# taz.de -- taz-Serie „Wohnen ist Heimat“: Der etwas andere Investor | |
> Florian Schmidt lehrt Spekulanten in Berlin-Kreuzberg das Fürchten. Denn | |
> der Baustadtrat schnappt ihnen die Häuser weg. | |
Bild: Steigt auch anderen Leuten aufs Dach: Florian Schmidt, Baustadtrat | |
BERLIN taz | Gegenüber von Schmidts Büro hat eine Bezirksamtsmitarbeiterin | |
Zettel mit Witzen auf die Tür geklebt: „Fußball ist was Tolles – 90 Minut… | |
freie Straßen.“ Man schaut fasziniert auf die mittelprächtigen Scherze und | |
ein Porträt von Schmidts Vorgänger Hans Panhoff und lugt Richtung | |
Vorzimmer, wann endlich das passiert, was in Deutschlands Büros für | |
gewöhnlich geschieht: Das Vorzimmer bittet zum Chef hinein, fragt höflich, | |
ob man Wasser oder etwas anderes zum Trinken möchte. | |
Aber dann kommt er selbst – von hinten: Florian Schmidt, 43, Deutschlands | |
bekanntester Baustadtrat, rote Haare, „grüner Investorenschreck“ (Die | |
Welt), und lädt in sein Büro im achten Stock des Bezirksamtes im Berliner | |
Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg mit Blick über die herbstliche Yorckstraße. | |
Die Frage, ob man etwas trinken möchte, vergisst Schmidt, um nach einer | |
Dreiviertelstunde aufzustehen und ungefragt Wasser in zwei Gläser | |
einzugießen. | |
Schmidt hält sich nicht lange mit Konventionen auf. Nicht damit, Wasser | |
anzubieten, nicht damit, Investoren den roten Teppich auszurollen. Im | |
September stritt sich Schmidt – Adidas-Turnschuhe, schwarzes Hemd über der | |
Hose – bei „Maischberger“ mit Christoph Gröner. Der Unternehmer wollte in | |
einem ehemaligen Postbank-Hochhaus plötzlich mehr Gewerbefläche und weniger | |
Wohnungen errichten lassen. | |
Schmidt verweigerte die Genehmigung. Gröner reagierte mit einem Transparent | |
an der Fassade: „Hier verhindert Rot-Rot-Grün neue Wohnungen.“ Wenn Gröner | |
bei „Maischberger“ sprach, schüttelte Schmidt demonstrativ den Kopf. Wochen | |
nach der Sendung einigten sich beide Seiten: Gröner lässt mehr billige | |
Wohnungen zu und bekommt dafür mehr Gewerbefläche. | |
## Ein neuer Politikstil für Berlin | |
In den zwölf Berliner Bezirken sind Stadträte so etwas wie Minister auf | |
kommunaler Ebene. Mit einer Macht, die vielen lange selbst nicht klar war. | |
Schmidt hat das geändert. Ihm sei wichtig, dass die Bürger wüssten, dass | |
„jemand ihre Interessen vertritt – und dazu gehört auch, ab und zu | |
öffentlich die Kante zu zeigen“, sagt Schmidt. Verhandlungen hinter | |
verschlossenen Türen liefen ruhiger ab: „Beide Seiten haben Anwälte dabei. | |
Das ist wie Schachspiel.“ | |
Schmidt hat in die Berliner Politik eingebracht, was neuerdings „disruptiv“ | |
heißt: einen Politikstil, den auch Trump, Macron oder Corbyn pflegen und | |
der durch öffentliche Konfrontation die Dinge vorantreibt. Vielleicht hat | |
Berlin auf jemanden wie Schmidt gewartet. | |
Die Hauptstadt – in den neunziger und frühen nuller Jahren ein | |
Mieterparadies – wird heute von Immobilienanlegern förmlich überrannt. Vor | |
zwei Jahren wäre Andrej Holm fast zum Sprachrohr der Mieter geworden, ein | |
langjähriger Aktivist und Gentrifizierungsforscher, den die linke | |
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher zum Staatssekretär machte. Aber | |
dann [1][stolperte Holm über seine Stasitätigkeit] als 19-Jähriger. Sein | |
