# taz.de -- Videoüberwachung in Berlin: Kamera ab, Streit läuft | |
> Innensenator Andreas Geisel (SPD) kündigt einen Gesetzentwurf für mehr | |
> Videoüberwachung an, Linke und Grüne sind sauer. | |
Bild: Vielerorts wird schon gefilmt | |
Knatsch in der rot-rot-grünen Koalition: Nachdem Innensenator Andreas | |
Geisel (SPD) einen eigenen Gesetzentwurf zur Ausweitung der | |
Videoüberwachung angekündigt hat, gehen Linke und Grüne auf Distanz. | |
„Mehr Videoüberwachung wird es mit uns definitiv nicht geben“, sagte Hakan | |
Taş, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, am Freitag der taz. Und | |
auch Benedikt Lux, Innenpolitiker der Grünen, erklärte: „Anlasslose | |
Videoüberwachung lehnen wir ab.“ | |
Geisel hatte bei einer Veranstaltung am Mittwochabend einen Gesetzentwurf | |
für mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum angekündigt. An | |
Kriminalitätsschwerpunkten und stark frequentierten Orten wie dem | |
Breitscheidplatz und dem Pariser Platz soll die Polizei demnach stationäre | |
Kameras dauerhaft installieren können, bestätigte sein Sprecher Martin | |
Pallgen. Die Innenverwaltung werde einen entsprechenden Gesetzentwurf nach | |
der Sommerpause vorstellen. „Ziel ist es, eine vernünftige, maßvolle | |
Videoüberwachung hinzukriegen.“ | |
Geisels Vorstoß ist auch eine Reaktion auf das Volksbegehren für mehr | |
Videoüberwachung. Zu dessen Initiatoren gehört der | |
CDU-Bundestagsabgeordnete und Exjustizsenator Thomas Heilmann ebenso wie | |
der ehemalige Neuköllner Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD). Das Bündnis | |
will zahlreiche Orte in der Stadt mit 1.000 zusätzlichen Kameras überwachen | |
lassen. Neben Video- sind auch Tonaufnahmen vorgesehen. Die Initiative hat | |
25.000 Unterschriften gesammelt. Derzeit prüft die Innenverwaltung, ob der | |
Gesetzentwurf verfassungskonform ist; Geisel hat dies stets angezweifelt. | |
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte sich bereits Anfang | |
des Jahres gesprächsbereit gezeigt. Es gebe Chancen für einen möglichen | |
Kompromiss mit der Initiative, so Müller. „Ich sehe in der Sache gar nicht | |
so große Differenzen.“ Umfragen zufolge ist die Akzeptanz in der | |
Bevölkerung für Videoüberwachung durchaus da: Bei einer im März | |
veröffentlichten Civey-Befragung sprachen sich zwei Drittel für mehr | |
Kameras aus, bei einer im April veröffentlichten Forsa-Umfrage waren es | |
sogar drei Viertel. | |
Geisel geht nun in die Offensive: Anders als Heilmann und Co wolle der | |
Innensenator die Stadt nicht flächendeckend mit Kameras überziehen, sagte | |
Pallgen. 1.000 Kameras seien viel zu viel, auch Tonaufnahmen solle es nicht | |
geben. „Wir wollen einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, der vernünftig | |
ist und maßvoll, nicht unbestimmt und wahllos.“ | |
Davon muss die SPD ihre Koalitionspartner aber erst noch überzeugen. „Wir | |
brauchen keine neue rechtliche Regelung“, sagte Linkenpolitiker Taş. | |
Kriminalitätsbelastete Orte könnten bereits jetzt zeitlich befristet | |
überwacht werden, der Koalitionsvertrag gelte auch für den Innensenator. | |
Dort steht, dass Rot-Rot-Grün die Grundrechte nicht weiter einschränken | |
will, sondern auf eine bessere Ausstattung und Präsenz der Polizei setzt. | |
„Mit stationären Kameras, die Orte dauerhaft überwachen, haben wir ein | |
Problem“, sagte auch Lux. Man produziere damit viel zu große Mengen | |
Bildmaterial. „Wir wollen Polizisten auf der Straße einsetzen und nicht | |
hinter Bildschirmen.“ Sowohl Lux als auch Taş sehen in Geisels Ankündigung | |
einen Affront. Lux sagte: „Der Vorstoß war nicht abgestimmt. Durch so eine | |
öffentliche Ankündigung gefährdet der Innensenator eine gemeinsame | |
Koalitionslinie.“ | |
22 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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