch nicht | |
| Das Konzert soll, man will optimistisch bleiben, vor Publikum im Dezember | |
| im Berliner Dom stattfinden. Es ist dies der Ort, dessen Chor den ersten | |
| Chor-Corona-Skandal ausgelöst hatte. 60 von 80 Mitgliedern hatten sich bei | |
| einer Probe der Domkantorei mit Covid-19 infiziert. Das war Anfang März und | |
| zu einer Zeit, als es noch keine Hygienekonzepte, Abstandsregeln und | |
| Lüftungsempfehlungen gab. Doch vielleicht war das Land Berlin deswegen | |
| besonders streng. Mehrere Monate galt allgemeines Probenverbot, länger als | |
| in jedem Bundesland. „Die Maßnahmen für Chöre sind wesentlich strenger als | |
| für Orchester“, sagt [3][Gijs Leenaars], 42, gebürtiger Niederländer, der | |
| seit 2015 den Rundfunkchor leitet. | |
| Zwei Tage nach der Rachmaninoff-Probe ist der zweite Shutdown beschlossene | |
| Sache. Anders als Amateur- und Kirchenchöre dürfen die Profis unter | |
| Einhaltung der Hygieneauflagen des Berliner Senats dieses Mal weiter proben | |
| – bloß auftreten dürfen sie nicht. „Ob es hilft, Theater und Konzertsäle… | |
| schließen, wage ich zu bezweifeln“, sagt Gijs Leenaars ein paar Tage später | |
| in seinem Büro im Haus des Rundfunks. „Wirklich beurteilen kann ich das | |
| natürlich nicht, aber ich verstehe, dass die Politik ein Zeichen setzen | |
| will.“ Der Chor passt sich den Gegebenheiten an. Im September kam „The | |
| World to Come“ als Konzertparcours – eine Auseinandersetzung mit Beethovens | |
| „Missa solemnis“ – in einer Lagerhalle zur Uraufführung. | |
| „Die szenische Erfahrung, in unterschiedlicher Aufstellung im Raum zu | |
| singen, hilft uns jetzt“, sagt die Altistin Sabine Eyer in einer | |
| Rachmaninoff-Pause im Chorbüro. Seit 2011 singt sie fest im Rundfunkchor. | |
| „Die großen Abstände zwischen uns Sängern und Sängerinnen sind ein großes | |
| Problem. Aber man lernt damit umzugehen.“ | |
| Im März, als der erste Shutdown kam, war Eyer, schwarze lange Haare, | |
| weinrotes Kleid, im Chorvorstand. Die 63 Festangestellten wurden in | |
| Kurzarbeit geschickt. „Ich fühlte mich wie vor die Wand gefahren“, sagt die | |
| 41-Jährige. „Aber das Schlimmste war, dass wir nicht wussten, wie es | |
| weitergeht.“ Als der Chor Ende Mai seine Probenarbeit wieder aufnehmen | |
| durfte, bedeutete dies anfangs, Abstände von drei Metern nach allen Seiten, | |
| nach vorne sogar sechs. Wie soll man sich da gegenseitig hören? „Lieber mit | |
| dieser Schwierigkeit proben, als seinen Beruf nicht ausüben zu können“, | |
| sagt Eyer klar. Mit der Infektionsschutzverordnung für Berlin von Ende Juni | |
| musste der Probenbetrieb erneut eingestellt werden. Erst im August kam die | |
| Lockerung. Ein Hin und Her. | |
| Hat der Rundfunkchor digital geprobt? – „Nein“, sagt Eyer. Zu viel | |
| Zeitverzögerung, so entsteht kein gemeinsamer Klang. Masken oder | |
| Plexiglasscheiben? – „Masken können das Abstandhalten nicht ersetzen“, s… | |
| Leenaars, so viel weiß man inzwischen über die Aerosolbildung. Und die | |
| Plexiglaswände schluckten Klang und reichten ohnehin nicht bis an die | |
| Decke, wo dann oben die Aerosole schwebten. Leenaars, ein schlaksiger Typ | |
| mit Brille und Jeans, hält nicht viel von Zoom-Proben: „Gut, dass es die | |
| gibt, aber für mich hat es wenig zu tun mit echtem Austausch.“ | |
| ## Dirigieren, ohne die Sänger sehen zu können | |
| Während der Probe sitzt der Dirigent auf seiner Plattform inmitten seiner | |
| Sänger*innen. „Ich muss mich ständig drehen,“ sagt Gijs Leenaars, „und | |
