# taz.de -- Kampf um Wohnraum: „Kein Schwein hört uns zu“ | |
> In Bremen kämpft eine Demo gegen den Abriss der Schlichtbausiedlungen, | |
> aber die rot-grüne Regierung gibt sich ohnmächtig gegenüber der Vonovia | |
Bild: Streit um die Häuser: Schlichtbauten in Sebaldsbrück | |
BREMEN taz | Etwa 50 Menschen haben vor der Bremer Bürgerschaft für den | |
Erhalt der drei Schlichtbausiedlungen demonstriert. Sie gehören alle dem | |
Wohnungsbaukonzern Vonovia und sind akut vom Abriss bedroht. | |
Die rot-grüne Mehrheit, das machte auch die erregte Debatte in der | |
Stadtbürgerschaft deutlich, sieht keine Möglichkeit, etwas gegen die Pläne | |
der Vonovia zu unternehmen. Die Linke und das Aktionsbündnis „Menschenrecht | |
auf Wohnen“ kämpfen für ein Bleiberecht der BewohnerInnen. | |
Simone Helber ist eine von ihnen. Seit 17 Jahren wohnt sie am Sacksdamm in | |
Sebaldsbrück, neun Kinder hat die Lagerarbeiterin zusammen mit ihrem Mann, | |
einem Lastwagenfahrer, sieben von ihnen wohnen noch zu Hause. Und da zahlen | |
sie für holzofenbeheizte 140 Quadratmeter 407 Euro, plus 250 Euro für | |
Wasser, Strom und Wärme. „Wir sind nicht überall willkommen“, sagt Helber, | |
und dass sie „ohne Perspektive“ sei. „Es geht uns beschissen“, ruft sie… | |
Marktplatz entgegen – „und kein Schwein hört uns zu.“ | |
## Sozialwohnungen wird es keine geben | |
Etwa 200 Schlichtwohnungen gibt es in Bremen. In der Holsteiner Straße in | |
Walle will die Vonovia 40 Wohnungen abreißen und 60 neue bauen. Die | |
Kaltmiete wird dann wohl bei acht Euro pro Quadratmeter liegen, | |
Sozialwohnungen wird es keine geben. Die muss die Vonovia nur am Sacksdamm | |
in Sebaldsbrück bauen, weil dort ein neuer Bebauungsplan aufgestellt wird. | |
Bei einem Viertel der 80 neuen Unterkünfte sollen die Mieten zwischen sechs | |
und 6,50 Euro pro Quadratmeter kosten. Für die meisten BewohnerInnen von | |
Schlichtbauten ist das immer noch zu viel. Eine Sanierung der Siedlungen | |
ist aus Sicht der Vonovia „wirtschaftlich nicht darstellbar“. | |
Die MieterInnen und das Aktionsbündnis fordern eine zumindest einfache | |
Sanierung, Mitbestimmung für die BewohnerInnen und eine Neuvermietung der | |
leer stehenden Wohnungen. „Wir gehen hier nicht weg“, sagt Adem | |
Hacikerimoglu in kämpferischem Ton. Seit 37 Jahren wohnt er in der | |
Holsteiner Straße. „Wir wollen bleiben. Bis zum Ende.“ Als ein paar | |
SchülerInnen an der Demo vorbeigehen, vergleicht er seine Siedlung mit der | |
von Asterix und Obelix: „Wir sind wie in Gallien. Und Cäsar sitzt drinnen.“ | |
## Vom Senat verkauft | |
„Wer regiert hier: Vonovia oder die Senator*innen“, steht auf einem der | |
Plakate, „Die Abgeordneten müssen ihre Verantwortung wahrnehmen“, auf einem | |
anderen. „Uns sind die Hände gebunden“, sagt SPD-Baupolitiker Jürgen | |
Pohlmann dazu. Früher gehörten die Schlichtsiedlungen der Bremischen, aber | |
die hat der Senat verkauft. | |
„Jetzt regieren Finanzinvestoren und die Politik gibt sich ohnmächtig“, | |
schimpft Joachim Barloschky, Sprecher des Aktionsbündnisses. „Das ist ein | |
Skandal.“ An den Schlichtsiedlungen zeige sich die „jahrzehntelang | |
verfehlte Wohnungsbaupolitik in Bremen“, so Barloschky. | |
Gerettet werden könnte noch die Reihersiedlung in Oslebshausen, obwohl | |
Verhandlungen mit der Wohnungshilfe scheiterten. Die Vonovia würde | |
verkaufen. Als Retter infrage käme die Gewoba. Gespräche gebe es derzeit | |
aber keine, so Vonovia und Gewoba gestern. | |
8 Mar 2017 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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