Nachfolger blieb ebenso blass wie seine Chefin. | |
## Wunderwaffe Vorkaufsrecht | |
Nun also Schmidt. Bekannt wurde er mit dem Vorkaufsrecht. Schmidt hat es in | |
Berlin genutzt wie kein anderer. In sogenannten Milieuschutzgebieten kann | |
ein Bezirk ein Haus, das zum Verkauf steht, selbst erwerben – falls ein | |
neuer Käufer sich weigert, eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. | |
Die sieht beispielsweise den Verzicht auf die Umwandlung in | |
Eigentumswohnungen vor. Bisher hat Schmidt 18 Häuser gekauft, 23 | |
Abwendungsvereinbarungen wurden unterzeichnet. | |
„Als ich 2016 in Friedrichshain-Kreuzberg angefangen habe, war klar, dass | |
das Vorkaufsrecht wichtig wird“, sagt Schmidt. „Aber welche Ausmaße es | |
annehmen würde, konnte ich nicht ahnen.“ Erst am Montag wurde per | |
Gerichtsurteil der Versuch [2][gestoppt], einen Teil der im Stalin-Stil | |
erbauten Karl-Marx-Allee an die Deutsche Wohnen zu verkaufen. Auch hier kam | |
der Hebel des Vorkaufsrechts zur Anwendung, nachdem der Käufer sich | |
geweigert hatte, eine Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen. | |
Schmidts Vorteil: Das Bauamt ist in Friedrichshain-Kreuzberg seit Langem in | |
grüner Hand: Der legendäre Werner Orlowsky wurde in Kreuzberg 1981 der | |
erste grüne Baustadtrat der Republik. Zuletzt hatte es der kürzlich | |
verstorbene Hans Panhoff inne, ein leiser Verhandler. | |
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, Schmidts Chefin, äußerte noch 2013 | |
im [3][taz-Interview], man könne die Mietsteigerungen im Bezirk „nur | |
verlangsamen“. „Aufhalten oder gar rückgängig machen“ können man sie n… | |
Die Grünen, selbst etabliert und älter geworden, schauten dem Ausverkauf | |
zu. Bis der Druck durch die Mieterinitiativen zu groß wurde. | |
## Schmidts Ziel: Kreuzberg soll wie Wien werden | |
Schmidt hat sich zum Ziel gesetzt, die Verwandlung Kreuzbergs in einen | |
zweiten Prenzlauer Berg umzukehren. „Als ich angefangen habe, waren 25 | |
Prozent der Kreuzberger Wohnungen in Gemeinwohlbewirtschaftung“, sagt er. | |
„Jetzt sind es durch das Vorkaufsrecht und weitere Ankäufe mehr als 26 | |
Prozent, über 1.500 Wohnungen mehr.“ Schmidts Ziel sind 50 Prozent – wie im | |
roten Wien, dem Mekka aller linken Stadtpolitiker. | |
„Schmidt will etwas machen, und er hat eine Verwaltung hinter sich“, heißt | |
es im Kreuzberger Grünen-Umfeld. Das Gegenteil könne man immer noch in | |
Pankow besichtigen – bei Baustadtrat Vollrad Kuhn, auch ein Grüner. Der | |
traue sich nicht richtig – und habe zudem eine Verwaltung, die gegen ihn | |
arbeite. | |
Endstation Schwarzelfenweg. Wo der 255er-Bus wendet und die | |
Eigentumswohnungen in Prenzlauer Berg weit entfernt sind, liegt Kuhns | |
Bauamt. Seine Mitarbeiterin bittet ins Stadtratszimmer herein, fragt, ob | |
man etwas trinken möchte. Kuhn, 62, zu DDR-Zeiten in der Opposition, hat | |
ordentlich gescheitelte Haare, trägt gedeckte Farben. „Die hohen | |
Bodenpreise in Prenzlauer Berg sind eine Hürde für das Vorkaufsrecht“, sagt | |
er. „Wir bekommen oft Absagen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften, die | |
das Objekt erwerben müssten. Der Finanzsenator gibt einen Zuschuss von zehn | |
Prozent, aber das reicht oft nicht.“ | |
Kuhn ist vorsichtig: „Ich versuche eine Politik zu machen, welche die | |
Möglichkeiten des sozialen Erhaltungsrechts nutzt, die uns aber rechtlich | |
