# taz.de -- Diskussion um die Abwrackprämie: Bloß keine Wiederauferstehung | |
> Verkehrswende und Konjunkturimpulse zu verbinden könnte mit einer Prämie | |
> für grüne Mobilität gelingen. | |
Bild: Mit einer Kaufprämie fürs Rad könnten der in Coronazeiten viele zum Um… | |
Mit ihrer geballten Macht versucht die Autobranche in diesen Tagen für die | |
[1][Wiederauferstehung der Abwrackprämie] zu trommeln. 2009 hatte die | |
damalige Bundesregierung mit 2.500 geschenkten Euro für AutokäuferInnen den | |
Herstellern und ihren Zulieferern über die Finanzkrise geholfen. | |
Automanager lassen keine Interview-Gelegenheit aus, vor dem Treffen der | |
Ministerpräsidenten der Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und | |
Niedersachsen und dem [2][Autogipfel] im Kanzleramt für eine neue | |
Kaufprämie zu werben – mit einem grünen Anstrich, aber auch für Fahrzeuge | |
mit Benzin- oder Dieselmotor. Das ist ein Irrweg. Schließlich ist jede Form | |
der Kaufprämie für konventionelle Autos so, als würde die Krankenkasse | |
einem schwer Lungenkranken ein Jahr lang täglich eine Packung Camel | |
finanzieren, wenn er dafür keine Roth-Händle ohne Filter mehr raucht. | |
Staatliche Anreize sind an sich gar nicht das schlechteste Mittel zur | |
Krisenbewältigung – wenn sie eine sinnvolle Lenkungswirkung haben. Der | |
verkehrspolitische Sprecher der Linkspartei im Bundestag, Andreas Wagner, | |
fordert eine Kaufprämie fürs Rad oder für Radreparaturen. So sollen in | |
Coronazeiten möglichst viele zum Umstieg animiert werden. | |
Denn wenn Lockerungen kommen und mehr Leute wieder an ihren Arbeitsplatz | |
müssen, droht ein Verkehrsinfarkt – weil viele aus Angst vor Ansteckung den | |
öffentlichen Nahverkehr meiden. Deshalb will auch die französische | |
Umweltministerin Elisabeth Borne eine Radprämie einführen und dafür 20 | |
Millionen Euro ausgeben, 50 Euro sollen die Französinnen und Franzosen | |
bekommen können. Ein sehr sympatisches Programm. | |
Selbst wenn in Deutschland doppelt so viel für den Umstieg aufs Rad | |
ausgegeben werden würde: Es wäre im Vergleich zu einer milliardenschweren | |
Abwrackprämie für Autos immer noch wenig. Den Vorschlag aus der | |
Linksfraktion abzukanzeln, wie die Union es tut, ist deshalb unberechtigt | |
und unsachlich. Das Problem ist aber: Eine Radprämie kostet so wenig, dass | |
sie zusätzlich zur Abwrackprämie kommen und sogar zu ihrer Rechtfertigung | |
dienen könnte. Das wäre fatal. Die Abwrackprämie wird nicht dadurch besser, | |
dass auch ein paar Brocken für andere VerkehrsteilnehmerInnen als die | |
Autofahrenden abfallen. | |
## Eine grüne Mobilitätsprämie für die Konjunktur | |
Denn es geht nicht um flankierende Maßnahmen zu einem wie auch immer grün | |
lackierten Kaufanreiz für Benzin- und Dieselfahrzeuge, sondern es geht um | |
Alternativen. Eine Radprämie ist das bei aller Sympathie für die Idee | |
nicht. Dagegen geht der Vorschlag eines Bündnisses aus 15 Organisationen | |
und Unternehmen vom Fahrradclub ADFC bis zum Verband der Zweiradindustrie | |
in die richtige Richtung. | |
Sie fordern eine [3][grüne Mobilitätsprämie] für alle. Damit sollen | |
BürgerInnen selbst entscheiden können, für welche Form von Fortbewegung sie | |
das Geldgeschenk verwenden – für ein Fahrrad, ein E-Bike, eine Bahncard, | |
eine Monatskarte für den ÖPNV oder ein Elektroauto. So eine Prämie würde | |
die durch die Krise ebenfalls angeschlagenen Verkehrsunternehmen und auch | |
die Industrie fördern, wenn sie so hoch wäre wie einst die Abwrackprämie. | |
Das wäre gleichzeitig ein Beitrag zur Verkehrswende und zur Ankurbelung der | |
Konjunktur. | |
4 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Autobranche-will-Staatshilfe/!5680231 | |
[2] /Autoindustrie-in-der-Coronakrise/!5678787 | |
[3] https://www.adfc.de/pressemitteilung/statt-autopraemie-verkehrs-buendnis-fo… | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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