Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Klagen gegen Elbvertiefung gescheitert: Der Panda von der Elbe
> Bundesverwaltungsgericht weist vier Klagen gegen die Elbvertiefung ab.
> Vorm Baggern muss trotzdem erst der Schierlings-Wasserfenchel gerettet
> werden.
Bild: Die letzte Hoffnung für die Natur an der Elbe: Der Schierlings-Wasserfen…
Hamburg taz | Es dürfte der vorletzte Akt gewesen sein in dem schier
endlosen juristischen Tauziehen um die Elbvertiefung. Die letzten vier noch
anhängigen Klagen von Hamburger Privatleuten hat das
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als höchste Instanz am gestrigen
Dienstag als unbegründet verworfen. Damit steht dem Ausbaggern der
Fahrrinne zwischen der Nordsee und dem Hamburger Hafen (siehe Kasten) nur
noch eine Kleinigkeit entgegen: Die vier Klagen richteten sich gegen eine
Planung, die vor neun Monaten für „rechtswidrig und nicht vollziehbar“
erklärt worden war; ohne ökologische Nachbesserungen darf weiterhin nicht
gebuddelt werden. In deren Mittelpunkt steht ein eher unscheinbares, aber
seltenes Pflänzchen: Der Schierlings-Wasserfenchel ist die letzte Rettung
für die Natur an der Unterelbe.
Die Elbvertiefung sei „nun auf der Zielgeraden“, bewertete Hamburgs
Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) auf der Landespressekonferenz im
Rathaus die Lage deshalb auch nur vorsichtig optimistisch. „Ich bin
zuversichtlich, dass wir das Projekt in naher Zukunft umsetzen können.“ Mit
dem Baubeginn rechne er frühestens Ende 2018, die Fertigstellung soll etwa
zwei Jahre dauern.
Über die Kosten gebe es keinen aktuellen Überblick, räumte Horch auf
Nachfragen ein, die Schätzungen über 760 Millionen Euro beruhen auf rund
vier Jahre alten Zahlen. Aber wenn die „Fahrrinnenanpassung“, wie das
Projekt offiziell heißt, teurer würde als gedacht, sei das auch kein
Problem. „Es wird gebaut werden“, so Horch – koste es, was es wolle.
Im aktuellen Verfahren hatten die vier klagenden Privatleute erhebliche
Beeinträchtigungen durch Lärm, Erschütterungen und Uferabbrüche nach der
Ausbaggerung befürchtet. Zudem werden nächtliche Lichtbelästigungen durch
ein neues, etwa 70 Meter hohes Leuchtfeuer am Nordufer im Nobelstadtteil
Blankenese gerügt. Auch wurden weitere Schutzmaßnahmen gegen mögliche
Überflutungen und einen Ausgleich eventueller Schäden gefordert. Das sei
alles unbegründet, so das Leipziger Bundesgericht: Die Planungen wiesen
keine Mängel zulasten der Kläger auf.
## Eine neue Heimat für gefährdete Arten
Anfang Dezember hatten mehrere Wasser- und Bodenverbände ihre Klagen
zurückgezogen. Sie sahen keine sonderlichen Erfolgsaussichten mehr, nachdem
das Bundesverwaltungsgericht Ende November mehrere Klagen der Kommunen
Cuxhaven und Otterndorf sowie von Elb- und Küstenfischern abgewiesen hatte.
Somit sind jetzt sämtliche ursprünglich zwölf eingereichten Klagen
abgewiesen worden.
Jedoch dürfte es eine neue Runde vor Gericht geben. Im Februar hatte das
Bundesgericht in einer ersten Entscheidung auf Klagen der
Naturschutzverbände BUND und Nabu geurteilt, die Elbvertiefung sei
grundsätzlich zwar genehmigungsfähig, konkret aber „rechtswidrig und nicht
vollziehbar“. Die Planungen müssten naturschutzrechtlich so überarbeitet
werden, dass eine neue Heimat für den auf der Roten Liste der bedrohten
Arten stehenden Schierlings-Wasserfenchel geschaffen werde. Diese
endemische, weltweit nur an der Unterelbe vorkommende Pflanze, von
Naturschützern liebevoll „unser Pandabär“ genannt, müsse vor dem Ausster…
gerettet werden.
Inzwischen hat Hamburg im Osten der Hansestadt eine sieben Hektar große
Fläche an der Norderelbe gefunden, die als neue Heimat für den
Doldenblütler hergerichtet werden soll. Die planerischen Nachbesserungen
sollen bis zum Januar nächsten Jahres fertiggestellt werden, verkündete
Horch am Dienstag. Dann würde ein erneutes – bereits das dritte –
Planergänzungsverfahren in Kraft gesetzt.
