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# taz.de -- Bremer Enquete-Kommission Klimaschutz: Strategien für 2030 gesucht
> Handelskammer, Gewerkschaften, Fridays for Future – bei der zweiten
> Sitzung der Enquete-Kommission Klimaschutz gehört die Aufmerksamkeit den
> Gästen.
Bild: Vor der Messehalle erinnern Aktivist:innen an die Dringlichkeit der Klima…
Bremen taz | Es geht um Bildung, die Verkehrswende und natürlich die
Schwergängigkeit der Politik. Wie viele Dimensionen die Klimakrise und ihre
Bekämpfung haben, wurde einmal mehr bei der zweiten Sitzung der [1][Bremer
Enquete-Kommission Klimaschutz] deutlich. Neben der – dank Corona
verspäteten – [2][Konstituierung Mitte Mai] hatten am Freitag [3][die
ständigen Gäste] das Wort.
18 Monate Zeit hat die Kommission, um eine Klimaschutzstrategie zur
Einhaltung des Klimaziels 2030 – 80 Prozent CO2-Einsparung gegenüber 1990 –
zu entwickeln. Das hatten [4][alle Bürgerschaftsfraktionen Anfang des
Jahres beschlossen]; eine bindende Wirkung haben die Maßnahmen jedoch
nicht.
Klaus Prietzel, Vorsitzender des BUND Bremen, hofft, dass konkrete
Maßnahmen schon vor dem Ablauf der eineinhalb Jahre kommen. Er sieht die
besonderen Herausforderungen im Strukturwandel, den unter anderem die
Stahlwerke, die Automobilindustrie und den Flugverkehrsstandort betreffen.
Entschieden werde hier jedoch auf Bundesebene, auf die Bremen einwirken
müsse. Vor Ort möchte Prietzel den Ausbau der City-Solarenergie sowie die
Mobilitätswende vorantreiben. „Wir brauchen eine deutliche Reduzierung des
Individualverkehrs.“
Die autofreie Innenstadt sei bei der Verkehrswende der erste Schritt, sagt
auch Ronny Meyer, Staatsrat der Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne).
## Die Wissenschaft als Problemverursacher und -löser
Auch das Wissenschaftsressort von Senatorin Claudia Schilling (SPD) ist
ständiger Kommissions-Gast. Staatsrat Tim Cordßen möchte die Wissenschaft
noch stärker zur Lösungsentwicklung heranziehen und berichtet vom jungen
Projekt „[5][Grüner Wasserstoff für Bremerhaven“], welches der Anfang vom
„Kompetenzzentrum Wasserstoff“ in der Stadt sein soll. Aber nicht nur
Chancen bietet die Forschung, sie zählt auch zu den „hohen
Energieverbrauchern“, sagt Cordßen. Die Klimabilanz der Bremer Uni zu
verbessern, sei ein Projekt für das ganze Jahrzehnt. „Die Uni verbraucht so
viel wie eine Kleinstadt.“
Auch über die Sozial- und Wirtschaftsverträglichkeit etwaiger Maßnahmen
wird diskutiert. Frank Thoss, Geschäftsführer der Handelskammer Bremen,
möchte am Ende keine Maßnahmen, „die einen Wettbewerb zwischen Bremen und
Niedersachsen forcieren“. So kritisiert er die kürzlich von der
Bürgerschaft beschlossene Photovoltaik-Pflicht für Neubauten. „Das macht
Bauen in Bremen teurer, ein Ausweichen ins Umland ist zu befürchten“, sagt
Thoss. Und das bei den ohnehin schon vielen Pendler:innen, die oft mit dem
klimaschädlichen Auto in die Stadt führen. „Wir brauchen vernünftig
bepreisten Wohnraum in Bremen.“
Tim Voss, Referent für Wirtschaftspolitik der Arbeitnehmerkammer Bremen,
betont die Relevanz der Arbeitsplatzsicherung. Angesichts des
Strukturwandels sieht er eine wichtige Stellschraube in der Ausbildung, um
junge Menschen mehr auf ökologisch verträglichere Berufe vorzubereiten und
gleichzeitig die breite Gesellschaft bei diesem Wandel mitzunehmen. Auf die
kritischen Nachfragen der Enquete-Expert:innen Jutta Günther und Benjamin
Wagner vom Berg, wie durch Kommunikation die Akzeptanz für Klimaschutz in
der Arbeitnehmer:innenschaft geförert werden kann, antwortet Voss
lediglich: „Die Herausforderungen sind von Betrieb zu Betrieb verschieden.“
Man brauche zwar sozialpolitisch verträgliche Lösungen, gerade für
einkommensschwache Menschen, sagt auch Prietzel vom BUND, mahnt aber
zugleich: „Mit dem Hinweis auf die Belastung der sozial Schwachen darf man
die, die es sich leisten könnten, nicht außen vor lassen.“
Das sieht Sönke Hofmann genau so. Für mehr Akzeptanz der teils unbequemen
Lösungswege und für individuelle Verhaltensänderungen brauche es starke
Investitionen in Bildung und Erziehung, sagt der
NABU-Bremen-Geschäftsführer. „Flugscham und andere solcher Dinge müssen
unsere Gesellschaft beschäftigen.“
Dinge, die Fridays for Future (FFF) bereits thematisieren. Die
Vertreter:innen der Bremer und Bremerhavener FFF-Ortsgruppen, Frederike
Oberheim und Jonas Ehlers, weisen auf die Schwere der „menschengemachten
lebensbedrohlichen Klimakrise“ hin. Dann beschwert sich Oberheim, dass
junge Menschen, People of Color und LGBTQI*-Personen nicht angemessen in
dieser „Herrenrunde“ repräsentiert seien.
Die Kommission entlockt der Aktivistin dann doch noch konkrete Politiken,
die sie für Bremen ganz oben auf der To-Do-Liste sieht: Kohleausstieg und
Verkehrswende. Die Nachfrage des FDP-Abgeordneten Magnus Buhlert, ob FFF
ein Null- oder sogar Negativwachstum fordere, entgegnet Oberheim: „Die
planetaren Grenzen müssen das Wachstum bestimmen, nicht andersrum.“
Umweltökonom Felix Matthes hofft, dass junge Menschen weiterhin Einfluss
auf die Debatte nehmen, denn: „Ich werde 2050 nicht unbedingt erleben
müssen – ihr schon.“
Einfluss auf eine Debatte, die je nach Regierung zäh oder eben noch zäher
ablaufen kann, wie nach dem Statement der Bremerhavener
Magistratsvertretung, Stadträtin Susanne Gatti, klar wird. Die
Mobilitätswende gestalte sich schwierig. Selbst ein Prüfauftrag für die
Sinnhaftigkeit einer vierspurigen Straße sei schwer durchzukriegen. „Die
Regierung sagt, Bremerhaven ist eine Autostadt und wird es bleiben.“ Den
politischen Mut, den Gatti anspricht und den auch FFF fordert, könne man
aus der Coronakrise mitnehmen, sagt Staatsrat Meyer. „Wenn Politik will,
kann sie Berge versetzen.“
1 Jul 2020
## LINKS
[1] https://www.bremische-buergerschaft.de/index.php?id=722
[2] /Bremer-Enquete-Kommission-Klimaschutz/!5683750
[3] https://sd.bremische-buergerschaft.de/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZTGnVNw2…
[4] https://www.bremische-buergerschaft.de/dokumente/wp20/land/drucksache/D20L0…
[5] https://www.iwes.fraunhofer.de/de/presse_medien/projekt--gruener-wasserstof…
## AUTOREN
Alina Götz
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