# taz.de -- Rekommunalisierung der Karl-Marx-Allee: Staatseigentum reloaded | |
> Die Koalition einigt sich, wie die an die Deutsche Wohnen verkauften | |
> Wohnungen gerettet werden können. Die Lösung ist durchaus kreativ. | |
Bild: Protestplakate an einem Haus in der Karl-Marx-Allee | |
BERLIN taz | Die rot-rot-grüne Koalition hat sich geeinigt: Dem [1][Verkauf | |
von 700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee an die Deutsche Wohnen] soll auf | |
breiter Front begegnet werden. Nachdem sich der Senat am Dienstag noch | |
nicht einigen konnte, ob neben einer individuellen Hilfe für kaufwillige | |
Mieter durch einen Kredit auch ein Rekommunalisierungsmodell umgesetzt | |
werden kann, entschied der Koalitionsausschuss aus Partei- und | |
Fraktionsspitzen am Mittwochmorgen genau das. | |
Als „gestreckter Ankauf“ wird das Modell bezeichnet, das es ermöglichen | |
soll, dass MieterInnen ihr individuelles Vorkaufsrecht ziehen, letztendlich | |
aber eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft das Eigentum an den Wohnungen | |
erwirbt. | |
Wochenlang hatten Bezirks- und Landespolitiker nach einer solchen, | |
rechtssicheren Lösung gesucht. Das Problem: Die Predac, Verkäuferin der | |
vier Blöcke, und die Deutsche Wohnen hatten vereinbart, dass MieterInnen | |
ihr Vorkaufsrecht nicht an einen Dritten abtreten dürfen und auch eine | |
Belastungsvollmacht ausgeschlossen. Das verhindert das Beleihen der noch zu | |
kaufenden Wohnung als Sicherheit für einen Bankkredit. | |
Wie Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) der taz erläuterte, | |
ist nun ein Umweg um diese Klauseln gefunden: Die Mieter, die ihre | |
Wohnungen in die öffentliche Hand überführen wollen, erhalten vorab ein | |
Kaufangebot der Wohnungsbaugesellschaft Gewobag. Mit diesem wiederum | |
erhalten sie eine Finanzierungszusage der Investitionsbank Berlin | |
Brandenburg (IBB), mithilfe sie den Vorkauf wahrnehmen können. Die IBB | |
zahlt den Verkäufer aus und erhält unmittelbar darauf das Geld von der | |
Gewobag zurück. Die förmliche Entscheidung über diesen Weg muss der Senat | |
in seiner kommenden Sitzung am nächsten Dienstag entscheiden. Die Arbeit | |
beginne aber bereits jetzt. | |
## Kreativ gegen Hinterhältigkeit | |
Lompscher sprach von einer „guten Lösung“. Sie hoffe, mindestens ein | |
Viertel der Mieter, bestenfalls die Hälfte von dem Modell überzeugen zu | |
können. Nötig sei ein Eigenkapitalzuschuss für die Gewobag von bis zu 50 | |
Millionen Euro. Am Freitagabend sollen die MieterInnen im Kino Kosmos über | |
das Modell informiert werden. | |
Mieterbeiratsvorsitzender Norbert Bogedein sprach gegenüber der taz von | |
einer „cleveren Entscheidung“, die es ermögliche, die „hinterhältigen | |
Paragraphen zu unterlaufen“. Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian | |
Schmidt, der sich von Beginn an für eine Rekommunalisierung stark gemacht | |
hatte, sagte der taz: “Mit dieser Entscheidung hat die Koalition bewiesen, | |
geschlossen handlungsfähig zu sein.“ | |
Die Koalition entschied auch: Wer seine Wohnung selbst kaufen wolle, kann | |
einen Kredit von der IBB erhalten. Laut Lompscher werden aber nur „sehr | |
wenige Mieter in der Lage sein, das Darlehensangebot anzunehmen“. | |
[2][Andere wollten auch gar keine Eigentümer werden]. | |
Die 80 Wohnungen des Blocks D-Süd, die als einzige im Milieuschutzgebiet | |
liegen, sollen über das bezirkliche Vorkaufsrecht rekommunalisiert werden – | |
auch das bekräftige der Koalitionsausschuss. Die Wohnungsbaugesellschaft | |
Mitte hat der Ausübung des Vorkaufsrechts zugestimmt, wie Lompscher | |
mitteilte. Eine einstelliger Millionenzuschuss ins Eigenkapital sei bereits | |
gewährt worden. | |
12 Dec 2018 | |
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Erik Peter | |
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