| manche habe ich dann im Rücken und kann sie nicht sehen.“ Und sie ihn | |
| nicht. „Den Chorklang zusammenzubekommen, ist bei diesen Abständen | |
| superschwierig“, erklärt Leenaars. „Der Klang braucht Zeit, um vom einen | |
| zum anderen Ende des Raums zu gelangen.“ Seine Sänger*innen sind darauf | |
| trainiert, zu hören und sich einzustimmen. „Jetzt müssen sie reagieren auf | |
| das, was sie sehen, was ich zeige, und nicht auf das, was sie hören.“ | |
| Der Berliner [4][Charité Chor] hat weniger Probleme mit digitalen Proben. | |
| Was bleibt ihm auch anderes übrig, da die Politik gemeinsames Singen im | |
| geschlossenen Raum – außer für Profis oder von Gläubigen im Gottesdienst �… | |
| ab dem 2. November untersagt hat? Kirchenchöre haben strikt zu schweigen, | |
| Gospelchöre, Popchöre, Polizeichöre, Kammerchöre – an die 2.500 | |
| Amateurchöre soll es allein in Berlin geben, rund 300 von ihnen sind im | |
| Chorverband Berlin organisiert. | |
| Am Mittwochabend nach dem neuen Shutdown ist ein Probenbesuch beim Charité | |
| Chor Berlin nur noch virtuell möglich. Es ist 19.15 Uhr; bis sich die 22 | |
| Teilnehmenden des Abends zugeschaltet haben, ist Small Talk angesagt. „Was | |
| hast du heute gemacht?“ – „Was habt ihr in der Tasse?“ – „Was spiel… | |
| nachher?“ Ein privates Gespräch ist so nicht möglich, aber ein digitaler | |
| Stammtisch, wie ihn der Charité Chor, der etwa zur Hälfte aus Studierenden | |
| des Fachs Medizin besteht, im Anschluss an die Probe plant. | |
| Chorleiter [5][Adrian Emans], 32, beginnt das Einsingen mit Wippen, Hüpfen, | |
| Springen zur Lockerung, erst dann spielt er einen Ton am Klavier an, um | |
| „Fallalallala“ zu singen, „mit weitem a, „passt auf, dass der Vokal nic… | |
| nach vorne fällt“. Er bittet alle, einen Akkord anzustimmen, danach | |
| schaltet er die Gruppe stumm, „gemeinsam über Zoom singen geht einfach | |
| nicht“. Nun hört jeder nur noch die eigene Stimme. | |
| Für die Probe hat Emans, dunkle Haare, dunkler Bart, die Motette op. 69 von | |
| Mendelssohn rausgesucht: „Ein neues Stück anzulegen geht digital relativ | |
| gut“, hat er am Morgen erklärt. Sie hören gemeinsam eine Aufnahme des | |
| Stücks, dann geht der Chor in eine „Stillarbeitsphase“, während der | |
| Chorleiter einen Breakout-Room eröffnet, eine Art digitales Sprechzimmer, | |
| in dem ihm einzelne Sänger Fragen stellen können. | |
| Emans lebt seit 2009 in Berlin und ist, wie es jetzt immer heißt, | |
| soloselbständig (als wäre jemand, der selbständig arbeitet, nicht ohnehin | |
| auf sich allein gestellt). Etwa 50 Konzerte, die er hätte dirigieren | |
| sollen, sind seit dem Frühjahr ausgefallen, plus acht Wettbewerbsauftritte, | |
| rechnet er nach. Drei Chöre leitet Emans – neben dem Charité Chor noch den | |
| Neuen Kammerchor Berlin und den Neuen Männerchor Berlin, alle drei von ihm | |
| gegründet. Überbrückungshilfe hat er im Frühjahr nicht beantragt, weil sein | |
| Honorar von zwei Chören weiterlief – er fand, andere sind ärmer dran. Im | |
| September hat er beim Berliner Senat ein projektgebundenes | |
| Künstlerstipendium beantragt und auch zugesagt bekommen. | |
| Für den Chorverband Berlin hat Emans das Hygienekonzept und Tutorials fürs | |
| digitale Proben mit erarbeitet, Videos gedreht, Räume und technisches | |
| Equipment organisiert. „Meine Batterie ist alle“, sagt er im Gespräch, das | |
| coronakonform in seinem Moabiter Hinterhof stattfindet. „Seit März bin ich | |
| damit beschäftigt, zu retten, zu retten, zu retten.“ Emans klingt entnervt. | |
| „Die Arbeit von jungen etablierten Ensembles hat sich total geändert. Es | |
