# taz.de -- Kein Kurzarbeitergeld bei Dividenden: Schweden watscht Konzerne ab | |
> Firmen, die in Schweden Dividenden an Aktionäre zahlen, erhalten kein | |
> Kurzarbeitergeld mehr vom Staat. In Deutschland sieht das anders aus. | |
Bild: In Kurzarbeit: der schwedische Modekonzern H & M, hier ein Laden in Hambu… | |
Stockholm taz | Es ging ganz schnell. Nur wenige Stunden, nachdem die | |
zuständige schwedische Behörde eine „Klarstellung“ über die geltenden | |
Richtlinien in der Coronakrise öffentlich bekannt gemacht hatte, sah der | |
Kugellagerkonzern SKF plötzlich keinen Bedarf mehr für Kurzarbeit in | |
einigen seiner Fabriken. Die Beschäftigten sollten ab sofort wieder | |
Vollzeit arbeiten, die gestellten Anträge auf Leistungen nach dem | |
Kurzarbeitsgesetz wurden zurückgezogen. | |
Was die fragliche Behörde, das „[1][Tillväxtverket]“, das staatliche Amt | |
für Wirtschaft und regionales Wachstum, klargestellt hatte: | |
Aktiengesellschaften, [2][die Dividenden an ihre Aktionäre] zahlen, | |
erhalten kein Kurzarbeitergeld. Möglicherweise bereits zu Unrecht gezahlte | |
Leistungen würden zurückgefordert. | |
Schwedens Parlament hatte Anfang April in aller Eile ein Kurzarbeitsgesetz | |
aus dem Jahre 2012 novelliert, um eine mögliche Kündigungswelle als Folge | |
von Corona zu vermeiden. Die entsprechenden Ausgleichszahlungen des Staates | |
gibt es ab Mai auch dann, wenn Firmen ihre Beschäftigten nur zu 20 Prozent | |
der normalen Arbeitszeit arbeiten lassen können. Auch Deutschland hatte | |
seine [3][Kurzarbeitsregeln] aus ähnlichen Gründen gelockert. Derzeit | |
profitieren hier über 10 Millionen Beschäftigte von den Regelungen | |
Bei den Ausschussberatungen war zur Sprache gekommen, eine ausdrückliche | |
Nichtvereinbarkeit von Dividendenzahlungen einerseits und dem Anspruch auf | |
Staatsknete andererseits ins Gesetz zu schreiben. Doch wurde das als | |
unnötig, weil selbstverständlich verworfen. | |
## „Ernste ökonomische Schwierigkeiten“ | |
In den Gesetzesmaterialien heisst es aber ausdrücklich, Voraussetzung für | |
Kurzarbeitergeld seien „ernste ökonomische Schwierigkeiten“ des | |
Arbeitgebers, weshalb es „nicht als gerechtfertigt angesehen wird, wenn | |
Arbeitgeber, die von der Allgemeinheit unterstützt werden, Dividenden | |
ausschütten“. Unternehmen, die Dividenden zahlten, wurde vom | |
Wirtschaftsministerium empfohlen, gar nicht erst Anträge zu stellen. | |
Das Fehlen einer ausdrücklichen Gesetzesklausel hatte Folgen. Großkonzerne | |
wie SKF, Assa Abloy und Volvo, die jeweils Milliarden Kronen an Dividenden | |
ausschütteten, stellten Kurzarbeiteranträge für mehrere Zehntausend | |
Beschäftigte und erhielten vom „Tillväxtverket“, das sich streng an den | |
Gesetzeswortlaut hielt, positive Vorabbescheide. | |
Es gab große Empörung in Politik und Öffentlichkeit. Am Donnerstag wurde | |
die Generaldirektorin der Behörde vor den Finanzausschuss zitiert – | |
anschließend formulierte sie die „Klarstellung“: Firmen, die Dividenden | |
ausschütteten, bewiesen damit, dass sie keine ökonomischen Schwierigkeiten | |
hätten. Gleichzeitig setzte die Regierung einen Sonderermittler ein, der | |
nun prüfen soll, wo die eilig geschnürten Hilfspakete für die Wirtschaft | |
womöglich noch missbraucht würden. | |
Das Verhalten vieler Unternehmen in diesen Zeiten, wo das Land alle Kräfte | |
aufwende, um Wirtschaft, Arbeitsplätze und Firmen zu retten, auch wenn man | |
damit künftige Generationen massiv verschulde, sei provozierend, | |
kommentiert „Aftonbladet“: Mit Moral dürfe man offenbar nicht rechnen. Sie | |
seien wie kleine Kinder, denen man auch bei Selbstverständlichem klar | |
machen müsse: „Nein, du, das tut man ganz einfach nicht.“ | |
Was für schwedische Konzerne gilt, daran scheint man auch [4][deutsche | |
Autokonzerne] erinnern zu müssen, die nun Kaufbeihilfen und | |
Steuererleichterungen fordern. Am Freitag erklärte Jens Hilgenberg, Leiter | |
Verkehrspolitik des BUND: „Gewinne privatisieren und Risiken sozialisieren, | |
das ist der Plan der Autokonzerne. Jetzt ist die Bundesregierung gefordert, | |
diese Unverschämtheit nicht zuzulassen. Es muss gelten: Keine Staatshilfen | |
für Dividenden zahlende Konzerne.“ | |
8 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://tillvaxtverket.se/ | |
[2] /Autobranche-will-Staatshilfe/!5680231 | |
[3] /Archiv-Suche/!5682551&s=kurzarbeit+millionen&SuchRahmen=Print/ | |
[4] /Abwrackpraemie-fuer-Autos/!5679973 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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