# taz.de -- Räumungen ohne Rechtstitel in Hamburg: Mieter befürchten Vertreib… | |
> Die Bewohner*innen eines Hauses in Hamburg sind nach zwei versuchten | |
> Räumungen ohne Rechtstitel alarmiert: Plant der Immobilieninvestor | |
> Akelius eine Luxussanierung? | |
Bild: Schick machen und dann teuer neu vermieten: So arbeiten Immobilieninvesto… | |
HAMBURG taz | Was passiert, wenn eine internationale Immobilienfirma ein | |
heruntergewirtschaftetes Wohnhaus kauft? Diese Frage stellen sich die | |
Bewohner der Häuser 103 bis 107 in der Hamburger Wrangelstraße. Sie sind | |
alarmiert, weil die Hausverwaltung binnen zweier Monate zweimal versuchte, | |
Wohnungen „kalt“, also ohne Rechtstitel, zu räumen. | |
Erst im April hatte die schwedische Firma Akelius die drei Häuser vom | |
vorherigen privaten Eigentümer erworben. Der Alteigentümer investierte nur | |
das Nötigste in die Häuser, hielt aber die Mieten niedrig. Das | |
Geschäftsmodell von Akelius besteht darin, solche Häuser in attraktiven | |
Millionenstädten zu kaufen und in einen „First-Class“-Standard aufzuwerten. | |
Akelius Residential Property ist nach eigenen Angaben die größte | |
Immobilienfirma Schwedens. 85 Prozent der Aktiengesellschaft gehören der | |
Akelius-Stiftung mit Sitz auf den Bahamas, einem Steuerparadies. | |
Stiftungszweck ist Wohltätigkeit. Akelius bezeichnet sich selbst als | |
Weltmarktführer im Aufwerten von Wohnungen. Dabei versichert das | |
Unternehmen in seiner Selbstdarstellung, es saniere nur leere Wohnungen. | |
Die Mieter der Wrangelstraße machten andere Erfahrungen: Am 13. Juli brach | |
der Hausmeisterservice eine Wohnung in der 105 b auf. Arbeiter begannen, | |
Sachen aus der Wohnung zu tragen. Wie Michael Wetzel, Sprecher der | |
Versammlung der Mieterinnen und Mieter der Häuser Wrangelstraße 103 bis | |
107, berichtete, hat ein Nachbar den Vorgang beobachtet. Er informierte | |
einen Verwandten der Mieterin, der aus allen Wolken fiel und versuchte, | |
noch ein paar Sachen zu retten. Nach Angaben der Mieter war die Wohnung | |
vermietet und die Miete bezahlt. Die Hausmeisterfirma kam nicht mit dem | |
Gerichtsvollzieher. | |
Einige Mieter machte das so besorgt, dass sie für den 8. August eine | |
Mieterversammlung einberiefen, um den Vorgang und politische Aktionen zu | |
besprechen. Nur einen Tag später stand ein Hausmeistertrupp vor einer | |
Wohnung in der Wrangelstraße 107, den ein Nachbar nach eigener Darstellung | |
gerade noch davon abhalten konnte, eine angeblich leerstehende Wohnung | |
aufzubrechen. „Im ganzen Haus gibt es keinen Leerstand“, sagt der Mieter. | |
„Dieses Vorgehen, sollte es sich so zugetragen haben, erstaunt mich“, sagt | |
Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern. Auch eine gekündigte Wohnung | |
dürfe nicht ohne weiteres geöffnet werden, wenn sie der Mieter nicht | |
herausgebe. Und ein Leerstand müsse eigentlich aus den Akten ersichtlich | |
sein. | |
Olaf Geißler, Geschäftsführer des Hausmeisterservices, weist die Vorwürfe | |
zurück: „Die Mitarbeiter wurden nicht gestoppt, sie haben selber | |
mitbekommen, dass die Wohnung bewohnt ist.“ Selbstverständlich werde eine | |
bewohnte Wohnung nicht aufgebrochen. | |
Bei dem Fall im Juli sei das anders gewesen. „Das war eine Müllwohnung“, | |
sagt Geißler. Seine Mitarbeiter hätten Mäuse gefunden. Im Übrigen sei ja | |
ein Vertreter der Mieterin vor Ort gewesen. „Der hätte das ja stoppen | |
können“, sagt Geißler. „Wir haben dem sogar noch geholfen, die Sachen | |
runter zu tragen.“ Auch Akelius stellt den Sachverhalt anders dar: Die im | |
Juli geräumte Wohnung sei zum 30. April gekündigt worden. „Nur aus diesem | |
Grund haben wir die restlichen Müllsäcke am 13.07.2018 aus der Wohnung | |
entfernt.“ | |
## Die Sorgen bleiben | |
Darüber hinaus habe es keinen Versuch gegeben, die Wohnung in der | |
Wrangelstraße 107 zu öffnen. Vielmehr habe Akelius die leerstehenden | |
Wohnungen zuordnen wollen. „In diesem Zusammenhang haben wir den | |
Hausmeister gebeten, die Mieter vor Ort direkt zu kontaktieren“, lautet die | |
Version des Unternehmens. | |
Akelius dränge keinen Mieter aus seiner Wohnung, versichert die Leiterin | |
der Hamburger Niederlassung, Stefanie Schulke. Vielmehr bekenne sich | |
Akelius zu seiner sozialen Verantwortung. So lege Akelius die | |
Modernisierungskosten nicht bis zum maximal möglichen Betrag auf die Mieter | |
um. In Hamburg stelle Akelius dem Qualifizierungs- und Beschäftigungsträger | |
Passage vergünstigt Räume zur Verfügung und biete zudem unentgeltlich Räume | |
zur Versorgung Hilfebedürftiger an. Die hohen Mieten seien eine Folge des | |
geringen Wohnungsangebots, wachsender Städte und „unbefriedigender | |
gesetzlicher Regelungen“. | |
Wetzels Sorgen lindert das nicht: „Die wollen uns so schnell wie möglich | |
raus haben“, sagt er. Schließlich werbe Akelius mit seinem „first class | |
standard better living“, der sich nicht mit den bisherigen Mieten von fünf | |
bis sechs Euro nettokalt vertrage, sondern eher beim Dreifachen liegt. | |
15 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
Luxussanierung | |
Immobilien Hamburg | |
Akelius | |
Immobilienbranche | |
Räumung | |
Immobilienmarkt | |
Immobilienmarkt | |
Immobiliengeschäfte | |
Mietenwahnsinn | |
Wohnungspolitik | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
Mieten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unzulässige Mieterhöhungen: Die Tricks der Vermieter | |
Drei Viertel aller vom Hamburger Mieterverein geprüften Mieterhöhungen | |
enthielten Fehler. Mitunter denken sich die Vermieter kuriose Begründungen | |
aus. | |
Pensionskasse kauft deutsche Wohnungen: Das Geschäft mit den höheren Mieten | |
Die dänische Pensionskasse PFA kauft für eine Milliarde Euro 3.700 | |
Wohnungen in Deutschland. Das soll sich durch teure Neuvermietungen | |
rentieren. | |
Kampagne Deutsche Wohnen enteignen: Denn die Häuser gehören uns | |
Eine Kampagne fordert, den größten Immobilienkonzern Berlins zu enteignen. | |
Öffentlichen Aktionen soll ein Volksentscheid folgen. | |
Mietsteigerungen in Steilshoop: Ein existentielles Problem | |
In Steilshoop saniert das Wohnungsunternehmen Vonovia seine Häuser. Das | |
bedeutet Mieterhöhungen. Diese seien aber unrechtmäßig, sagt der | |
Mieterverein. |