Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Mietsteigerungen in Steilshoop: Ein existentielles Problem
> In Steilshoop saniert das Wohnungsunternehmen Vonovia seine Häuser. Das
> bedeutet Mieterhöhungen. Diese seien aber unrechtmäßig, sagt der
> Mieterverein.
Bild: Wo auch wenige Euro schwer wiegen: Steilshoop gehört zu den ärmeren Vie…
HAMBURG taz | Protest gegen das Wohnungsunternehmen Vonovia: In der
Hochhaussiedlung in Steilshoop saniert das Unternehmen derzeit ihren
Häuserbestand. Mieter*innen müssen mit drastischen Mieterhöhungen rechnen.
Der Mieterverein zu Hamburg ist entsetzt. „Berücksichtigt man die
Erhöhungen der vergangenen vier Jahre, sollen sich die Mieten um bis zu 77
Prozent im Monat erhöhen“, sagt deren Vorsitzender, Siegmund Chychla. Eine
Initiative von Betroffenen protestiert dagegen am Donnerstag Nachmittag vor
der Vonovia-Geschäftsstelle im Schreyerring.
Ursache des Streits sind Sanierungen, die das Unternehmen großteils als
Modernisierung bezeichnet. Darunter fallen energetische Sanierungen für
einen geringeren Stromverbrauch. Einen Teil dieser Kosten dürfen
Vermieter*innen durch Mieterhöhungen auffangen, allerdings ist maximal eine
Mieterhöhung von elf Prozent erlaubt. Unerlaubterweise, so der
Mieterverein, verlangt Vonovia deutlich mehr. Eine der Betroffenen ist
Johanna Reidt. „160 Euro Miete pro Monat soll ich künftig mehr zahlen“,
sagt die Rentnerin. Das sei eine Erhöhung ihrer Miete um rund 40 Prozent.
Darüber hinaus kritisiert der Mieterverein, dass es sich keinesfalls nur um
Modernisierungsmaßnahmen handelt. Bei Sanierungen ist zwischen
Modernisierung und Erhaltung zu unterscheiden. Letzteres ist allein von
Vermieter*innen zu tragen. „Hier werden Mieter auch mit Kosten für die
sogenannten Erhaltungsaufwendungen zu Unrecht belastet“, sagt Chychla.
Reidt bestätigt das. „Instandgehalten wurde hier nur sehr wenig. In manchen
Wohnungen sind die Fenster noch immer dieselben wie beim Bau vor 45
Jahren“, sagt Reidt.
Reidt und andere hatten voriges Jahr die Mieterinitiative Steilshoop
gegründet, die die 600 bis 800 Betroffenen vertritt. Heute will die
Initiative einen Forderungskatalog bei Vonovia abgeben. Die Forderungen
sind vielfältig. Neben der Rücknahme der Mieterhöhung fordert sie auch eine
Instandsetzung der Wohnungen. „Hier wurde einfach über Jahre hinweg nichts
gemacht, sondern alles kaputt gespart“, sagt Reidt. Auf Hinweise über
Mängel, etwa Schimmelbefall in den Häusern, habe Vonovia nur selten und
spärlich reagiert.
Das börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Bochum weist die Kritik weit von
sich. „Wir verwahren uns ausdrücklich gegen den Vorwurf, wir würden nicht
zwischen Instandhaltung und Modernisierung trennen“, sagt
Vonovia-Sprecherin Bettina Benner. Die Maßnahmen seien allesamt im
gesetzlichen Rahmen, die Unterscheidungen wurden den Mieter*innen
transparent präsentiert. Die Sanierungen seien notwendig, um langfristig
bezahlbaren Wohnraum anbieten zu können. „Luxussanierungen nehmen wir
ausdrücklich nicht vor“, sagt Benner.
Die Mieterinitiative hingegen befürchtet, dass manche Mieter*innen sich
nach einer Mietererhöhung ihre Wohnung nicht mehr leisten können werden.
Steilshoop gehört zu Hamburgs ärmeren Vierteln. Hier würden wenige Euro
mehr pro Monat für viele zu einem existenziellen Problem. Vonovia hingegen
argumentiert, dass das Unternehmen aus eigener Tasche viele Projekte
zugunsten ihrer Mieter*innen in Steilshoop in Gang gebracht habe: „Wir sind
uns unserer sozialen Verantwortung im Stadtteil bewusst“, sagt Benner.
