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# taz.de -- Ausbaggern der Elbe: Die Elbe suppt zurück
> Hamburg zahlt zig Millionen Euro, um die Fahrrinne der Elbe frei zu
> halten. Wegen der Baggermengen fordern die Umweltverbände neue
> Berechnungen für die Elbvertiefung.
Bild: Weil die Elbe ständig zusuppt, hat dieses Baggerschiff reichlich Arbeit
HAMBURG taz | Es ist schon fies: Die Hamburger Hafenbehörde HPA baggert und
baggert – und die Elbe spuckt den Sand und Schlick einfach zurück in den
Hafen. „Tidal Pumping“ nennen die Wasserbauer den Effekt, der in den
vergangenen drei Jahren so bedenkliche Ausmaße angenommen hat, dass die
Umweltverbände Nabu, BUND und WWF vom Aktionsbündnis Tideelbe das bisherige
Sedimentmanagement für gescheitert erklären.
„Wir vermuten, dass sich die Elbe weiter radikalisiert“, sagt Manfred
Braasch, Landeschef des BUND, „und dass dieses dagegen Anbaggern nicht mehr
funktioniert“. Das gelte nicht nur für die Sedimentation sondern auch für
den Tidenhub und die Trübung des Wassers. Die Prognosen für die geplante
abermalige Elbvertiefung, müssten deshalb auf eine neue Grundlage gesellt
werden.
Das Problem, darüber besteht Einigkeit, entsteht dadurch dass sich der
Tidenhub der Elbe durch die vielen Fahrrinnenvertiefungen seit 1870
vergrößert hat – am Pegel St. Pauli etwa um anderthalb Meter. Die Flut
dringt mit größerer Wucht in den Mündungstrichter ein und schwemmt mehr
Sediment in den Hafen als die Ebbe wieder mitnehmen kann. Das Problem wird
dadurch verschärft, dass die HPA den größten Teil des Baggerguts bei der
Insel Neßsand wieder in die Elbe schüttet – von wo aus es in den Hafen
zurückschwappt.
Einen [1][expolosionsartigen Anstieg der Baggergutmengen] verzeichneten die
Behörden erstmals Anfang der Nullerjahre nach der letzten Elbvertiefung.
Der Effekt war so stark, dass bei der HPA und der Wasser- und
Schifffahrtsdirektion des Bundes (WSD) ein Umdenken einsetzte. „Wir haben
ein völlig neues Weltbild bekommen“, hieß es bei der HPA, die künftig die
gesamte Tideelbe statt nur den Hamburger Hafen in den Blick nehmen wollte.
Die HPA entwickelte ein Tideelbekonzept, das den Tidenhub durch
Strombaumaßnahmen begrenzen sollte. Sie berief ein [2][Tideelbeforum] mit
40 Akteuren ein – von den Behörden über die Anliegergemeinden und die
Umweltverbände bis hin zur Wirtschaft, das mögliche Projekte erörtern
sollte und das Ende 2016 in die zweite Runde ging.
Zugleich verhandelte der Hamburger Senat mit der schleswig-holsteinischen
Landesregierung über die Baggergutmengen, die Hamburg bei dem Seezeichen
Tonne E 3 in der Nordsee verklappen darf. Wie aus Senatsantworten an die
Bürgerschaft hervorgeht, durfte Hamburg in den Jahren 2008 bis 2016 dort
6,5 Millionen Kubikmeter versenken. Angesichts des Anstiegs handelte
Hamburg für die Jahre bis 2021 zehn Millionen Kubikmeter aus. 3,5 Millionen
Kubikmeter hat Hamburg davon im vergangenen Jahr ausgeschöpft.
Dass nicht schrankenlos verklappt werden kann, liegt daran, dass sich das
Baggergut an der Versenkungsstelle wie ein Teppich über die Meereslebewesen
legt. Vor allem aber ist ein großer Teil des Baggerguts so stark mit
giftigen Stoffen belastet ist, dass er nicht im Meer versenkt werden darf.
Die Menge des auszubaggernden Sediments ist zwar ab Mitte der Nullerjahre
wieder gesunken, in in den Jahren 2015 bis 2017 aber auf einen neue
Rekordhöhe von jeweils mehr als zehn Millionen Kubikmetern gestiegen. „Seit
2014 verzeichnen wir extrem niedrige Oberwasserabflüsse aus dem
Einzugsgebiet der Elbe“, sagt HPA-Sprecherin Etta Weiner. Die Abflüsse
hätten alle unterhalb des langjährigen Mittelwerts gelegen. Teilweise sei
nur halbsoviel Wasser die Elbe herabgeströmt wie gewöhnlich und habe
entsprechend weniger Sediment elbabwärts mitnehmen können.
Nur dadurch, dass die HPA soviel Sediment bei Tonne drei verklappt habe,
sei es möglich gewesen, „den Hafen trotz der anhaltend schlechten
hydrologischen Randbedingungen in einem verhältnismäßig guten Zustand zu
halten, so dass alle Schiffe ihre Liegeplätze erreichen konnten“, sagt
Weiner. „Das Sedimentmanagement hat unter Berücksichtigung der extrem
schwierigen Randbedingungen gute Ergebnisse erzielt.“
Aus Sicht von BUND-Chef Braasch sind die drei Rekordjahre dennoch Grund zur
Sorge. „Das das Herausnehmen aus der Kreislaufbaggerei nicht mehr
funktioniert, ist ein echtes Warnzeichen“, findet er. Jetzt gelte es, vor
allem die Planung für die nächste Elbvertiefung neu zu durchdenken. Die
einschlägigen Prognosen der Bundesanstalt für Wasserbau basierten auf Daten
aus dem Jahr 2006 und rechneten mit einer Zunahme der Unterhaltungsbaggerei
um nur zehn Prozent. Nötig sei eine Langzeitmodellierung der Folgen der
Elbvertiefung.
„Wir brauchen eine grundlegend andere Politik, die für mehr Flutraum und
Rückdeichungen von Hamburg bis zur Nordsee sorgt“, sagt Braasch. Fünf
Projekte hat das Forum Tideelbe in die engere Auswahl genommen, darunter
„alte Bekannte“ wie die Rückdeichung der Haseldorfer Marsch und die Öffnu…
der Alten Süderelbe. Die Projekte werden jetzt auf ihre Machbarkeit hin
geprüft. Die Umsetzung bedürfe jedoch eines längeren Vorlaufs, teilt die
HPA mit.
14 Feb 2018
## LINKS
[1] https://www.portaltideelbe.de/Projekte/StromundSediTideelbe/index.html
[2] https://forum-tideelbe.de/
## AUTOREN
Gernot Knödler
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