# taz.de -- Der Koalitionsvertrag im Überblick: So wird die neue Groko | |
> Welche Ziele hat sich die Große Koalition inhaltlich gestellt? Ein | |
> Überblick von der Soli-Abschaffung bis zum Wolf-Abschuss. | |
Bild: Ein großes Krokodil. Nicht zu verwechseln mit einer großen Koalition (A… | |
Alle reden über Nahles, Schulz, Seehofer, Merkel. Aber welche Ziele hat | |
sich die Große Koalition eigentlich inhaltlich gestellt und welche Partei | |
hat sich dabei jeweils durchsetzen können? Hier kommt ein erster Überblick. | |
Eines ist dabei schon ganz sicher: Das wird teuer. | |
## Klima | |
Beim Thema Klimaschutz bietet der Koalitionsvertrag im Vergleich zum | |
Sondierungspapier wenig Neues: Das deutsche Klimaziel für 2020 wird | |
faktisch aufgegeben, die Sektorziele für 2030 sollen dafür per Gesetz | |
verbindlich werden. Die Entscheidung über den Kohleausstieg wird in eine | |
Kommission verschoben. Im Strombereich sollen erneuerbare Energien | |
schneller ausgebaut werden, im Gebäude- und Verkehrsbereich fehlen konkrete | |
Ziele. Auch einen CO2-Preis wird es zunächst nicht geben. Das | |
Umweltministerium wird geschwächt: Es verliert die Zuständigkeit für den | |
Bausektor. Gleichzeitig bleibt die Energiepolitik im | |
Wirtschaftsministerium, das nun aber von der CDU geführt wird – ebenso wie | |
die ebenfalls klimarelevanten Ministerien für Verkehr und Landwirtschaft. | |
Durchgesetzt haben sich damit die Besitzstandswahrer beider Parteien gegen | |
die jeweils eher schwach ausgeprägten umweltpolitischen Flügel. | |
So teuer wird das: 1,5 Milliarden Euro für Strukturwandel in Kohleregionen | |
Die Gewinner sind: Besitzstandswahrer von Union und SPD. | |
[1][(MALTE KREUTZFELDT)] | |
## Bildung | |
Union und SPD haben sich darauf geeinigt, das Grundgesetz zu ändern, um die | |
Länder künftig stärker finanziell bei Bildungsaufgaben unterstützen zu | |
können. Das betrifft vor allem den Ausbau der Ganztagsschulen in den | |
Kommunen, für den die Koalition 2 Milliarden Euro bereitstellen will. Bis | |
2025 soll ein bundesweiter Rechtsanspruch für Ganztagsbetreuung an | |
Grundschulen bestehen. Weitere 5 Milliarden Euro will die Koalition in die | |
Digitalisierung der Schulen stecken, 3,5 Milliarden davon in dieser | |
Legislaturperiode. | |
Im Hochschulbereich einigten sich die Koalitionäre auf eine Bafög-Erhöhung. | |
Dafür stehen 1 Milliarde Euro bereit. Zudem wollen CDU, CSU und SPD die | |
Bundesmittel für die Hochschulen (Hochschulpakt und Qualitätspakt Lehre) | |
verstetigen. | |
So teuer wird das: 11 Milliarden Euro. | |
Der Gewinner ist: die SPD. | |
[2][(RALF PAULI)] | |
## Außenpolitik | |
Die Verteidigungsausgaben sollen zwar weiter steigen, aber nur „im | |
Verhältnis von eins zu eins“ zu Ausgaben für Entwicklungshilfe, humanitäre | |
Hilfe und Krisenprävention. Bei den Rüstungsexporten fällt der | |
Koalitionsvertrag gegenüber dem Sondierungspapier in einem Punkt zurück: | |
Neue Geschäfte mit Ländern, die am Jemen-Krieg beteiligt sind, will die | |
Große Koalition zwar weiterhin nicht genehmigen. Bereits angelaufene | |
Geschäfte will die Koalition jetzt aber nicht mehr stoppen. Im Gegenzug | |
sollen zwar „Kleinwaffen grundsätzlich nicht mehr in Drittländer exportiert | |
werden“. „Grundsätzlich“ bedeutet aber immer, dass Ausnahmen möglich si… | |
Grundlegende Verschärfungen wird es bei den Rüstungsexporten nicht geben. | |
Auch sonst bleibt im Kapitel zur Außenpolitik fast alles beim Alten. Ob | |
Russland-Sanktionen, Auslandseinsätze der Bundeswehr oder das Verhältnis | |
zur Türkei: Union und SPD setzen auf Kontinuität. In vielen Punkten | |
herrscht zwischen den Parteien ohnehin Konsens. | |
So teuer wird das: mehrere Milliarden Euro. | |