auch nicht anschließend auf die Füße fällt.“ Die Ausübung des | |
Vorkaufsrechts erfolge „grundsätzlich per Bezirksamtsbeschluss“, sagt er. | |
Was heißt, dass das ganze Kollegium alles mittragen muss. Ein Haus hat | |
Pankow bisher über das Vorkaufsrecht erworben, elf Abwendungsvereinbarungen | |
geschlossen. | |
## Der Verwaltung Beine machen | |
Zu überregionaler Bekanntheit schafft man es so nicht – während sogar | |
Berlins Boulevardblatt B.Z. Schmidt huldigte, sonst aller Sympathien für | |
Linke oder Grüne unverdächtig. Schmidt ließ die Reporter in seine | |
Altbauwohnung (Miete: 6,50 Euro pro Quadratmeter), die er zusammen mit | |
seiner aus Spanien stammenden Frau und seinen beiden Kindern bewohnt. Die | |
B.Z. bescheinigte Schmidt „Coolness“ und fand als größten Kritikpunkt die | |
kurzen Hosen und Sandalen, mit denen der Stadtrat im Sommer zu Terminen | |
aufläuft. | |
Dass er sein Kreuzberger Bauamt immer hinter sich habe, bestreitet Schmidt: | |
„Ich möchte die Verwaltung behutsam zum Umdenken erziehen“, sagt Schmidt. | |
„Ich provoziere regelmäßig den Punkt, wo ich die Verwaltung zum maximalen | |
Widerstand bringe.“ So war es auch bei einem Neubauprojekt, das sein | |
Vorgänger schon genehmigt hatte. In Friedrichshain will ein Investor den | |
neuesten Schrei der Immobilienbranche errichten: ein Wohnheim mit teuren | |
Mikroapartments. | |
„Ich will, dass ihr mir sagt, wie ich das verhindern kann“, verkündete | |
Schmidt der Verwaltung, die ihn zunächst vor großen Entschädigungszahlungen | |
gewarnt hatte. Am Ende verwarf die Verwaltung zwar immer noch den | |
juristischen Weg, den Schmidt ursprünglich gewollt hatte, zeigte ihm aber | |
einen anderen auf. | |
Ohne Risiko geht das nicht. Ende November, auf dem Weg zu einer Sitzung im | |
Kreuzberger Rathaus, hat Schmidt einen schwierigen Tag hinter sich: Die | |
Betreiber eines Bauprojekts haben angekündigt, den Bezirk auf eine | |
Entschädigung von 19 Millionen Euro zu verklagen, weil Schmidt trotz | |
Zusagen nicht genehmigt. Der Baustadtrat hält das jetzige Konzept für zu | |
kommerziell. Vor der Sitzung telefoniert Schmidt hin und her. | |
## Dem Baustadtrat wird Arroganz nachgesagt | |
Wie lange hält das? „Die größte Gefahr für Schmidt“, heißt es ebenfall… | |
Grünen-Umfeld, sei „eine gewisse Arroganz“. Schmidt selbst sagt, er sei | |
„immer eine Mischung aus Einzelgänger und Besserwisser und wahrscheinlich | |
auch Leistungsträger gewesen“. Im Studium galt er mal als | |
„Aristokratenarsch“, weil er Anzüge trug. Ein Professor habe ihm gesagt: | |
„Du darfst die Leute nicht so verächtlich und aggressiv anschauen.“ Das | |
habe er dann schnell verbessert, sagt Schmidt. | |
Aber ganz weg ist es nicht. Mitte November tagt der bezirkliche | |
Bauausschuss, der große Saal im Rathaus ist knallvoll. Der Großteil des | |
Publikums ist gekommen, weil in Friedrichshain will die landeseigene | |
Wohnungsgesellschaft WBM neu bauen will, mitten auf die Grünfläche einer | |
bereits bestehenden Wohnanlage. Die Anwohner haben ein kleines | |
Imagefilmchen vorbereitet: Die Frischluftschneisen würden fehlen, ältere | |
Menschen früher sterben, wenn bei ihnen gebaut würde. | |
Ein heikles Thema: Berlin braucht neue Wohnungen – aber wo sollen sie hin? | |
Große Flächen wie das Tempelhofer Feld sind durch einen Volksentscheid | |
