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# taz.de -- Rekommunalisierung: Showdown in der Karl-Marx-Allee
> Rund 70 Prozent der Mieter wollen laut Stadtrat Schmidt (Grüne) bislang
> mithelfen, einen Kauf durch die Deutsche Wohnen zu verhindern – Samstag
> ist Fristende.
Bild: Mieter an der Karl-Marx-Allee protestieren gegen Verkauf an die Deutsche …
Im Streit um mehrere historische Wohnblocks an der Karl-Marx-Allee scheint
kurz vor Fristablauf die große Mehrheit der Mieter gewillt, die Übernahme
ihrer Wohnung durch die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag zu
unterstützen. „70 Prozent sind bereit dazu“, sagte der Baustadtrat von
Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), am Mittwoch der taz. Er
bezieht sich dabei auf Umfragen des Mieterbeirats und hält sogar eine Quote
von 80 Prozent für möglich. Eigentlich wollte das Privatunternehmen
Deutsche Wohnen neuer Eigentümer werden. Die Mieter haben jedoch ein
Vorkaufsrecht, aufgrund dessen sie die Wohnungen selbst erwerben und dann
der Gewobag übertragen können. Die Frist dafür läuft am Samstag ab.
„Gestreckter Erwerb“ heißt dieses Verfahren, für das die rot-rot-grüne
Koalition und der Gewobag-Aufsichtsrat im Dezember den weg frei machten.
Dabei bekommen die Mieter der betroffenen rund 700 Wohnungen an der
Karl-Marx-Allee einen Kredit der gleichfalls landeseigenen Investitionsbank
Berlin vermittelt, mit dem sie ihre Wohnung kaufen können, bevor sie zum
selben Preis an die landeseigene Gewobag weitergeht. Dieser Preis
entspricht laut Schmidt dem, was die Deutsche Wohnen den bisherigen
Eigentümern zahlen wollte.
Damit das Vorkaufsrecht greift und nicht doch die Deutsche Wohnen zum Zuge
kommt, muss mindestens ein Viertel der Betroffenen diese Möglichkeit
nutzen. Die Mieter seien auf der sicheren Seite, hatte Schmidt bereits am
Wochenende gegenüber der taz gesagt – „ich sehe keinerlei Risiko mehr“. …
Aufkaufprogramm ist Teil der Rekommunalisierungsstrategie von SPD,
Linkspartei und Grünen.
Um vor Fristablauf ausreichend Zeit zu haben, die Vorkaufsanträge und
sonstigen Unterlagen zu prüfen und formelle Fehler zu vermeiden, sollen
laut Schmidt alle Kaufanträge bereits am heutigen Donnerstag um 13 Uhr beim
Mieterbeirat vorliegen. Noch unsichere Mieter können sich ab 9 Uhr nochmals
bei einer Informationsveranstaltung mit Fakten versorgen, bevor sie ihre
Entscheidung treffen: im „Münzenbergsaal“ am Franz-Mehring-Platz 1
(Neues-Deutschland-Gebäude). Für diesen Termin sind auch Vertreter des
Senats, des Bezirks, der Gewobag und Mieteranwälte angekündigt.
Die bereits festgezurrten Kaufpläne des als Vermieter tendenziell schlecht
beleumundeten Unternehmens waren Anfang November bekannt geworden.
Verkäufer sind vier verschiedene private Gesellschaften, alle von der
Predac Immobilien Management AG vertreten. Bei Mietern löste der Gedanke an
eine Übernahme durch die Deutsche Wohnen Angst vor drastischen
Mieterhöhungen aus.
Anfangs schien sich nur einer der vier Wohnblöcke mit etwa mehr als 80
Wohnungen gegen eine solche Übernahme schützen zu lassen: Er ist als
Milieuschutzgebiet eingeordnet, und in solch einem Gebiet hat der Bezirk
ein direktes Vorkaufsrecht. In den anderen drei Blöcken haben nur die
Mieter selbst dieses Recht – können es aber zumeist mangels eines
ausreichend dicken Bankkontos nicht nutzen. Kaum zwei Wochen später aber
entwickelte Stadtrat Schmidt die Idee, dass die Mieter zwar pro forma
kaufen, aber gleich weiterverkaufen können.
2 Jan 2019
## AUTOREN
Stefan Alberti
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Matthias Kollatz-Ahnen
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