Die Gewinner sind: CDU/CSU und SPD. | |
[3][(TOBIAS SCHULZE)] | |
## Verkehr | |
Im Verkehrsbereich haben sich Union und SPD auf eine Stärkung des | |
Bahnverkehrs geeinigt, etwa durch Elektrifizierungen. Im Straßenverkehr | |
sollen Elektromobilität und ÖPNV gefördert werden. Konkrete Zielvorgaben | |
oder Zeitangaben fehlen jedoch. Der Steuervorteil für Diesel bleibt | |
bestehen. Schmutzige Motoren sollen nur nachgerüstet werden, sofern das | |
„technisch möglich und wirtschaftlich vertretbar“ ist. | |
Kommunen verspricht der Koalitionsvertrag 1 Milliarde zusätzlich für | |
Verkehrsprojekte. | |
Durchgesetzt haben sich die Kräfte, die die deutsche Autoindustrie vor zu | |
großen Veränderungen schützen wollen. Die finden sich in allen beteiligten | |
Parteien. | |
So teuer wird das: mindestens 1 Milliarde Euro. | |
Der Gewinner ist: die Industrielobby in allen Parteien. | |
[4][(MALTE KREUTZFELDT)] | |
## Europa | |
Europa steht im Koalitionsvertrag ganz vorne. „Wir sind zu höheren | |
Beiträgen Deutschlands zum EU-Haushalt bereit“, steht dort. Die Regierung | |
befürworten, dass die EU Geld für die „wirtschaftliche Stabilisierung und | |
soziale Konvergenz und für die Unterstützung von Strukturreformen in der | |
Eurozone“ bereitstellt. Dies könne der erste Schritt zu einem „künftigen | |
Investivhaushalt für die Eurozone“ sein. Mit dieser komplizierten | |
Formulierung kommt die Große Koalition dem französischen Präsidenten | |
Emmanuel Macron entgegen, der einen eigenen Haushalt für die Eurozone | |
fordert. Große Versprechungen will die Koalition aber noch nicht machen, in | |
den Details bleibt sie vage. Der von Macron gewünschte Posten eines | |
europäischen Finanzministers kommt im Koalitionsvertrag nicht vor. Wie viel | |
mehr Deutschland in Zukunft zahlen wird, steht auch nicht fest. | |
Dass die EU überhaupt zentrales Thema wird, ist ein Erfolg für die SPD. | |
Weil vieles vage bleibt, gibt es hier aber keinen klaren Gewinner. | |
So teuer wird das: nicht bezifferbar. | |
Der Gewinner ist: nicht klar auszumachen. | |
[5][(TOBIAS SCHULZE)] | |
## Agrar | |
Beim heftig umstrittenen Pflanzengift Glyphosat kündigt der | |
Koalitionsvertrag an, den Einsatz „so schnell wie möglich“ zu beenden. Ein | |
konkretes Datum findet sich aber nicht. Gentechnik-Anbau soll bundesweit | |
verboten werden. Das Töten männlicher Küken wird verboten. Das geplante | |
Tierwohl-Label wird nicht für sämtliche Fleischprodukte eingeführt, | |
sondern bleibt freiwillig. Um Wölfe leichter abschießen zu können, sollen | |
ihr Schutzstatus überprüft und die Kriterien für eine Tötung weiter gefasst | |
werden. | |
Für ländliche Räume und Landwirtschaft werden 1,5 Milliarden Euro | |
zusätzlich zur Verfügung gestellt. | |
Durchgesetzt hat sich bei diesem Thema vor allem der Deutsche | |
Bauernverband. | |
So teuer wird das: 1,5 Milliarden Euro. | |
Der Gewinner ist: die Union. | |
[6][(MALTE KREUTZFELDT)] | |
## Digitales | |
Deutschland soll zur fortschrittlichen Gigabit-Gesellschaft werden. Union | |
und SPD sprechen sich dafür aus, bundesweit die digitale Infrastruktur zur | |
„Weltklasse“ zu machen. Dazu versprechen sie den Bürgern einen | |
Rechtsanspruch auf schnelles Internet ab dem 1. Januar 2025. Auch beim WLAN | |
wird sich einiges tun. An allen öffentlichen Einrichtungen des Bundes, an | |
Bahnhöfen und in Zügen soll es offene und kostenlose Internetzugänge | |
geben. Damit jeder überall mobil telefonieren kann, will die neue | |
Bundesregierung Funklöcher schließen und weiße Flecken bereinigen. | |
Beim Datenschutz hält man sich an Brüssel. Die Europäische | |
Datenschutzgrundverordnung, die ab 25. Mai gilt, ist die Basis. Immerhin | |
soll es bald eine Daten-Ethikkommission geben. Die Experten wollen darin | |