ausgeschlossen, andere durch den Koalitionsvertrag. Nun wird in den Kiezen | |
nachverdichtet. Meistens unauffällig, manchmal – wie hier – unter | |
Anwohnerprotest. Besonders heikel, weil viele Anwohner vermutlich zur | |
Wählerklientel von SPD, Grünen und Linker gehören. So drucksen die drei | |
Parteien im Bauausschuss herum. Ausgerechnet die junge FDPlerin mit der | |
ausrasierten Frisur springt dem Bauträger WBM vorbehaltlos bei. Sie hat am | |
wenigsten zu verlieren. | |
Schmidt hält sich während der Debatte auffällig zurück, schaut | |
desinteressiert auf sein Tablet, daneben steht eine Flasche Club-Mate. Erst | |
nach einer Dreiviertelstunde ergreift er das Wort: Man müsse auch die | |
berücksichtigen, die hier nicht da seien: die Wohnungssuchenden, die neue | |
Wohnungen bräuchten. Aber im konkreten Fall sei die Bebauung falsch, weil | |
es ein übergreifendes Konzept für Friedrichshain bräuchte: „Die | |
Entscheidung liegt bei der Senatsverwaltung.“ Damit ist das Thema vom Tisch | |
– andere sind zuständig. Man kann nicht immer Held sein. | |
## Schon immer gegen Wohnungsverkauf | |
Für viele Mieteraktivisten kommt Schmidt ein bisschen wie Kai aus der | |
Kiste. 2006 trat er bei den Grünen ein. Es waren andere Grüne als heute: | |
Das arme Berlin sparte sich immer weiter in die Krise hinein. Die damals | |
oppositionellen Grünen wollten noch mehr landeseigene Wohnungen verkaufen, | |
als die Koalition aus SPD und PDS ohnehin losschlug. | |
„Ich war nie dafür, Wohnungen zu verkaufen“, sagt Schmidt. „Das gefiel m… | |
nicht, aber stand bei mir als Thema nicht im Vordergrund.“ Schmidt | |
beschäftigte sich mit der Renaissance der Städte, wurde Pressesprecher beim | |
Umbau des Kreuzberger Blumengroßmarkts – und war fasziniert von Richard | |
Florida. Ausgerechnet. | |
Der amerikanische Soziologe ist so etwas wie der Gottseibeiuns der | |
Gentrifizierungskritiker. Seine Theorie: Wo die creative class, also | |
Künstler, Medienleute oder Architekten, sich wohlfühlt, lässt sich auch | |
gerne die globale Industrie nieder. Floridas Thesen machten die Runde unter | |
Stadtentwicklern, die die creative class umschmeichelten. Berlin vorneweg. | |
Schmidt sieht Florida heute kritischer. „In Berlin hat die Hipsterisierung | |
schneller als gedacht eingesetzt“, sagt er. „Bringt Toleranz und Talent in | |
die Städte“ sei eigentlich „ein neoliberaler Diskurs“. Am Ende stehen die | |
Kreativen selbst aufgrund der steigenden Mieten unter Druck – Schmidt wurde | |
2014 Atelierbeauftragter des Landes. Sein Sprungbrett zum Stadtrat. Im | |
Oktober hat Schmidt einen kleinen Anschlag auf Floridas Theorie verübt. | |
## Kreuzberg gegen die Weltmacht Google | |
Der Internetkonzern Google gab seinen [4][Verzicht auf einen Campus] in | |
Kreuzberger Bestlage bekannt. Während Aktivisten monatelang gegen die | |
Konzernansiedlung protestiert hatten, drohte das Bezirksamt mit der | |
Versagung der Baugenehmigung. In Kreuzberg ging die Angst um, Berlin könnte | |
wie San Francisco werden, wo die hohen Gehälter der | |
Techkonzern-Beschäftigten die Mieten ins Unbezahlbare getrieben haben. | |
Als Google absagte, fielen der konservative Teil der Berliner Presse, CDU | |
und FDP über Schmidt und die Anti-Google-Aktivisten her: „Spießig“ sei da… | |
kommentierte FDP-Landeschef Christoph Meyer: „Nur nichts verändern im | |