| geht viel mehr ums Soziale, darum, die Gruppe zusammenzuhalten. Und | |
| musikalisch lebt man mit Kompromissen.“ | |
| Um die 100 Locations haben er und seine Chöre im Sommer angefragt – da die | |
| üblichen Probenräume unter den geltenden Hygienebedingungen viel zu klein | |
| waren. Im Sommer hat er dann zwei oder drei Mal die Woche unter einem | |
| Brückenbogen an der Spree gestanden und bei den Proben Bekanntschaft mit | |
| Wind, Wetter und Obdachlosen geschlossen, die mal erfreut und mal genervt | |
| gewesen seien. Als es zunehmend früher dunkel und kälter wurde, musste ein | |
| Ausweichquartier her: Emans bekam einen Tipp, seither probte der Charité | |
| Chor in einer Friedhofskapelle im Stadtteil Wedding. Bis zum 2. November, | |
| dann war auch das nicht mehr möglich. | |
| Das Raumproblem kennen viele Amateurchöre: Sie verfügen weder über eine | |
| Infrastruktur noch über Geld, die ihnen Ausweichmöglichkeiten ermöglichen | |
| würden. Der Chorverband Berlin hatte deswegen im Sommer eine Kampagne | |
| initiiert unter dem Motto: „Wir machen Ihnen den Hof“, wo Probenräume bei | |
| Unternehmen, Institutionen, im Freien gesucht wurden. Inzwischen gibt es in | |
| Kooperation mit dem Landesmusikrat eine Datenbank, geordnet nach Bezirken, | |
| zur Koordination von Probenräumen. „Chorsingen ist mehr als Hobby“, sagt | |
| Gerhard Schwab, Geschäftsführer des Chorverbandes Berlin, am Telefon. „Es | |
| ist Integration in die Gesellschaft.“ | |
| ## „Nicht Singen ist gefährlich, sondern das Virus.“ | |
| Schwab ist besorgt. Sein Verband versucht gegen das schlechte Image des | |
| Singens anzukämpfen: „Nicht Singen ist gefährlich“, sagt er, „sondern d… | |
| Virus.“ Und setzt hinzu: „Solange man sich an die Hygieneregeln hält.“ W… | |
| alle Chöre äußerst penibel täten. „Herzlichen Dank dafür, es war nicht | |
| alles für die Katz.“ Schwab ist seit dem Frühjahr kein weiterer Fall von | |
| Ansteckung in einem Berliner Chor bekannt. Den aktuellen Lockdown hält er | |
| für richtig, erwartet aber von der Politik zeitnahe Perspektiven und eine | |
| größere Wertschätzung der Chorszene. „Es ist sehr bitter“, sagt auch | |
| Chorleiter Adrian Emans. „Für viele gilt Kultur als Luxusgut, für manche | |
| ist es ein Hobby. Aber für mich ist es mein Beruf. Meine Existenz hängt | |
| davon ab.“ | |
| Auch der Kulturbetrieb ist ein Wirtschaftszweig, und kein ganz kleiner. | |
| Kulturschaffende, Kulturbetreibende, Kulturschätzende fordern die baldige | |
| Wiedereröffnung von Theatern, Museen, Konzerthallen, Clubs. | |
| Doch was ist mit Singen – und dann auch noch in Gemeinschaft? Wo andere | |
| Kulturbereiche auf Reduktion setzen können, bleibt ein Chor immer ein Chor: | |
| vielstimmig. In dem jede einzelne Stimme zählt und doch im Kollektiv | |
| aufgehen muss. „Man sollte Singen nicht stigmatisieren, sondern die | |
| konkreten Gefährdungspotenziale einschätzen“, sagt Professor Dirk Mürbe, | |
| Direktor der Klinik für Audiologie und Phoniatrie am Berliner | |
| Universitätsklinikum Charité, am Telefon. „Es gibt keinen Grund für ein | |
| Generalverbot. Wir brauchen ein vernünftiges Risikomanagement.“ | |
| Ähnlich wie die Virologen um Christian Drosten & Co gehört Mürbe zu einem | |
| Expertenkreis, der wissenschaftliche Daten zum Thema Aerosolbildung beim | |
| Sprechen und Singen beschafft, auswertet und Politik und Verbände berät. | |
| „Es gibt ein erhöhtes Risiko beim gemeinsamen Singen in geschlossenen | |
| Räumen“, sagt er, „aber es gibt auch Strategien, dieses Risiko zu | |