Die Mieterinitiative hofft nun, dass ihre Forderungen ernst genommen
werden. Vonovia teilte gestern gegenüber der taz mit, dass sie sich dazu
mit dem Mieterverein zusammensetzen wolle. Sollte dies nichts bringen,
denkt die Initiative auch schon über Klagen nach. Dass dieser Weg für die
Mieter*innen erfolgreich sein könnte, ist nicht unwahrscheinlich. Vorigen
Monat hatte ein Vonovia-Mieter in einem vergleichbaren Fall vor dem
Landgericht in Bremen letztinstanzlich Recht bekommen. Dort wollte das
Unternehmen nach der Sanierung des Hauses vom Kläger eine 40 Prozent höhere
Miete.
19 Apr 2018
## AUTOREN
André Zuschlag
## TAGS
Mieten
Vonovia
Mieterverein
Stadtentwicklung Hamburg
Luxussanierung
Stadtentwicklung Bremen
Sozialwohnungen
Mieten
Immobilien Bremen
Ein-Euro-Jobber
Heizkosten
Mieten
Neubau
Hamburg
Wohnungsmarkt
## ARTIKEL ZUM THEMA
Neubauten in Hamburg-Steilshoop: Streit um die Sahneseite
Im dicht besiedelten Steilshoop soll die Schule am See abgerissen und der
Platz mit Wohnungen bebaut werden. Anwohner wollen sie für ein
Stadtteil-Center erhalten.
Räumungen ohne Rechtstitel in Hamburg: Mieter befürchten Vertreibung
Die Bewohner*innen eines Hauses in Hamburg sind nach zwei versuchten
Räumungen ohne Rechtstitel alarmiert: Plant der Immobilieninvestor Akelius
eine Luxussanierung?
Widerstand gegen Räumungsklage: Einfach wohnen
Familie Hacikerimoglu ist die letzte Bewohnerin einer Bremer
Schlichtbau-Siedlung. Sie kämpft vor Gericht, um zu bleiben, während
drumrum alles schon abgerissen ist.
Deutscher Mieterbund protestiert: „Vonovia verdient sich goldene Nase“
Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen investiert in „Modernisierungen“.
Das hat harte Auswirkungen für die Mieter*innen, findet der Mieterbund.
Hamburger Mieten steigen weiter: Die Nischen verschwinden
Die Mieten sind trotz Wohnungsbauprogramms und Mietpreisbremse auf einem
Rekordniveau gelandet. Nun steigt der Druck auf bisher nicht so gefragte
Stadtteile.
Wohnraum-Programm des Bremer Senats: Teuer wohnen für alle
Der Senat bleibt mit seinem Wohnraum-Programm deutlich hinter den Zielen
zurück, aber dennoch optimistisch. Die Opposition vermisst sozialen
Wohnraum.
Senat beendet Arbeitsmarktprogramm: Stadtteilprojekte verlieren Mitarbeiter
Stadtteilprojekte wie der Kinderbauernhof in Kirchdorf bangen um ihre
Existenz. Der Grund: Die Sozialbehörde beendet das Programm „Tagwerk“ für
Langzeitarbeitslose.
Fragwürdige Nebenkostenabrechnungen: Immer Ärger mit Vonovia
Wegen horrender Heizkostenabrechnungen ist die Vonovia wieder in aller
Munde. Der Bremer Erwerbslosenverband wirft ihr nun rechtswidrige
Abrechnungsmethoden vor.
Wohnungsmarkt in Dortmund: Arm werden per Mieterhöhung
Nach München und Hamburg, Köln und Berlin wird jetzt auch das Ruhrgebiet
teuer. Trotzdem wollen CDU und FDP Mieterrechte einschränken.
Neubaupläne für Sebaldsbrück vorgelegt: Aus schlicht wird schick
Ab Herbst 2018 soll gebaut werden: Der Entwurf für die Neugestaltung der
Schlichtbausiedlung „Am Sacksdamm“ in Sebaldsbrück liegt jetzt vor
Abstimmung mit wunden Füßen
Immer mehr Menschen besuchen die Notfall-Ambulanzen der Krankenhäuser.
Sozialverband fordert bessere Hausarzt-Versorgung.
Zwei Wohnungskonzerne verschmelzen: „Minus mal minus ist nicht gleich plus“
Die Elefantenhochzeit der Wohnungskonzerne Deutsche Annington und Gagfah
löst bei Mietervereinen Befürchtungen aus: Bislang fielen beide Unternehmen
negativ auf.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.