schönen Kreuzberg.“ Die B.Z. schrieb, in Kreuzberg gäben „Straßenkämpfer | |
den Takt vor. Die Politiker marschieren mit.“ | |
Schmidt findet dagegen, es gehe nicht darum, „eine Käseglocke über | |
Kreuzberg zu stülpen“. Das behaupteten nur diejenigen, die „das Kapital | |
durch den Bezirk jagen wollten“. Er wolle „die soziale und kulturelle | |
Vielfalt, die Teil der Produktivität Berlins ist“, erhalten. | |
Schließlich lädt Schmidt ein, ihn zu einem Termin zu begleiten, auf dem er | |
einen Erfolg verkünden lassen will: An der Hasenheide hat ein Unternehmer | |
aus dem Westfälischen ein Haus gekauft. Der frühere Eigentümer, ein | |
berüchtigter dänischer Immobilien-Investor, hatte es zuvor schon in | |
Eigentumswohnungen aufteilen lassen, einen Neubau nebenan beantragt. Lange | |
geschah nichts, das Haus verfiel. | |
Der Westfale wollte eigentlich nur den Ballsaal und brauchte dafür eine | |
Genehmigung. Schmidt brachte ihn dazu, gleich das ganze Haus zu kaufen. Die | |
Umwandlung in Eigentum ist damit vom Tisch, die Mieter dürfen bleiben. „Ein | |
Happy End, ohne dass der Staat mit seinen Instrumenten eingegriffen hat“, | |
sagt Schmidt. „Die Mieter waren total glücklich, als sie das erfahren | |
haben.“ | |
## Ein Happy End, das doch keins wurde | |
Ein paar Tage später sollen sich Mieter und der neue Eigentümer samt | |
Hausverwaltung im Rathaus Kreuzberg kennenlernen. Der Saal ist dunkel: | |
Schmidt läuft im Gebäude herum, um selbst für Licht zu sorgen. Vorne sitzt | |
der Unternehmer, ein distinguierter älterer Herr, daneben seine jüngere | |
Garde aus Hausverwaltern und Architekten. Die Mieter gegenüber: die früher | |
übliche wilde Kreuzberger Mischung, studentisch und proletarisch. | |
Schmidt sitzt in seinen schwarzen Adidas-Samba-Schuhen vorne neben dem | |
Hausverkäufer, schaut auf sein Tablet, lässt den Investor reden. Der | |
Unternehmer – „dritte Generation Familienunternehmen, Maschinen- und | |
Anlagenbau, 90 Prozent Exportanteil“ – spricht davon, dass er sich über die | |
gefundene Lösung freut, über den Ballsaal für seine Kunst. Die Verwalter | |
hoffen auf ein gedeihliches Miteinander. Ein paar Scherze auf Kosten des | |
alten Eigentümers, der alles habe verkommen lassen, sollen Gemeinsamkeit | |
stiften. | |
Dann, fast nebenbei, verkündet der Unternehmer, es müssten „einige Dinge | |
gemacht werden“. Die Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen: Ein Aufzug | |
wird gebaut – „wir werden ja alle älter“. Vielleicht kommen neue Fenster | |
und Balkone. Klassische Modernisierungsmaßnahmen, mit denen sich | |
Mieterhöhungen begründen lassen. Die Mieter scheinen eher skeptisch als | |
„total glücklich“. | |
Schmidt äußert nach dem Termin den Willen, Mieterhöhungen für die jetzigen | |
Mieter zu vermeiden. Schließlich liegt das Haus im Milieuschutzgebiet, | |
massive Umbauten sind genehmigungspflichtig. „Der Eigentümer will kein | |
Geschäft mit den Wohnungen machen“, hofft Schmidt. Erst Nachmieter müssten | |
möglicherweise mehr zahlen. | |
Ausgerechnet der Termin, auf dem Schmidt zeigen wollte, dass man auch mit | |
privaten Hauseigentümern zu guten Lösungen kommen kann, wirkt wie ein | |
Plädoyer für öffentliches Wohneigentum. Fast, als hätte Florian Schmidt es | |
selbst inszeniert. | |
23 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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