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# taz.de -- Strukturreform für Berlins Polizei: Hundertschaft für den Hermann…
> Eine Strukturreform soll die Polizeipräsenz an innerstädtischen
> Brennpunkten verstärken. Am Montag werden die Pläne im Innenausschuss
> vorgestellt.
Bild: Hat keine Angst vorm Hermannplatz: Berliner Polizist
Noch handele es sich um ein „Grobkonzept“: Das betonten Innensenator
Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara Slowik in den
vergangenen Tagen immer wieder, wenn sie auf die geplante Strukturreform
bei der Polizei angesprochen wurden. Dass der Entwurf vor zehn Tagen zuerst
den Medien vorgestellt worden war, hatte bei den Beschäftigtenvertretern
Verschnupfung ausgelöst. Erst danach hatte Slowik ihre Mitarbeiter in einem
Rundschreiben informiert.
Inzwischen hat die Polizeipräsidentin wiederholt versichert, die
Belegschaft würde in die Planungen einbezogen – und die Entrüstung hat sich
gelegt. „Wir spielen nicht das bockige Kind“, sagt der Sprecher der
Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro, zur taz. „Wir wollen
mitgestalten.“ Eins sei aber schon klar: „Ohne uns wird das Ganze nicht
funktionieren.“
Am heutigen Montag werden Slowik und Geisel den Entwurf im Innenausschuss
des Abgeordnetenhauses vorstellen. Aktuell ist die Stadt in sechs
Polizei-Direktionen aufgeteilt (siehe Kasten). Die Reform sieht so aus,
dass die Direktionen, bisher an Bezirksgrenzen orientiert, zu fünf
Direktionen zusammengefasst werden sollen. Künftig wird es eine Direktion
City geben, die von den vier Direktionen Nord, Ost, Süd und West flankiert
werden wird.
## Neue „Brennpunkt-Direktion“
Die Direktion City, so der Plan, soll aus einer Fusion von Teilen der
bisherigen Direktion 3 (Mitte) und der bisherigen Direktion 5
(Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln) entstehen. Ziel sei, auf diese
Weise die Zuständigkeit für die Brennpunkte in der Innenstadt zu bündeln,
heißt es. In der Hand der Direktion City – salopp „Brennpunkt-Direktion“
genannt – wären damit der Alexanderplatz, die Warschauer Brücke, das
RAW-Gelände, der Görlitzer Park, das Kottbusser Tor und der Hermannplatz.
Ausgestattet werden soll die Direktion City mit einer eigenen
Einsatzhundertschaft. Die soll, anders als die übrigen
Einsatzhundertschaften Berlins, nicht stadtweit eingesetzt werden, sondern
ausschließlich in der Direktion City Dienst tun. So soll die Polizeipräsenz
an den Brennpunkten verstärkt werden.
Was eine Fusion von Teilen der Direktionen 3 und 5 bedeutet, ist – wie so
vieles in dem Entwurf – völlig unklar. Dem Vernehmen nach soll die
Direktion 5, jetzt in der Friesenstraße beheimatet, aufgelöst werden.
Denkbar ist, dass die Polizeiabschnitte an den Rändern der Direktionen 3
und 5 anderen Direktionen zugeschlagen werden. Die Frage ist, wie die
betroffenen Abschnitte das finden. Das Sozialgefüge müsse erhalten bleiben,
sagt der Gesamtpersonalrat.
Diskussionsbedarf besteht auch, was den Neuköllner Hermannplatz betrifft.
Wird der als Brennpunkt eingestufte Platz, wie in dem Entwurf vorgesehen,
der „City“ zugeschlagen, wird Neukölln damit polizeitechnisch zerstückelt.
Zurzeit ist der Bezirk komplett unter Regie der Direktion 5. Die
Zerschlagung käme zu einem Zeitpunkt, wo örtliche Polizei und Bezirksamt
gerade ein verstärktes Vorgehen gegen Organisierte Kriminalität abgestimmt
haben. Auch Geisel scheint Bedenken zu haben. Die Direktionszugehörigkeit
des Hermannplatzes „steht noch nicht fest,“ sagte er am Mittwoch auf
taz-Nachfrage.
Die geplante Strukturreform begründet der Innensenator mit dem Ziel der
rot-rot-grünen Koalition, mehr Polizei auf die Straße zu bringen. Der
Entwurf sieht vor, dass der Stab der Polizeipräsidentin verkleinert und
eine zentrale Landespolizeidirektion (LPD) als neue Hierarchieebene
eingerichtet wird. Unter dem Dach der LPD, die für 14.000 Schutzpolizisten
zuständig wäre, sollen die fünf örtlichen Direktionen sowie die Direktion
Einsatz zusammengezogen werden. Die künftige Leitung der LPD wäre dann mit
dem Chef des Landeskriminalamts (LKA) die drittmächtigste Person in der
Berliner Polizei.
## Experte: „Hatten wir alles schon“
Die LPD soll das operative Tagesgeschäft führen und die zentralen und
örtlichen Einsatzlagen steuern. Der Stab wird aus 100 bis 150 Beamten
bestehen. Die Polizeipräsidentin soll sich aus dem operativen Geschäft
zurückziehen und strategisch arbeiten: Digitalisierung, Personalsteuerung,
Ausrüstung, Umzug der Spezialeinheiten in neues Antiterrorzentrum – es
steht viel an. Auch das LKA ist von der Reform betroffen. Geplant ist die
Einführung einer 8. Abteilung mit dem Schwerpunkt Terrorabwehr.
Eine Landespolizeidirektion, sie hieß nur anders, hat es bei der Berliner
Polizei bis 2003 schon einmal gegeben. Als der Leiter, Gernot Piestert, in
den Ruhestand ging, wurde sie abgeschafft, um die Führungsebene zu
verschlanken. 2016 gab es wieder eine Reform. Diesmal wurde die sogenannte
Direktion Einsatz gegründet. Mit 6.500 Beamten und der Zuständigkeit für
Bereitschafts- und Wasserschutzpolizei, Hubschrauberstaffel, Objektschutz,
Verkehrsdienst und Gefangenenwesen ist sie die größte Direktion Berlins.
Nun wollen Geisel und Slowik die Direktion Einsatz durch Herausnahme von
Bereichen entschlacken. Der Verkehrsdienst soll sogar zu einer eigenen
Direktion aufgewertet werden.
Dass nun mit der Landespolizeidirektion wieder eine Hierarchieebene
eingezogen wird, überzeuge ihn nicht, sagt der ehemalige Abgeordnete und
langjährige Kenner der Berliner Polizei Wolfgang Wieland (Grüne) zur taz.
„Das hatten wir alles schon und es hat es nicht zu einer einheitlichen
Führung der Polizei beigetragen.“
Aus Polizeikreisen verlautet zu den Plänen trocken: „Zentralisieren oder
dezentralisieren – viele Möglichkeiten gibt es nicht, wenn man einer
Organisation einen neuen Anstrich geben will.“ Die politische Absicht
jedenfalls sei klar: „Brennpunkt-Direktion hört sich gut an. Damit kann man
punkten.“
3 Mar 2019
## AUTOREN
Plutonia Plarre
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