## „Eingriff ökologisch nicht vertretbar“
Aber erst wenn die im Bündnis „Lebendige Tideelbe“ zusammengeschlossenen
Naturschutzverbände diese Pläne nach Maßgabe des Leipziger Richterspruchs
vom Februar akzeptieren, könnte das große Baggern beginnen. Würden die
Verbände aber gegen diese Planergänzung erneut Klage einreichen, ginge das
Verfahren in diesem Punkt in eine weitere juristische Runde – für
unbestimmte Zeit. Deshalb betonten BUND, Nabu und die Umweltstiftung WWF am
Dienstag, dass ihnen bisher keinerlei Unterlagen zu den überarbeiteten
Planungen vorlägen. „Der Sachstand ist, dass die geplanten Baggerarbeiten
nicht umgesetzt werden dürfen. Es liegt aufgrund von Verstößen gegen
europäisches Naturschutzrecht keine rechtmäßige Genehmigung vor.“
Die Verbände kündigten an, die für Januar 2018 angekündigten überarbeiteten
Planungen „sehr genau studieren“ zu wollen. So müsse nach ihrer Ansicht
über die Ausgleichsmaßnahme für den Schierlings-Wasserfenchel eine
„Eingriffs- und Ausgleichsbilanz umfassend und nach den neusten
wissenschaftlichen Erkenntnissen“ erstellt werden – eine Forderung, deren
Umsetzung jahrelange wissenschaftliche Beobachtung voraussetzt und die
Ausbaggerung weiter verzögern würde. „Wir halten den Eingriff in die
Tideelbe weiterhin für ökologisch nicht vertretbar“, stellen die drei
Verbände klar und signalisieren damit ihre Bereitschaft, weiter vor dem
Bundesverwaltungsgericht auf Klärung zu dringen.
Senator Horch sieht das gelassen. Er ist sogar überzeugt, dass es der Elbe
nach der Fahrrinnenanpassung „ökologisch besser gehen wird als jetzt“.
19 Dec 2017
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
## TAGS
Elbvertiefung
Bundesverwaltungsgericht
Klage
Natur
Elbe
Naturschutz
Elbe
Schierlings-Wasserfenchel
Hamburg
Schierlings-Wasserfenchel
Hamburger Hafen
Elbe
Elbvertiefung
Elbvertiefung
Elbvertiefung
Elbe
Schierlings-Wasserfenchel
Elbvertiefung
## ARTIKEL ZUM THEMA
Mercedes-Werk frisst Öko-Moor: Schluss mit der Standortlogik
Mensch oder Staude? Ein beispielhafter Konflikt braut sich im Hamburger
Süden zusammen. Schwierig insbesondere für die Grünen.
Kommentar zur Elbvertiefung: Auf vertretbarer Grundlage
Umweltschützer retteten mit ihrem Einspruch gegen die Elbvertiefung eine
weltweit einzigartige Pflanze: den Schierlings-Wasserfenchel.
Ausschreibung für Elbvertiefung gestartet: Die heiße Phase beginnt heimlich
Obwohl die Planfeststellung für die Elbvertiefung noch gar nicht
abgeschlossen ist, suchen die Planer bereits europaweit nach
Schwimmbaggern.
Planung für Elbvertiefung verzögert sich: Wackelnder Zeitplan
Umweltverbände kritisieren in rechtlicher Würdigung die überarbeiteten
Planungen für die Elbvertiefung. Es droht ein neues Verfahren vor dem
Bundesverwaltungsgericht.
Krise im Hamburger Hafen: Der Abstieg ist nahe
Der Hamburger Hafen steckt in der Krise. Der Umschlag sinkt, die
Konkurrenzzieht davon. Schuld ist angeblich die noch fehlende
Elbvertiefung.
Ausbaggern der Elbe: Die Elbe suppt zurück
Hamburg zahlt zig Millionen Euro, um die Fahrrinne der Elbe frei zu halten.
Wegen der Baggermengen fordern die Umweltverbände neue Berechnungen für die
Elbvertiefung.
Kommentar über die Elbvertiefung: Staatlich verordneter Pfusch
Die Umweltverbände sollen Sündenbock spielen für das behördliche
Planungsdesaster der Elbvertiefung. Geht's noch?
Elbvertiefung bei Hamburg: Hohe Wellen sind erlaubt
Das Bundesverwaltungsgericht lehnt Klagen gegen die Elbvertiefung zwischen
dem Hamburger Hafen und der Nordsee ab.
Streit über Naturschutzgebiet: Bloß keine Natur in der Elbe
Niedersachsens grüner Umweltminister will neues Naturschutzgebiet in der
Elbmündung ausweisen. Hamburg und Hafenverbände fürchten um Elbvertiefung
Ausgleich für Fluss-Vertiefung: Die Elbe bleibt noch lange flach
Ökologische Ausgleichsfläche für den Schierlings-Wasserfenchel verzögert
sich. Ohne sie aber kein Baggern in der Elbe. In diesem Jahrzehnt geht wohl
nichts mehr
Die Elbvertiefungs-Kompensation der HPA: Ausgleich im Auenland
Die Hafenbehörde HPA präsentiert ihre Pläne zur Rettung von
Schierlings-Wasserfenchel und Elbvertiefung. Umweltverbände fordern
Gesamtkonzept
Bundestag will in Niedersachsen baggern: Elbvertiefung bis Tschechien
Die Mittelelbe östlich von Hamburg soll für größere Schiffe ausgebaggert
werden. Naturschützer befürchten, der Fluss werde ökologisch ruiniert.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.