# taz.de -- Udo Wolf über Innensenator Geisel: „Wir sind not amused“ | |
> Koalitionsstreit um Videoüberwachung: Der Chef der Linksfraktion mahnt | |
> Innensenator Andreas Geisel (SPD), sich an die rot-rot-grünen | |
> Verabredungen zu halten. | |
Bild: Rot-Rot-Grün unter Beobachtung des Linksfraktionschefs | |
taz: Herr Wolf, Innensenator Geisel (SPD) hat Ende letzter Woche | |
angekündigt, einen Gesetzentwurf zum Thema Videoüberwachung vorlegen zu | |
wollen. Offenbar sucht er den Kompromiss mit den Initiatoren des | |
Video-Volksbegehrens, darunter Ex-CDU-Justizsenator Thomas Heilmann. | |
Udo Wolf: Mit uns gibt es keinen Kompromiss mit dem „Aktionsbündnis mehr | |
Videoaufklärung“. Das wäre der Einstieg in die flächendeckende | |
Videoüberwachung, die wir im Koalitionsvertrag ausgeschlossen haben. | |
Der Koalitionsvertrag wurde vor dem Anschlag auf den Breitscheidplatz | |
beschlossen. | |
Deshalb haben wir nach dem Anschlag in einer Senatsklausur lange um ein | |
Sicherheitskonzept gerungen. Da haben wir viele Maßnahmen beschlossen, die | |
real für mehr Sicherheit sorgen. Eine gesetzliche Ausweitung der | |
Videoüberwachung haben wir dort diskutiert – und explizit abgelehnt. | |
Dennoch sind wir der SPD weit entgegengekommen, indem wir bereit waren, | |
eine weite Auslegung des Paragrafen 24 des Allgemeinen Sicherheits- und | |
Ordnungsgesetz (Asog) zu dulden, also des Paragrafen, der regelt, dass es | |
in Absprache mit den Veranstaltern etwa bei Weihnachtsmärkten oder | |
Fanmeilen temporäre Videoüberwachung geben kann und dies möglicherweise | |
temporär auch an Plätzen wie dem Kottbusser Tor oder dem Görlitzer Park | |
möglich wäre. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Innensenator für mehr | |
Videoüberwachung ausspricht – wenn auch deutlich weniger als die 1.000 | |
Kameras, die das Volksbegehren bisher forderte. | |
Sowohl Andreas Geisel als auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh versuchen immer | |
wieder abwechselnd, das Thema auf die Tagesordnung zu bringen. Darüber | |
sind wir not amused. Wir haben über den Umgang mit dem | |
Heilmann-Buschkowsky-Volksbegehren auch im Koalitionsausschuss diskutiert. | |
Wir waren uns einig, dass das Volksbegehren in weiten Teilen | |
verfassungswidrig und damit unzulässig ist; dass wir die Zulässigkeit des | |
Volksbegehrens durch das Verfassungsgericht klären lassen und dass es bis | |
dahin weder Verhandlungen noch Verhandlungsangebote mit und an die | |
Initiatoren gibt. Verabredungen des Koalitionsausschusses sollten auch für | |
den Innensenator gelten. Sonst wird es schwer mit der Zusammenarbeit. | |
Eine Mehrheit der Berliner kann sich mehr Videoüberwachung vorstellen. | |
Umfragen legen das nahe. Aber Untersuchungen wie gerade in | |
Nordrhein-Westfalen oder die Evaluierungen in Potsdam und London haben den | |
Glauben, durch mehr Kameras könne mehr Sicherheit entstehen, widerlegt. In | |
NRW hatte das Kriminologische Institut Daten aus sieben Städten | |
ausgewertet. Das Ergebnis: Die Kameras wirken kaum oder gar nicht gegen | |
Kriminalität. | |
Was, wenn der Innensenator trotzdem einen Gesetzesentwurf vorlegt? | |
Die Frage ist, ob Herr Geisel dieses tote Pferd in der Koalition | |
weiterreiten möchte. Wir haben dem Senator genügend Stellen bei der Polizei | |
und mehr Ausrüstung spendiert. Das sind Mittel für echte Sicherheit, nicht | |
für gefühlte. Wenn Herr Geisel an den Koalitionspartner vorbei einen | |
Gesetzesentwurf ins Abgeordnetenhaus einbringen will und auf eine Mehrheit | |
mit AfD und CDU hofft, ist die Koalition ganz schnell vorbei. Aber ich gehe | |
davon aus, dass er das nicht will und deshalb nicht tut. | |
24 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Uwe Rada | |
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