| minimieren. Letztlich haben die letzten Monate bewiesen, dass bei den | |
| Infektionszahlen im Sommer die Hygienekonzepte sehr gut funktioniert | |
| haben.“ | |
| Dass es bei der jetzigen Infektionslage und dem exponentiellen Anstieg von | |
| Erkrankungen zu Einschränkungen gekommen ist, steht für ihn nicht in Frage. | |
| „Ich schaue schon wieder weiter“, sagt er. „Corona wird noch einige Zeit | |
| dauern, deswegen müssen wir langfristige Konzepte entwickeln. Es geht immer | |
| um eine Balance zwischen Infektionsschutz und gesellschaftlicher Teilhabe.“ | |
| ## Die Wissenschaft im musikalischen Einsatz | |
| Teilhaben sollen vor allem auch die Kleinsten. Kinderchöre haben nur ein | |
| begrenztes Zeitfenster, außerdem sei Singen wichtig für die | |
| sozioemotionale Entwicklung, sagt Mürbe. Im September haben er und | |
| Kolleg*innen eine Untersuchung zu Kinderchören vorgestellt, die zu dem | |
| Ergebnis kam, dass Stimmen von Kindern beim Singen weniger Aerosole | |
| produzieren als die von Erwachsenen. „Das liegt wahrscheinlich auch daran, | |
| dass sich die Stimmlippenschwingung bei Kindern in einigen Punkten von | |
| Erwachsenen unterscheidet, was ja auch am typischen Klang- und | |
| Stimmregister zu hören ist“, erklärt er. Wer laut spreche, weil in der | |
| Kneipe Musik laufe, versprühe vermutlich mehr Aerosole als leise | |
| Knabenstimmen. Der Ischgl-Effekt. Die Lautstärke ist eins der wesentlichen | |
| Charakteristika, die zur stärkeren Aeresolbildung beitragen. | |
| Aerosole, flüssige Partikel, mit dem bloßen Auge nicht erkennbar, schweben | |
| in der Luft, verweilen dort länger und übertragen Viren über die Atemwege; | |
| Tröpfchen dagegen wirken über die Schleimhäute und sinken schneller zu | |
| Boden. Wie misst man etwas, das man nicht sehen kann? Die Klinik für | |
| Audiologie und Phoniatrie an der Charité hat darum mit dem | |
| [6][Hermann-Rietschel-Institut] der TU kooperiert. Dieses Institut unter | |
| Leitung von Professor Martin Kriegel verfüge über eine „exzellente | |
| ingenieurswissenschaftliche Expertise und einen Reinraum“, erklärt Mürbe, | |
| „in dem man ohne Verschmutzung auch die beim Sprechen und Singen gebildeten | |
| Aerosole per Laserpartikelzähler bestimmen kann“. Anhand dieser Messwerte | |
| und der Verteilung der Partikel im Raum können dann beispielhafte | |
| Risikobewertungen für verschiedene Alltagssituationen erfolgen. | |
| Für Mürbe, der neben seinem Medizin- auch ein Gesangsstudium absolviert | |
| hat, lassen sich hier die „Hauptstellschrauben“ benennen, um Singen in | |
| Schulen, Chorproben und Konzerte wieder möglich zu machen: Wie viele | |
| Personen singen in einem Raum? Wie lange singen oder proben sie? Wie groß | |
| ist der Raum? Wie sind die Lüftungsmöglichkeiten? „Maschinelle Systeme sind | |
| sehr im Vorteil“, sagt er. | |
| Der Rundfunkchor verfügt im Großen Sendesaal des RBB über eine gute | |
| Klimaanlage, die für Frischluftaustausch sorgt. Lüftungspausen sind | |
| trotzdem eingeplant. Das alles verkürzt die Probenzeit. Tourneen mussten | |
| abgesagt werden, die nächsten Konzerte sind fraglich. „Dennoch ist die | |
| Situation“, sagt Chefdirigent Leenaars, „nicht nur schlecht. Es hat sich | |
| auch schon einiges entwickelt, was es sonst nicht gegeben hätte.“ Was die | |
| Frage der Systemrelevanz von Kultur angeht, übt er sich in Bescheidenheit: | |
| „Es ist ein Luxus, in einer Gesellschaft zu leben, in der man sich so | |
| intensiv mit Musik beschäftigen kann. Aber sie ist insofern relevant, als | |
