# taz.de -- NRW verschärft Polizeigesetz: Koalition für mehr Repression | |
> Im NRW-Landtag stimmen CDU, FDP und SPD für ein schärferes Polizeigesetz. | |
> KlimaschützerInnen wollen mit zivilem Ungehorsam dagegenhalten. | |
Bild: Für „Ende Gelände“ sind die verschärften Gesetze eine Reaktion auf… | |
DÜSSELDORF taz | Mit Unterstützung der oppositionellen SPD hat | |
Nordrhein-Westfalens schwarz-gelbe Regierungskoalition am Mittwoch das | |
[1][Landespolizeigesetz] verschärft. Schon wegen des bloßen Verdachts auf | |
Planung einer schweren Straftat kann die Polizei nach kurzer richterlicher | |
Überprüfung künftig BürgerInnen bis zu zwei Wochen festsetzen, eine | |
Verlängerung dieses „Unterbindungsgewahrsams“ um weitere zwei Wochen ist | |
möglich. | |
Zur „Telekommunikationsüberwachung“ (Quellen-TKÜ) dürfen die Beamten | |
künftig Spionage-Trojaner in Computer und Smartphones einschleusen. Die | |
Videoüberwachung wird ausgeweitet. Außerdem sieht das von | |
Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul verantwortete Gesetz | |
Aufenthaltsgebote und Kontaktverbote vor – die Polizei kann also künftig | |
festlegen, welcher bloß Verdächtige wo mit wem reden darf. | |
Die Grünen stimmten gegen die Verschärfungen. „Dieses Gesetz greift zu tief | |
in die Grundrechte ein“, sagte deren Parlamentarische Geschäftsführerin, | |
Verena Schäffer. SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty hatte die Zustimmung | |
seiner Abgeordneten dagegen schon am Dienstag begründet – mit Änderungen, | |
die die Sozialdemokraten CDU und FDP abgerungen hätten. | |
Das ursprünglich an der harten bayerischen Linie orientierte Gesetz ähnele | |
jetzt dem liberaleren Entwurf der Großen Koalition in Niedersachsen, sagte | |
Kutschaty – dabei soll das niedersächsische Polizeigesetz nun nicht mehr | |
wie ursprünglich geplant noch in diesem Jahr beschlossen werden: In | |
Hannover hatten zuvor Landtagsjuristen Bedenken gegen die vorgesehene | |
Präventivhaft geltend gemacht. | |
## Proteste in Düsseldorf und Hannover | |
In Düsseldorf betonte Sozialdemokrat Kutschaty dagegen, auf Druck seiner | |
Fraktion sei nun immerhin sichergestellt, dass Menschen in Polizeigewahrsam | |
anwaltliche Unterstützung bekommen. | |
„Wenn wir jemanden einsperren, der noch keine Straftat begangen hat, muss | |
gewährleistet sein, dass eine unabhängige Stelle den Rechtsschutz gegen | |
diese richterliche Entscheidung umfassend prüft“, sagte der | |
Ex-Landesjustizminister. Bei der Quellen-TKÜ habe die SPD außerdem | |
durchsetzen können, dass „Berufsgeheimnisträger“, wie eben Anwälte, Ärz… | |
oder Geistliche, nur begrenzt abgehört werden dürfen. | |
Zu Protesten hatte ein breites Bündnis aufgerufen, dem etwa Parteien wie | |
Grüne und Linke, Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschafter und Umwelt- | |
und Klimaschützer angehören. Erst am Wochenende waren in Düsseldorf und | |
Hannover [2][Tausende gegen die verschärften Polizeigesetze auf die Straße | |
gegangen]. | |
## Ein ganz spezielles „Lex Ende Gelände“ | |
„Das Gesetz ist eine direkte Antwort auf unsere Klimaproteste rund um den | |
Hambacher Wald“, kritisiert auch Daniel Hofinger, Sprecher der Aktion Ende | |
Gelände, die immer wieder die Braunkohlentagebaue im Rheinischen Revier | |
stürmt. „Dass jetzt Menschen, deren Identität nicht festgestellt werden | |
kann, bis zu sieben Tage in Polizeigewahrsam genommen werden dürfen, ist | |
ein ganz spezielles ‚Lex Ende Gelände‘ “, sagte der Klimaaktivist. | |
Die CDU und ihr „Dinosaurier-Minister“ Reul verweigere eine politische | |
Lösung für mehr Klimaschutz, setze stattdessen auf „Repression“, sagt | |
Hofinger: „70 Prozent wollen einen schnellen Kohleausstieg.“ Die | |
Klimaschutzbewegung werde deshalb weiter auf „zivilen Ungehorsam“ setzen, | |
verspricht der Klimaaktivist: „Davon kann uns kein Polizeigesetz abhalten. | |
Der Polizeiapparat ist einfach überfordert, wenn Tausende nicht | |
mitspielen.“ | |
12 Dec 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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