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# taz.de -- Unzulässige Mieterhöhungen: Die Tricks der Vermieter
> Drei Viertel aller vom Hamburger Mieterverein geprüften Mieterhöhungen
> enthielten Fehler. Mitunter denken sich die Vermieter kuriose
> Begründungen aus.
Bild: In Hamburg-Hamm wurde schon eine Straße nach dem Prinzip mancher Vermiet…
HAMBURG taz | Der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg zeigt sich
schockiert: Nur jede vierte Mieterhöhung, die seine Mitarbeiter geprüft
hätten, sei ohne Fehler gewesen. „Ich mache das seit 30 Jahren“, sagt
Siegmund Chychla. „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“
4.000 Mieterhöhungsbegehren hätten die Mietrechtsexperten des Vereins seit
Inkrafttreten des aktuellen Mietenspiegels im Dezember 2017 überprüft.
Dabei hätten sich in beängstigendem Maß falsche und unberechtigte
Forderungen gehäuft, die sich bei einzelnen Mietern auf bis zu 3.500 Euro
pro Jahr belaufen hätten. Aus eigenen Erfahrungen rechnet der Mieterverein
einen Gesamtschaden für Hamburgs Mieter von 20 Millionen Euro pro Jahr
hoch. „Wir stellen zusehends eine Erosion des rechtsstaatlichen Verhaltens
auf Seiten vieler Vermieter fest“, sagt Chychla.
Der Mieterverein hat das mit einer Reihe von Fällen dokumentiert.
Mieterhöhungen müssen mit einem Verweis auf die ortsübliche Vergleichsmiete
begründet werden, die in Hamburg aus dem Mietenspiegel ermittelt werden
kann. Ein Vermieter in Hamm kam auf die Idee, die Erhöhung mit einem
„Sollertrag Wohnen“, also der von ihm gewünschten Rendite, zu begründen.
„Das ist innovativ“, sagt Chychla ironisch.
Bei einem Mieter im Luruper Weg rechnete der Vermieter den
Modernisierungszuschlag zunächst aus der Miete heraus, wodurch die Miete
unter den Mittelwert des entsprechenden Feldes im Mietenspiegel rutschte.
Dann erhöhte er diese Miete unter Verweis auf den Mietenspiegel und schlug
den Modernisierungszuschlag dann wieder drauf.
In einem Fall in der Güntherstraße drängte der Vermieter den Mieter dazu,
kurzfristig einer Mieterhöhung zuzustimmen, obwohl dafür gesetzlich eine
Frist von zwei Monaten gilt. „Die Vermieter wollen damit verhindern, dass
sich Mieter beraten lassen“, sagt Chychla.
In weiteren Fällen wurden die Wohnlagen falsch zugeordnet, Mieter unter
Druck gesetzt, freiwillig überhöhten Mieten zuzustimmen, oder es wurden
Einbauten veranschlagt, die Vormieter vorgenommen hatten.
„Das sind absolute Ausnahmefälle“, die der Mieterverein hochstilisiere,
meint Ulf Schelenz, der Geschäftsführer des Grundeigentümerverbandes. Er
räumt ein, dass in den Beispielfällen Vermieter versucht hätten,
Mieterhöhungen ohne zulässige Begründungen durchzusetzen. Sie seien somit
unwirksam. „Es handelt sich um ein unprofessionelles Verhalten des
Vermieters, wenn er sich auf ein anderes Begründungsmittel beruft, als nach
dem Gesetz zulässig ist.“
Wenn der Mieterverein mit seiner Statistik suggeriere, dass ein großer Teil
der Vermieter bewusst falsche Mieterhöhungen auf den Weg brächte, sei das
falsch. Diese These verkenne, „dass die Bestimmung der ortsüblichen
Vergleichsmiete ein sehr komplexer Vorgang ist“.
Dabei gelte es laut Gesetz fünf Kriterien zu beachten: die Art der Wohnung,
die Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage. Die ortsübliche
Vergleichsmiete müsse darauf aufbauend aus dem Mietenspiegel, durch ein
Gutachten oder drei Vergleichswohnungen ermittelt werden. Nun sei es aber
keineswegs einfach, schon innerhalb eines Feldes im Mietenspiegel eine
Wohnung richtig einzuordnen. Das gelte auch für Gutachten: „Setzen Sie zwei
Leute auf eine Wohnung an, bekommen Sie zwei Ergebnisse“, sagt Schelenz.
Chychla rät Mietern, jedes Mieterhöhungsbegehren überprüfen zu lassen. Denn
zu unrecht erhöhte Mieten flössen in den nächsten Mietenspiegel ein und
trieben das Mietniveau in die Höhe.
24 Aug 2018
## AUTOREN
Gernot Knödler
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