| es in einer gesunden demokratischen Gesellschaft klassische Musik auf so | |
| hohem Niveau geben sollte.“ | |
| Rachmaninoff ruft. Der Chor wartet. Auf seinen Dirigenten, auf die | |
| Entscheidung der Politik, wieder konzertieren zu dürfen. Eine CD ist in | |
| Arbeit. | |
| Dirk Mürbe singt derzeit nicht im Chor. Das habe nichts mit Corona zu tun, | |
| sondern mit seinem Arbeitspensum. | |
| Adrian Emans hat ein Video geschnitten und online gestellt, das den Neuen | |
| Kammerchor Berlin vorstellt. Er stellt sich auf einen kalten Winter ein, | |
| wenn sie wieder in der Friedhofskapelle proben dürfen. Auf ein Inserat des | |
| Charité Chors für frische Tenöre, Soprane und Bass 2 haben sich hundert | |
| Interessierte beworben. Die Lust auf Singen ist ungebrochen. | |
| 17 Nov 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.rundfunkchor-berlin.de/ | |
| [2] https://portraits.klassik.com/people/template.cfm?KID=270 | |
| [3] https://www.rundfunkchor-berlin.de/menschen/gijs-leenaars/ | |
| [4] https://www.charitechorberlin.de/ | |
| [5] https://www.adrianemans.de/ | |
| [6] https://www.tu.berlin/forschen/themenportal-forschen/2020/mai/ansteckungsge… | |
| ## AUTOREN | |
| Sabine Seifert | |
| ## TAGS | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Chorgesang | |
| Musik | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Inklusion | |
| taz.gazete | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| zeitgenössische Kunst | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Schwerpunkt Coronavirus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Ausgezeichneter Inklusionschor: Inklusion braucht Seele – und Töne | |
| Bei den Nogat-Singers singen Menschen mit und ohne Behinderung mit. Seit | |
| zwölf Jahren probt der inklusive Chor mit Leiter Michael Kuntze in | |
| Neukölln. | |
| Das Coronajahr im Kulturleben: „Theater und Oper sterben“ | |
| Was hat das Coronajahr für Kulturschaffende bedeutet? Drei Berichte von | |
| Kulturschaffenden aus Italien, Berlin und Bangkok. | |
| Protokoll Arbeit und Corona: „An der Infektionsfront“ | |
| Den Friseursalon von Benjamin Walter trifft der neue Teil-Lockdown hart. | |
| Ihn nervt vorallem das „Hin und Her“ in der deutschen Coronapolitik. | |
| Künstler über Aktionismus in der Pandemie: „Wir sind ja alle gestört“ | |
| Künstler Christian Jankowski macht auf Menschen mit systemrelevanten | |
| Berufen aufmerksam. Er stiftet eine Arbeit für die Kunstlotterie der UNO. | |
| Zwei Bahntickets für Bundesbedienstete: Coronaschutz nur für Beamte | |
| Die Politik behauptet seit Monaten, Bahn und Flugzeug seien ohne Abstand | |
| sicher. Doch die eigenen Leute dürfen bei Dienstreisen zwei Plätze buchen. | |
| Protokoll Arbeit und Corona: „Ich arbeite fast rund um die Uhr“ | |
| Sebastian Bayers IT-Firma stand in der Coronakrise kurz vor der Pleite – | |
| dann hatte er eine Idee und entschied sich sein Geschäftsmodell | |
| umzustellen. | |
| Neuer Corona-Impfstoff von Moderna: 94-prozentige Wirksamkeit | |
| Ein weiterer Konzern hat erfolgreiche Zwischenergebnisse in der | |
| Corona-Impfstoff-Forschung bekannt gegeben. Das Vakzin ist zudem einfach | |
| lagerbar. | |
| Kulturschaffende in Coronakrise: Durchs Raster gefallen | |
| Die Bundesregierung hat in der Coronakrise viele Hilfsmaßnahmen | |
| beschlossen, auch für den Kulturbereich. Aber helfen sie? | |
| Bestattungen in Zeiten von Corona: Trauern per Video | |
| An Bestattungen dürfen derzeit nur wenige Angehörige teilnehmen, gesucht | |
| werden neue Formen der Trauer. Eine Recherche im Angesicht des Todes. |