# taz.de -- Autobranche will Staatshilfe: Hersteller schonen Aktionäre | |
> Dividenden zahlen und gleichzeitig Hilfe vom Staat fordern, darin sieht | |
> die Autobranche keinen Widerspruch. Sie fordert staatliche Kaufanreize. | |
Bild: Findet bestimmt bald einen Käufer: VW T-Roc in einem Autoturm in Wolfsbu… | |
BERLIN taz | Der Verband der Automobilindustrie (VDA) verteidigt, dass die | |
Autohersteller in der Coronakrise Dividenden an Aktionäre zahlen und | |
gleichzeitig Hilfen vom Staat verlangen. Ausschüttungen seien wichtig, um | |
die Aktionäre an Bord zu halten und Unternehmen vor Übernahmen aus dem | |
Ausland zu schützen, sagte VDA-Präsidentin [1][Hildegard Müller im | |
Deutschlandfunk]. Einen Widerspruch zu den vom Staat geforderten Hilfen für | |
die Autobauer sieht die ehemalige Staatsministerin im Bundeskanzleramt | |
nicht. | |
Die Autohersteller leiden unter der Coronakrise, weil sie die Produktion | |
gestoppt hatten und der Absatz eingebrochen ist. Trotzdem hat Daimler für | |
das erste Quartal 2020 einen Gewinn von mehr als 600 Millionen Euro | |
gemeldet, Volkswagen von 400 Millionen Euro. BMW legt am Mittwoch Zahlen | |
vor. Weil die Branche mit einem harten zweiten Quartal rechnet, werden die | |
Rufe nach Kaufanreizen für Autos aus Politik, Unternehmen und | |
Gewerkschaften lauter. Bereits nach der Finanzkrise 2009 hatte der Staat | |
der Branche mit einer [2][Abwrackprämie] geholfen. | |
Nach Angaben des VW-Cheflobbyisten Thomas Steg, der von 2002 bis 2009 | |
stellvertretender Sprecher der Bundesregierung war, fordert die | |
Autobranche einen Kaufbonus für alle Fahrzeuge, also auch Autos mit | |
Benzin- und Dieselmotor. „Der VDA schlägt eine Prämie vor, über alle | |
Modelle und Segmente hinweg“, sagte Steg bei einem Fachgespräch der | |
Bundestagsfraktion der Grünen. Zusätzlich zu einer Basisprämie könne es | |
spezielle Zuschläge geben, etwa nach Umweltaspekten. | |
Vorstellbar sei auch: „Wer jetzt einen modernen Verbrenner kauft, bekommt | |
in zwei Jahren das Angebot, das Fahrzeug gegen ein Elektrofahrzeug zu | |
tauschen“, sagte er. Eine Prämie nur für E-Autos hält Steg nicht für | |
sinnvoll. Die Produktion von Elektrofahrzeugen sei nicht einfach zu | |
verdreifachen. „90 Prozent der Beschäftigten in der Autoindustrie sind mit | |
dem Verbrenner beschäftigt, 10 Prozent mit Elektromobilität“, sagte er. | |
## Umbau der Autoindustrie statt neuer Kaufanreize | |
Allerdings gibt es auch starke Stimmen gegen eine Wiederauflage von | |
Kaufanreizen für konventionelle Autos. Nicht nur Umweltverbände lehnen sie | |
ab. Für E-Autos gibt es schon Prämien. Nachhaltigkeitsforscher fordern | |
einen [3][Umbau der Autoindustrie] statt neuer Kaufanreize. Auch die | |
Volkswirte der Deutschen Bank halten eine weitere Kaufprämie für keine gute | |
Idee. „Anders als andere Sektoren wie die Gastronomie war und ist die | |
Automobilproduktion in Deutschland nicht vom staatlichen Lockdown | |
betroffen“, heißt es in einer Analyse von Deutsche Bank Research. | |
Die Schließung der Fabriken sei nicht staatlich verordnet worden, das seien | |
unternehmerische Entscheidungen gewesen. Die Prämie führe zu Vorzieh- und | |
Mitnahmeeffekten, von denen vor allem Besserverdienende profitieren würden. | |
2019 sei für die Branche ein gutes Jahr gewesen, das beste seit 2009. „Wenn | |
also in diesem Jahr die Neuzulassungen durch eine Prämie zusätzlich | |
angeheizt würden, wäre der Einbruch 2021 umso gravierender“, heißt es. | |
Am 5. Mai wird im Kanzleramt auf dem „Autogipfel“ über Hilfen für die | |
Branche beraten. Die Organisation LobbyControl kritisiert die | |
Zusammensetzung des Treffens, an dem Vertreter von Unternehmen und | |
Gewerkschaften teilnehmen, aber keine von Umwelt- oder | |
Verbraucherverbänden. „Exklusive Runden wie der Autogipfel sind der falsche | |
Rahmen, um die Verteilung von Corona-Hilfen zu verhandeln“, sagte | |
LobbyControl-Sprecherin Christina Deckwirth. | |
Ursprünglich wollen die Ministerpräsidenten der Auto-Länder Bayern, | |
Baden-Württemberg und Niedersachsen am Mittwochmittag über Hilfen für die | |
Branche beraten. Das Treffen von Markus Söder (CSU), Winfried Kretschmann | |
(Grüne) und Stephan Weil (SPD) wurde kurzfristig verschoben. Wegen | |
Terminschwierigkeiten, hieß es. Die Verschiebung ist ein Hinweis darauf, | |
dass sich die Landeschefs noch nicht auf eine gemeinsame Linie einigen | |
konnten. | |
29 Apr 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.deutschlandfunk.de/kaufpraemien-fuer-automobilbranche-vda-praes… | |
[2] /Die-10-groessten-Idiotien-der-Abwrackpraemie/!5167815 | |
[3] /Autoindustrie-in-der-Coronakrise/!5678787 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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