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# taz.de -- Zwei Wohnungskonzerne verschmelzen: „Minus mal minus ist nicht gl…
> Die Elefantenhochzeit der Wohnungskonzerne Deutsche Annington und Gagfah
> löst bei Mietervereinen Befürchtungen aus: Bislang fielen beide
> Unternehmen negativ auf.
Bild: Hat die Gagfah gekauft: der Wohnungskonzern Deutsche Annington.
HAMBURG taz | Die Mietervereine sind skeptisch. „Es gibt keine
Anhaltspunkte, dass durch diese Elefantenhochzeit für die Mieter
irgendetwas besser wird“, glaubt Siegmund Chychla, Geschäftsführer des
Mietervereins zu Hamburg von 1890. Und seine Kollegin Sylvia Sonnemann
ergänzt: „Minus mal minus ist nicht gleich plus.“
Die Elefantenhochzeit, von der Chychla spricht, meint die Verschmelzung
zweier Giganten der deutschen Wohnungswirtschaft, die vor allem auch in
Norddeutschland riesige Bestände haben: Am Montag wurde bekannt, dass der
Branchenführer, die „Deutsche Annington“, den etwas kleineren
Wohnungskonzern Gagfah für 3,9 Milliarden Euro übernehmen will.
Rund 350.000 Wohnungen im Wert von rund 20 Milliarden Euro, in denen
bundesweit mehr als eine Million Menschen leben, werden zu dem neuen
Imperium gehören. Es ist die Megafusion zweier Großvermieter, die bei den
Mietervereinen einschlägig bekannt, ja berüchtigt sind: Denn die beiden
börsennotierten Unternehmen haben sich in der Vergangenheit den Ruf hart
erarbeitet, dass für sie die Rendite alles bedeutet, ihre Mieter aber
nichts.
Die Annington, die bislang jeweils mehr als 9.000 Wohnungen in Bremen und
Kiel vermietet, gilt Joachim Barloschowsky vom Bremer Aktionsbündnis
„Menschenrecht auf Wohnen“ als „der schlimmste Vermieter Deutschlands“,…
eigene Profitinteressen „mit rüdesten Methoden gegen seine Mieter
durchdrückt“.
Das Geschäftsmodell laut einer Recherche des Magazins Stern: Notwendige
Sanierungen und Instandsetzungen bleiben aus, dafür werden Modernisierungen
– wie etwa Fassadendämmungen –, die rasante Mieterhöhungen erlauben,
durchgeführt und Nebenkosten künstlich nach oben gepusht.
In internen Papieren bezifferten die Annington-Manager Ende 2013 den
Instandhaltungsstau in ihren rund 200.000 Wohnungen auf mehr als 160
Millionen Euro. Allein 8.000 Wohnungen sollen zu diesem Zeitpunkt vom
Schimmel befallen gewesen sein. Schlimme Schimmelbefälle in ihren Wohnungen
brachte auch die Gagfah immer wieder in die Schlagzeilen.
Das Luxemburger Unternehmen, das in Hamburg über 9.000 Wohnungen vor allen
in den armen Stadtteilen Steilshoop und Wilhelmsburg verfügt, wurde von
seinen eigenen Mietern in der Vergangenheit immer wieder an den Pranger
gestellt. 2012 übergaben 50 Wilhelmsburger Gagfah-Geschädigte Hamburgs
Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) eine lange Mängelliste, in
der sie über undichte Fenster, Wände und Dächer, verrottete Treppenhäuser,
kaputte Fahrstühle, marode Balkone und heruntergekommene Außenanlagen
klagten.
Immerhin: Die Mietervereine verzeichneten im vergangenen Jahr eine leichte
Tendenz der Besserung. So kündigte die Gagfah im Frühjahr an, in den
kommenden sieben Jahren per Anno etwa zehn Millionen Euro in die Sanierung
ihres Steilshooper Wohnungsbestandes zu stecken. „Die Gagfah hat zuletzt
etwas umgesteuert, hat mehr instandgesetzt und ist jetzt für ihre Mieter
besser erreichbar“, sagt Sylvia Sonnemann.
Doch nun bestehe „die berechtigte Sorge“, dass sich das wieder
verschlechtere. Denn im Rahmen der geplanten Übernahme sei schon von
Synergien und einer Verschlankung der Verwaltung die Rede, die sich nach
Meinung der beiden Hamburger Mietervereine für die betroffenen Mieter eher
nachteilig auswirken dürfte.
Obwohl Gagfah-Chef Thomas Zinnröcker erklärte, der bislang geplante
Instandsetzungs- und Modernisierungsetat beider Unternehmen von zusammen
einer halben Milliarde Euro für das kommende Jahr werde nicht gekürzt, ist
Siegmund Chychla skeptisch. Da die Deutsche Annington den Übernahme-Deal
durch eine höhere Verschuldung und eine Kapitalerhöhung finanziere, bleibe
wenig finanzieller Spielraum für die Belange der Mieter.
„Wir werden sehr aufmerksam beobachten, wie sich das entwickelt“,
verspricht Chychla, der hofft, dass die Elefantenhochzeit nicht auf dem
Rücken der über 30.000 Mietparteien beider Unternehmen in Hamburg, Bremen,
Kiel und auch Hannover ausgetragen wird. Denn die Gewinner sind andere:
Nachdem die Übernahme am Montag bekannt wurde, machte die Gagfah-Aktie an
der Börse einen Kurssprung von satten 13 Prozent.
2 Dec 2014
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Wohnungsmarkt
Hamburg
Mieten
Kiel
Stadtentwicklung
Immobilien
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