# taz.de -- Deutscher Mieterbund protestiert: „Vonovia verdient sich goldene … | |
> Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen investiert in | |
> „Modernisierungen“. Das hat harte Auswirkungen für die Mieter*innen, | |
> findet der Mieterbund. | |
Bild: Vonovia hat im vergangenen Jahr rund 780 Millionen Euro für „Modernisi… | |
Berlin taz | Mieterhöhungen von bis zu 80 Prozent auf der einen Seite, | |
Riesengewinne für den Vermieter auf der anderen: Das Wohnungsunternehmen | |
Vonovia erhöht seine Mietpreise nach echten oder vermeintlichen | |
Modernisierungen der Wohnobjekte oft drastisch. Der Deutsche Mieterbund hat | |
sich am Freitag in Berlin mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit gewandt. | |
Vonovia hat seinen Sitz in Bochum und ist mit Abstand Deutschlands größtes | |
privates Wohnungsunternehmen mit rund 350.000 Wohnungen, davon etwa 100.000 | |
in Nordrhein-Westfalen, mehr als 40.000 in Berlin, knapp 39.000 in Dresden. | |
Oft sind es frühere Werkswohnungen oder einstige Häuser der öffentlichen | |
Hand. Die Geschäfte des börsennotierten Konzerns laufen hervorragend: | |
Vergangenes Jahr sind die Mieteinnahmen um 4,2 Prozent gestiegen. Auf der | |
Aktionärsversammlung am 9. Mail soll eine Dividendenausschüttung von 675 | |
Millionen Euro beschlossen werden. | |
Für die Mieter von Vonovia-Wohnungen fällt die Bilanz nicht ganz so rosig | |
aus, beklagt der Deutsche Mieterbund. Das liegt nicht zuletzt an den | |
„Modernisierungen“ der Wohnobjekte. Rund 780 Millionen hat Vonovia im | |
vergangenen Jahr dafür ausgegeben. Bis zu 11 Prozent dieser Kosten können | |
auf die Jahresmiete der entsprechenden Mieter*innen aufgeschlagen werden – | |
und das für einen unbefristeten Zeitraum. „Vonovia verdient sich eine | |
goldene Nase, während viele Mieter nicht mehr wissen, wie sie ihre Miete | |
bezahlen sollen“, sagte Mieterbund-Geschäftsführer Ulrich Ropertz bei | |
seinem Auftritt am Freitag in der Bundespressekonferenz. | |
Außerdem kritisiert der Mieterbund, die Bauarbeiten seien oft „eher | |
Erhaltungs- als Modernisierungsmaßnahmen“. Andere Maßnahmen seien | |
überflüssig oder würden von der Mehrheit der Mieter abgelehnt. | |
Besonders oft handelt es sich bei den „Modernisierungen“ auch um | |
energetische Umbauten wie eine Erneuerung der Wärmedämmung oder den | |
Austausch von Heizanlagen. Vonovia rechtfertigt das Vorgehen also auch mit | |
umweltpolitischen Zielen. Gerade hier zeigt sich aber für den Mieterbund: | |
Die versprochenen Einsparungen durch effizientere Heizungen stehen in | |
keinem Verhältnis zu den Mehrkosten durch die Mieterhöhung. | |
## Umwälzung der Kosten | |
Max Niklas Gille, Pressesprecher von Vonovia, sieht das anders: „So | |
pauschal lassen sich solche Rechnungen nicht anstellen“, sagte Gille der | |
taz. Eine „schwarze Null“ für die Mieter*innen habe man auch nie | |
versprochen. Die Energiekosten seien schließlich auch immer von dem | |
individuellen Verbrauch und der Schwankung der Energiepreise abhängig. | |
Außerdem sei das übergeordnete Ziel ja die langfristige Einsparung von CO2 | |
und habe somit auch eine politische Dimension. | |
Die politische Dimension hat Mieterbund-Geschäftsführer Ropertz ebenfalls | |
im Blick. Gerade deswegen sieht er es aber nicht ein, dass nur die | |
Mieter*innen belastet werden, wenn es um klimapolitische Ziele geht. „Der | |
Gesetzgeber ist hier gefragt“, forderte Ropertz. Konkret wünscht sich der | |
Verband eine Aufteilung der Kosten für energetische Modernisierungen auf | |
Vermieter*in, Mieter*in und Staat. | |
Gerade die Leute, die in den Wohnungen von Vonovia leben, sind laut Ropertz | |
besonders durch die Umwälzung der Kosten getroffen. Dem Unternehmen gehören | |
nämlich besonders viele ehemalige und aktuelle Sozialwohnungen. „Also | |
müssen die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft für den Klimaschutz | |
zahlen“, kritisierte Ropertz. | |
„Wir wollen unsere Maßnahmen nicht auf dem Rücken der Mieter durchsetzen“, | |
beteuert dagegen Vonovia-Pressesprecher Gille. Die Darstellung des | |
Mieterbunds sei „nicht ganz richtig“. Insgesamt sei es nämlich keineswegs | |
der Fall, dass Vonovia keine Rücksicht auf soziale Aspekte nehme. So | |
schöpfe das Unternehmen den gesetzten Rahmen von 11 Prozent, die auf die | |
Mieter*innen umgewälzt werden können, oft nicht voll aus. | |
## „Willkürliche Härtefälle“ | |
Außerdem weist Gille zudem auf den sogenannten Härteeinwand hin. Den können | |
Mieter*innen stellen, wenn die Mieterhöhung für sie finanziell nicht | |
tragbar ist. „Unser Ziel ist, dass unsere Mieter möglichst lange bei uns | |
wohnen bleiben“, beteuert er. | |
Dabei gibt es aber einige Tücken: So muss der Antrag sofort gestellt | |
werden, wenn das Vorhaben angekündigt wird – ist die Frist verpasst, gibt | |
es kein Zurück mehr. Auch die Wahl der Härtefälle kritisiert der Mieterbund | |
als „zufällig, wenn nicht sogar willkürlich“. | |
In ihrem Koalitionsvertrag haben sich Union und SPD darauf geeinigt, dass | |
in Zukunft nur noch höchstens 8 Prozent der Kosten auf die Mieter*innen | |
übertragen werden können und der Mietaufschlag auf 3 Euro je Quadratmeter | |
begrenzt werden soll. „Das reicht uns nicht“, kritisierte Ropertz. Der | |
Mieterbund fordert die Reduktion auf vier Prozent und das Limit bei 1,50 | |
Euro einzuziehen. | |
Von Vonovia fordert der Mieterbund sozialverträgliche Mieterhöhungen, | |
größere Rücksicht auf Härtefälle, mehr Austausch mit Mieter*innen und | |
Mietvereinen. Außerdem solle der Konzern mehr Rücksicht auf die Wünsche der | |
Mieter*innen bei der Durchführung der Arbeiten nehmen. | |
4 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Miriam Schröder | |
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