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# taz.de -- Kampf um Rückkauf der Karl-Marx-Allee: Die Mieter können zuschlag…
> Bis Donnerstag entscheidet sich, ob das Land der Deutsche Wohnen einen
> Großteil der 700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee wegschnappen kann.
Bild: Der Protest war weithin sichtbar: Transparente in der Karl-Marx-Allee in …
Dem Rückkauf mehrerer Wohngebäude in der Karl-Marx-Allee durch das Land
steht nach Einschätzung von Senat und Bezirk nichts mehr im Weg. Am Freitag
habe auch der Aufsichtsrat der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft
Gewobag dem komplizierten Übernahmeplan zugestimmt, teilten die
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und das Bezirksamt
Friedrichshain-Kreuzberg am Samstag mit.
Mitte Dezember hatte sich der Senat bereits auf das Verfahren geeinigt.
Allerdings muss es jetzt schnell gehen: Bis Donnerstag, 13 Uhr, müssen all
jene Mieter, die wollen, dem Kauf und direkt anschließenden Verkauf ihrer
Wohnung an die Gewobag zustimmen. Das Vorgehen sei „absolutes Neuland“,
betonte [1][Florian Schmidt] (Grüne), der Baustadtrat von
Friedrichshain-Kreuzberg, am Sonntag gegenüber der taz.
[2][Anfang November war bekannt geworden], dass die Deutsche Wohnen AG rund
700 der historischen Nachkriegswohnungen an der Karl-Marx-Allee übernehmen
will. Die Deutsche Wohnen, die bereits mehr als 100.000 Wohnungen in und um
Berlin besitzt, hat als Vermieterin einen miserablen Ruf und gilt als
Gentrifiziererin: In vielen ihrer neu gekauften Immobilien erhöhte sie in
der Vergangenheit drastisch die Mieten. Ein Berliner Bündnis will im
kommenden Jahr ein Volksbegehren starten, um das Unternehmen zu enteignen.
Auch die Regierungspartei Die Linke sprach sich bei ihrem letzten Parteitag
dafür aus.
Die Deutsche Wohnen hat jedenfalls auch im aktuellen Fall alles getan, um
ihrem Image gerecht zu werden. So hat sie mit der Verkäuferin der insgesamt
vier Wohnblöcke vereinbart, dass MieterInnen ihr Vorkaufsrecht nicht an
einen Dritten abtreten dürfen, und auch eine Belastungsvollmacht
ausgeschlossen. Das verhindert das Beleihen der Wohnung als Sicherheit für
einen Bankkredit. Weil lediglich 80 der 700 Wohnungen in einem sogenannten
Milieuschutzgebiet liegen, kann nur dort der Bezirk ein Vorkaufsrecht
ausüben – und will das auch tun.
Für die übrigen Wohnungen wurde in langen Verhandlungen zwischen Bezirk und
Senat ein Modell entwickelt, um sie bis zum Stichtag 5. Januar in
Landeshand überführen zu können: den sogenannten gestreckten Erwerb. Die
Mieter kaufen dabei formal ihre Wohnungen, um sie danach direkt an die
Gewobag weiterzuverkaufen. Abgewickelt wird das Verfahren über einen
Mieterbevollmächtigen, den die Mieter, die wollen, dafür bis Donnerstag
ermächtigen müssen. „In den letzten Wochen wurde auf Hochtouren an der
juristischen und politischen Umsetzung des Kaufmodells gearbeitet“, so
Schmidt.
Ein Problem dabei bleibt aber, dass es keine juristische Garantie gibt,
dass die Gewobag die vom Mieter gekaufte Wohnung letztlich wirklich
übernehme. Darauf werden die Mieter in der Beauftragung des
Mieterbevollmächtigen auch explizit hingewiesen, was bei einigen für
Verwirrung gesorgt hat. Eine solche formaljuristische Lücke im Verfahren
müsse es aber geben, um die Verkaufsvorgaben der Deutsche Wohnen zu
umgehen, erklärte Baustadtrat Schmidt am Sonntag.
Und mit dem Aufsichtsratsbeschluss der Gewobag und der Zustimmung des
Senats bestehe die „politische Garantie“, dass die Übergabe funktionieren
werde. „Ich sehe keinerlei Risiko mehr: Die Mieter sind auf der sicheren
Seite“, betonte Schmidt. Er und Wohnen-Staatssekretär Sebastian Scheel
(Linke) werden persönlich am Mittwoch und Donnerstag bei
Informationsgesprächen für die Mieter vor Ort sein.
Mindestens 25,1 Prozent der Mieter müssen sich für ein Gelingen auf das
Verfahren des gestreckten Erwerbs einlassen. Schmidt geht aber davon aus,
dass „weit über 50 Prozent“ dies tun werden; nur wenige seien in der Lage,
ihre Wohnung selbst für sich zu erwerben.
Wenn alles optimal laufe, könnten laut dem Baustadtrat letztlich sogar mehr
als 80 Prozent der Wohnungen in Landesbesitz landen: Offenbar als Reaktion
auf eine einstweilige Verfügung, mit der das Landgericht den Verkauf der
Wohnblöcke Mitte Dezember gestoppt hatte, billigt der Verkäufer nämlich nun
auch erst vor Kurzem eingezogenen Mietern ein Vorkaufsrecht zu. Sie hätten
dafür auch Zeit über den 3. Januar hinaus. Das betreffe etwa 50 der 620
Wohnungen.
Schmidt will sich zudem mit der Deutsche Wohnen Mitte Januar
zusammensetzen, um doch noch über die Übernahme der restlichen Wohnungen
durch das Land zu verhandeln. Er appellierte an das Unternehmen, sein
Auftreten zu überdenken: „Die Deutsche Wohnen muss sich selber fragen,
welche Rolle sie spielen will.“
30 Dec 2018
## LINKS
[1] /taz-Serie-Wohnen-ist-Heimat/!5557905
[2] /Verkauf-der-Karl-Marx-Allee-in-Berlin/!5545177
## AUTOREN
Bert Schulz
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