# taz.de -- Videoüberwachung in Läden: Es darf länger gespeichert werden | |
> Arbeitgeber dürfen ihre Kameraaufnahmen auch noch Monate später | |
> auswerten. Das entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht. | |
Bild: Wie lang sollten Arbeitgeber Videoaufnahmen überprüfen dürfen? | |
Das Neue | |
Offene Videoüberwachung in Verkaufsräumen muss nicht sofort gelöscht | |
werden, sondern darf auch noch nach Monaten vom Arbeitgeber ausgewertet | |
werden, um Straftaten von Beschäftigten aufzudecken. Dies entschied jetzt | |
das Bundesarbeitsgericht (BAG). | |
Der Kontext | |
Der Arbeitgeber verkaufte in seinem Laden nahe Iserlohn Tabakwaren. | |
Außerdem nahm er Lottoscheine entgegen. Im Juli 2016 stellte er einen | |
Schwund bei den Tabakwaren fest und ließ eine Mitarbeiterin alte Aufnahmen | |
der in seinem Laden installierten Videokamera auswerten. Dabei fiel auf, | |
dass eine Minijobberin im Februar Geldbeträge aus dem Verkauf von Tabak | |
nicht ordnungsgemäß in die Tabakkasse legte. Der Ladeninhaber ging davon | |
aus, dass die Minijobberin das Geld für sich behalten hatte, und kündigte | |
ihr fristlos. Die Frau bestritt die Vorwürfe und klagte gegen die | |
Kündigung. Außerdem hätten die alten Videoaufnahmen gar nicht gegen sie | |
verwendet werden dürfen. | |
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm teilte diese Position und erklärte die | |
Kündigung für rechtswidrig. Die Aufnahmen der Videokamera hätten | |
„unverzüglich“ gelöscht werden müssen, spätestens nach 48 Stunden. Da d… | |
nicht erfolgt sei, habe der Arbeitgeber unzulässig in Rechte seiner | |
Beschäftigten eingegriffen. Es bestehe daher ein „Beweisverwertungsverbot“ | |
für die Aufnahmen. Die Kündigung konnte nicht darauf gestützt werden. | |
Das sah das BAG nun aber anders. Der Ladeninhaber musste die Aufnahmen | |
nicht täglich auswerten. Er durfte mit der Auswertung „so lange warten, bis | |
er dafür einen berechtigten Anlass sah“, so das BAG. Auch nach sechs | |
Monaten sei dies noch zulässig gewesen. Es bestand daher kein | |
Verwertungsverbot an den Videoaufnahmen. (Az. 2 AZR 133/18) | |
Eine absolute Höchstgrenze für die Speicherung von Videoaufnahmen in Läden | |
nennt das Bundesarbeitsgericht nicht. Laut Bundesdatenschutzgesetz sind | |
Videoaufnahmen in Läden „unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung | |
des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der | |
Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen“. Betroffene sind in | |
diesem Fall die Beschäftigten, aber auch die Kunden. | |
## Die Reaktionen | |
Noch keine. Das BAG beruft sich auf eine Vorschrift im Datenschutzgesetz, | |
wonach Daten zur Begründung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses | |
verarbeitet werden dürfen. Es erwähnt aber nicht, dass Maßnahmen, die der | |
Aufdeckung von Straftaten dienen, laut Gesetz nur bei einem konkreten | |
Verdacht möglich sind, der hier zunächst fehlte. Das Urteil wird deshalb | |
noch für viel Diskussionen sorgen. | |
## Die Konsequenz | |
Der Fall wurde an das LAG Hamm zurückverwiesen. Dort muss nun geklärt | |
werden, ob die Videoüberwachung überhaupt rechtmäßig war. Erforderlich ist | |
laut Bundesdatenschutzgesetz vor allem ein deutlich erkennbarer Hinweis, | |
dass in dem Laden eine Kameraüberwachung stattfindet. | |
23 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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