# taz.de -- Bremer Enquete-Kommission Klimaschutz: Klima verbal fast gerettet | |
> Nächste Woche beginnt die Bremer Enquête-Kommission Klimaschutz ihre | |
> Arbeit. Umweltverbände halten sie für Zeitverschwendung. | |
Bild: Im September demonstrierten mehr als 30.000 Bremer:innen für eine schär… | |
Bremen taz | Erst nächste Woche nimmt die neue Enquête-Kommission | |
Klimaschutz ihre Arbeit auf – bereits jetzt gibt es Kritik an ihr. 18 | |
Monate hat sie [1][laut Bürgerschaftsbeschluss] Zeit, um für Bremen ein | |
„aus dem Pariser Klimaschutzabkommen abgeleitetes Klimaschutzziel 2030“ | |
festzulegen. Das dauere viel zu lange, kritisieren BUND, Nabu und | |
Greenpeace. | |
Dass Bremen seine Klimaziele krachend verfehlen wird, ist längst klar. | |
Statt wie der auch auf Bundesebene geplanten und [2][ebenso verfehlten] 40 | |
Prozent, wird das Bundesland seine Emissionen bis 2020 nur um 16 bis 20 | |
Prozent im Vergleich zu 1990 senken können. | |
Das geht so nicht, sagten deshalb alle fünf Bürgerschaftsfraktionen Ende | |
Januar und beschlossen daher Bremens erste ressortübergreifende | |
Enquete-Kommission. „Klimaschutzstrategie für das Land Bremen“ heißt sie | |
und wird mit je neun Abgeordneten und Sachverständigen besetzt. Man wolle | |
lokal den größtmöglichen Beitrag zum Klimaschutz leisten, [3][heißt es in | |
dem gemeinsamen Antrag]. | |
Das Klimaziel soll mit konkreten Handlungsempfehlungen für die einzelnen | |
Sektoren versehen werden. Auch eine Einschätzung der nötigen finanziellen | |
Ressourcen werden die Expert:innen vornehmen. | |
## Verkehrspolitik ist ein kommunales Schwerpunktthema | |
Eine der eingesetzten Sachverständigen ist [4][Philine Gaffron, | |
Oberingenieurin am Institut für Verkehrsplanung und Logistik] der | |
Technischen Uni Hamburg. „Im Bereich Verkehr haben Kommunen viel | |
Handlungsspielraum“, sagt sie. Nach aktuellen Erhebungen habe Bremen | |
bereits einen recht hohen Rad- und Fußverkehrsanteil. „Ausbaupotenzial gibt | |
es auf jeden Fall im Bereich ÖPNV.“ Laut Mobilitätsbefragung von 2018 macht | |
der ÖPNV hier 14 Prozent aus – in Hamburg sind es 22, in Berlin sogar 25 | |
Prozent. | |
„Vor allem die Menge der Autos auf den Straßen muss weniger werden“, so | |
Gaffron. Stellschrauben seien dafür nicht nur Veränderungen bei Netz und | |
Fahrplänen sowie leistbare Tarife für alle, sondern auch | |
Parkraumbewirtschaftung, Zufahrtsverbote und autoarme Zonen. Um konkrete | |
Maßnahmen für Bremen zu entwickeln, brauche es aber erst einmal eine genaue | |
Betrachtung der Situation vor Ort. | |
Das sagt auch [5][Wiebke Zimmer, stellvertretende Leiterin am | |
Öko-Institut] im Bereich Ressourcen und Mobilität. „Welche Wege werden | |
genutzt, wie weit sind diese, wie sind die Pendlerverkehre?“ | |
Zimmer sitzt auf Vorschlag der CDU in der Kommission, deren | |
klimapolitischer Sprecher Martin Michalik (CDU) den Vorsitz des Gremiums | |
übernehmen soll. Er betont: „Wir wollen Ziele, die unser Klima schützen und | |
gleichzeitig wirtschaftlich und sozialverträglich sind.“ Es werde „oft so | |
dargestellt, als widerspreche sich das“, sagt Zimmer dazu. „Ich bin davon | |
überzeugt, dass das zumindest im Verkehrssektor nicht so ist.“ | |
Und in anderen Bereichen? „Mit Innovationen wird genau dieser Spagat | |
zwischen wirtschaftlicher und sozialer Verträglichkeit funktionieren“, sagt | |
Michalik. Neben Verkehr sind auch Sanierung und Bauen sowie Energiepolitik | |
einige der zentralen Themen – da sind sich Michalik, Carsten Sieling (SPD) | |
und Philipp Bruck (Grüne) einig. | |
Für die Bereiche, die kommunal und auf Landesebene beeinflussbar sind, | |
„dürfen und müssen die Ergebnisse der Kommission total radikal sein“, so | |
Bruck, klimapolitischer Sprecher seiner Fraktion. Dadurch, dass einige | |
„Promis“ für die Kommission gewonnen werden konnten und alle fünf | |
Fraktionen hinter ihr stehen, hofft er, dass gemacht wird, „was nötig ist“. | |
Was das ist, sei schon längst klar, halten Umweltverbände dagegen. „Es wird | |
suggeriert, dass man erst einmal tagen muss“, kritisiert Klaus Prietzel, | |
Vorsitzender des BUND Bremen. Dabei sei vielmehr ein höheres Tempo beim | |
Umsetzen der Maßnahmen nötig. | |
Auch Yann Guillouet, Sprecher von Greenpeace Bremen, möchte endlich „mehr | |
Taten“ sehen. Er bedauert zudem, dass die Umweltschutzbewegung nicht Teil | |
der Kommission ist. Das findet Sönke Hofmann, Geschäftsführer des Nabu | |
Bremen, dagegen ganz gut: „Ich bin gar nicht beleidigt, dass ich nicht | |
eingeladen wurde, das sind nicht meine Kreise.“ | |
Überhaupt sei die Kommission nicht entstanden, so Hofmann weiter, weil die | |
CDU plötzlich Klimaschutz für sich entdeckt hat – der [6][ursprüngliche | |
Antrag wurde Ende 2019 von CDU und FDP] eingereicht −, sondern weil sie | |
Rot-Grün-Rot „vor sich hertreiben“ wollen. Er befürchtet nun eine „reine | |
Sabbelrunde“ ohne greifbare Ergebnisse. „Was wir jetzt machen müssen, ist, | |
den Menschen erklären, weshalb schmerzhafte Einschnitte gemacht werden“, | |
sagt Hofmann. | |
Eben dies, so Grünen-Politiker Bruck, sei mit der breit aufgestellten | |
Kommission aber leichter: „Nur mit so einem Gremium haben wir die Chance, | |
bestimmte Maßnahmen durchzusetzen.“ SPDler Sieling, designierter | |
stellvertretender Kommissionsvorsitzender, ergänzt: „Der politische Auftrag | |
geht außerdem über die aktuelle Legislaturperiode hinaus.“ | |
13 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/protokoll/b20l00… | |
[2] /Deutschlands-desastroese-Umweltbilanz/!5649066 | |
[3] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0… | |
[4] https://www.tuhh.de/alt/vpl/staff/members-of-staff/philine-gaffron.html | |
[5] https://www.oeko.de/das-institut/team/team-detail/wiebke-zimmer/ | |
[6] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0… | |
## AUTOREN | |
Alina Götz | |
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