| # taz.de -- Verkauf der Karl-Marx-Allee in Berlin: Zuckerschlecken für Spekula… | |
| > Berlins größter Immobilienkonzern Deutsche Wohnen kauft 700 Wohnungen in | |
| > der Karl-Marx-Allee. Einen Teil davon könnte der Bezirk noch retten. | |
| Bild: Gebäude in der Karl-Marx-Allee | |
| Berlin taz | Plötzlich ist Unruhe unter den knapp 50 BesucherInnen im | |
| Großen Saal des Gesundheitsamts Friedrichshain-Kreuzberg. „Ach du Scheiße�… | |
| stöhnt einer. Bis dahin hatte Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian | |
| Schmidt (Grüne) den still lauschenden BewohnerInnen der Karl-Marx-Allee | |
| 92–100 erklärt, dass ihre Häuser verkauft wurden: 81 Wohnungen, 10 | |
| Gewerbeeinheiten, circa 8.000 Quadratmeter für knapp 30 Millionen Euro. Und | |
| dann spricht er aus, was viele beunruhigt. „Es ist die Deutsche Wohnen, die | |
| der Käufer ist.“ | |
| Berlins größter privater Vermieter, der [1][nicht gerade im Ruf steht, | |
| besonders mieterfreundlich zu sein], hat zugeschlagen. Neben dem Block im | |
| Milieuschutzgebiet, deren BewohnerInnen vom Bezirk zur | |
| Nachbarschaftsversammlung geladen wurden, sind noch drei weitere betroffen. | |
| Insgesamt 700 Wohnungen in den Zuckerbäckerbauten hat der Konzern erworben, | |
| wie die [2][Berliner Zeitung zuerst berichtete]. Hochgerechnet ist das ein | |
| Deal von etwa 300 Millionen Euro. | |
| Die Verkäufe der anderen Blöcke sind beim Bezirk bislang nicht eingegangen, | |
| sagt Schmidt, derweil die Mieter schon entsprechende Briefe bekommen haben. | |
| Dies spreche womöglich für einen Share Deal, einen anteiligen Kauf, der als | |
| Steuervermeidungstrick bekannt ist und nicht angezeigt werden muss. | |
| Verkäufer der Wohnblöcke sind vier verschiedene private Gesellschaften, | |
| alle von der Predac Immobilien Management AG vertreten. Dass die Deutsche | |
| Wohnen „in diesem Umfang zuschlägt, ist schon bemerkenswert“, so Schmidt. | |
| Die Deutsche Wohnen, der etwa 110.000 Wohnungen in der Stadt gehören, ging | |
| zuletzt munter auf Einkaufstour, auch [3][zusammen mit der ebenfalls | |
| börsennotierten Accentro], einem Spezialisten für die Umwandlung von Miet- | |
| in Eigentumswohnungen. | |
| ## Vorkaufsrecht für 81 Wohnungen | |
| Schmidts weitere Botschaft an diesem Abend: „Wir prüfen das Vorkaufsrecht.“ | |
| Der Aktivist in politischer Verantwortung möchte die Deutsche Wohnen | |
| ausstechen. Statt ihrer könnte dann die Wohnbaugesellschaft Mitte (WBM) den | |
| Block D Süd, wie die fünf zusammenhängenden Häuser im Milieuschutzgebiet | |
| heißen, übernehmen. Ein Kauf der Bewohner selbst oder einer Genossenschaft | |
| kommt angesichts des Volumens und der kurzen Zeit nicht infrage. | |
| Schmidt verspricht: Er werde dem Konzern harte Auflagen für den | |
| Mieterschutz machen. Bis zum 15. Dezember hat die Deutsche Wohnen Zeit, die | |
| sogenannte Abwendungsvereinbarung zu akzeptieren. Üblich war bisher, die | |
| Einhaltung der Ziele des Milieuschutzes für 20 Jahre zu verlangen, auch | |
| Umwandlung in Eigentumswohnungen und teure Sanierungen zu untersagen. | |
| Nun will Schmidt auch eine Begrenzung der Neuvermietungsmieten festlegen. | |
| Lässt sich die Deutsche Wohnen darauf nicht ein, kann das Vorkaufsrecht | |
| ausgeübt werden – wenn sich ein Käufer findet. 30 Millionen kann eine | |
| Wohnungsbaugesellschaft ohne Zuschuss vom Senat nicht stemmen. | |
| ## Straße als Symbol | |
| Das bezirkliche Vorkaufsrecht kommt nur für den Wohnblock südlich der | |
| Karl-Marx-Allee und östlich der Straße der Pariser Kommune infrage. Dieser | |
| liegt als einziger der vier im seit 2016 existierenden Milieuschutzgebiet | |
| Weberwiese, erlassen vom Bezirk, um die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung | |
| zu erhalten. Wie sich in dem mit Neonröhren ausgeleuchtete Raum im | |
| Gesundheitsamt zeigt: Das Spektrum erstreckt sich von Menschen um die 30 | |
| bis zu RentnerInnen, die schon vor der Wende eingezogen sind. | |
| Die Karl-Marx-Straße ist ein Symbol, so monumental, dass sich die Politik | |
| nicht einfach wegducken kann. Auf Anfrage der taz erklärt | |
| Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke): „Dass die ehemaligen | |
| Arbeiterpaläste Anfang der 1990er Jahre überhaupt privatisiert wurden, war | |
| damals schon bitter und falsch. Wenn sich eine realistische Chance bietet, | |
| diesen Fehler – auch teilweise – zu korrigieren, werden wir sie nutzen.“ | |
| Im Senat möchte man sich gern mit der Straße schmücken. Man ist bemüht, die | |
| Straße gemeinsam mit dem Hansaviertel zum Weltkulturerbe erklären zu | |
| lassen. Schmidt sagt dazu: „Wenn man Weltkulturerbe auch im Sinne eines | |
| soziales Städtebaus sieht, kann man die Straße nicht einfach Investoren | |
| überlassen.“ | |
| 6 Nov 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /!5543067/ | |
| [2] https://www.berliner-zeitung.de/berlin/700-wohnungen-die-karl-marx-allee-wi… | |
| [3] /!5519678/ | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
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