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# taz.de -- Krise im Hamburger Hafen: Der Abstieg ist nahe
> Der Hamburger Hafen steckt in der Krise. Der Umschlag sinkt, die
> Konkurrenzzieht davon. Schuld ist angeblich die noch fehlende
> Elbvertiefung.
Bild: Hübsch anzusehen, aber auf dem absteigenden Ast: der Hamburger Hafen
Hamburg taz | Der kluge Mann baut bekanntlich vor. Also tut Hamburgs
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) das auch. „Man darf den Erfolg
eines Hafens nicht nur in Containern messen“, verkündete er am Mittwoch auf
der Bilanz-Pressekonferenz der Hafen Hamburg Marketing Gesellschaft (HHM)
für das Jahr 2017. Im Fußball hieße das, nicht immer auf Tore und Punkte zu
schauen. Und schon stünde auch der abstiegsbedrohte HSV gar nicht so
schlecht da, dem ebenso wie dem Hafen die Zweitklassigkeit droht – Horch
malt sich nach Pippi-Langstrumpf-Art die Welt, wie sie ihm gefällt.
Und auch HHM-Vorstand Axel Mattern ist auf Beschwichtigung aus. Der
rückläufige Containerumschlag sei „erwartungsgemäß“, insgesamt sei der
Hafen „auf hohem Niveau stabil“ und habe sich „in einem schwierigen
Marktumfeld behaupten können“. Voriges Jahr hatte er das ebenfalls gesagt,
und schon damals stimmte das bestenfalls nur beim Blick durch die rosarote
Brille. Der Hamburger Hafen, das ist die harte Realität, dümpelt seit zehn
Jahren in der ökonomischen Flaute.
2007 hatte der Containerumschlag die Traummarke von zehn Millionen
Standardcontainern (TEU) nur um wenige hundert Stahlkisten verpasst, dann
begann der Sinkflug bis auf 7,2 Millionen TEU. Herrschte 2014 bei 9,73
Millionen TEU erneut Optimismus vor, waren es im vorigen Jahr nur noch 8,82
Millionen TEU – der Abstieg vom Welt- zum nordeuropäischen Regionalhafen
ist weiter ungebrochen.
Denn während die wichtigsten Konkurrenten Rotterdam (Niederlande) und
Antwerpen (Belgien) seit drei Jahren kontinuierlich weiter zulegen, fällt
Hamburg in der „Nordrange“ der großen Containerhäfen an der Nordsee weiter
zurück. Wachstumskritiker mag das vordergründig nicht bekümmern, doch die
Konsequenzen liegen auf der Hand. Noch ist Hamburg Deutschlands größter
Universalhafen mit einer Bruttowertschöpfung von 21,8 Milliarden Euro im
Jahr und mehr als 156.000 Arbeitsplätzen in der Metropolregion Hamburg –
noch.
## Kein Platz unter der Köhlbrandbrücke
Aus Expertensicht hat Hamburg vor allem drei ungelöste Probleme. Die
Elbvertiefung, für Reedereien eine Grundbedingung, liegt noch immer im
Ungefähren, die zunehmende Verschlickung von Hafenbecken und Liegeplätzen
und die schlechte Erreichbarkeit des modernsten Hamburger Terminals
Altenwerder.
Denn die neuesten und größten Containerschiffe weisen mit Ladung eine Höhe
von bis 60 Metern auf, die Köhlbrandbrücke, die vor Altenwerder passiert
werden muss, hat eine maximale Durchfahrtshöhe von 54,90 Metern. Die
Zerstörung des Fischerdorfes Altenwerder vor 20 Jahren für das
Containerterminal war ein gesellschaftliches und ökologisches Problem, aus
heutiger Rückschau ist es auch ein strukturpolitisches. Deshalb wird
diskutiert, die Brücke durch eine höhere oder einen Tunnel zu ersetzen – zu
Beginn der 2030er-Jahre. Für die Schlickmengen sucht Hamburg neue
Unterwasser-Deponien in der Nordsee.
Im Hinblick auf die im Februar vorigen Jahres auf Klage der Umweltverbände
BUND und Nabu vom Bundesverwaltungsgericht gestoppte Elbvertiefung
versprühen Wirtschaftssenator Horch und Jens Meier, Chef der
Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) Optimismus. Die vom
Bundesgericht geforderte neue Heimat für den Schierlings-Wasserfenchel,
eine vom Aussterben bedrohte endemische Pflanze an der Tideelbe, glauben
sie nun gefunden zu haben.
## Mehr Container gewünscht
Mit der Auslegung der dafür notwendigen Planergänzung am 5. März startet
das öffentliche Beteiligungsverfahren, Anfang Mai sollte klar sein, ob die
beiden Umweltverbände die Pläne akzeptieren. Davon geht Horch aus, „wegen
der großen Akribie unserer Planung“. In dem Fall könnte mit den
Baggerarbeiten wohl noch in diesem Jahr begonnen werden. Sollten BUND und
Nabu jedoch auch gegen die Planergänzung klagen, würde sich das seit mehr
als einem Jahrzehnt im Planungsstadium dümpelnde Vorhaben weiter verzögern.
Und das sei lebensnotwendig für den Hafen, weil die Großcontainerschiffe
der neuesten Generation die Terminals eben nicht mit voller Ladung anlaufen
könnten, sagt Ingo Egloff, Co-Chef von Mattern bei der HHM. Ein Meter mehr
Tiefgang aber erlaube den Transport von 1.800 Containern mehr pro Schiff.
Bei gut hundert Riesenfrachtern im Jahr macht das gut und gerne ein Plus
von 200.000 Stahlkisten aus.
Dabei hatte Senator Horch eingangs doch gesagt, dass das Zählen von
Containern gar nicht so wichtig sei.
15 Feb 2018
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Hamburger Hafen
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