klären, wie die Politik mit dem Einsatz von Algorithmen, von künstlicher | |
Intelligenz und der Masse an Daten künftig umgehen kann. | |
So teuer wird das: zwischen 10 und 12 Milliarden Euro. | |
Die Gewinner sind: Union und SPD, letztere besonders beim Datenschutz. | |
[7][ (TANJA TRICARICO) ] | |
## Soziales & Co. | |
Ab dem kommenden Jahr soll das Kindergeld um 25 Euro pro Kind und Monat | |
steigen. Der Kinderfreibetrag steigt entsprechend. Der Kinderzuschlag für | |
Einkommensschwache soll so erhöht werden, dass er gemeinsam mit dem | |
Kindergeld den „Mindestbedarf des sächlichen Existenzminimums“ von derzeit | |
399 Euro deckt. Zur Stärkung der rechtlichen Position von Kindern sollen | |
Kinderrechte eigens im Grundgesetz verankert werden. | |
Das von der SPD geforderte „Ende der Zwei-Klassen-Medizin“ kommt erst | |
einmal nicht. Stattdessen wird eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe dazu | |
eingerichtet. Es soll allerdings ein Sofortprogramm geben, um die | |
Leistungen und den Zugang zur Versorgung für gesetzlich Versicherte zu | |
verbessern. Ärzte, die in unterversorgten ländlichen Räumen praktizieren, | |
sollen höhere regionale Zuschläge erhalten. Ab dem 1. Januar 2019 sollen | |
die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wieder paritätisch von | |
Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlt werden. | |
In der Alten- und Krankenpflege sollen die Arbeitsbedingungen und die | |
Bezahlung „sofort und spürbar“ verbessert werden. Als Sofortmaßnahme | |
geplant ist die Schaffung von 8.000 neuen Fachkraftstellen in | |
Pflegeeinrichtungen. Auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen | |
Eltern soll künftig erst ab einem Einkommen in Höhe von 100.000 Euro im | |
Jahr zurückgegriffen werden. | |
Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen soll durch Investitionen in den | |
Ausbau der Barrierefreiheit verbessert werden. Außerdem will die Koalition | |
den Wahlrechtsausschluss von Menschen, die sich durch eine Vollbetreuung | |
unterstützen lassen, beenden. | |
Bis 2025 soll das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent fallen und der | |
Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen. Die Mütterrente soll | |
ausgeweitet werden: Mütter, die vor 1992 drei oder mehr Kinder geboren | |
haben, sollen auch das dritte Jahr Erziehungszeit angerechnet bekommen. | |
Bedürftige alte Menschen sollen künftig eine Grundrente von 10 Prozent über | |
der Grundsicherung erhalten, wenn sie mindestens 35 Jahre Beiträge gezahlt | |
haben. Kindererziehungs- und Pflegezeiten sollen angerechnet werden. | |
Selbstgenutztes Wohneigentum soll bei der Prüfung der Bedürftigkeit nicht | |
mit einbezogen werden. Auch ansonsten sollen die gesetzlichen Regelungen so | |
geändert werden, dass Bezieher sozialer staatlicher Leistungen in ihrem | |
Wohneigentum bleiben können. | |
So teuer wird das: Die Kosten bewegen sich in zweistelliger Milliardenhöhe. | |
Die Gewinner sind: CDU, CSU und – mit Abstrichen – SPD | |
([8][PATRICIA HECHT], [9][PASCAL BEUCKER]) | |
## Arbeit | |
Anders als von der SPD ursprünglich gefordert, bleibt die sachgrundlose | |
Befristung von Arbeitsverträgen weiter möglich, soll aber auf eineinhalb | |
statt bisher zwei Jahre begrenzt werden. Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern | |
dürfen künftig nicht mehr als 5 Angestellte sachgrundlos befristen, größere | |
Unternehmen nur noch maximal 2 Prozent ihrer Beschäftigten. Endlose | |
Kettenbefristungen sollen abgeschafft werden. Bis zu einer Gesamtdauer von | |
fünf Jahren kann es Kettenbefristungen jedoch nach wie vor geben. | |
Das Recht zur Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit, eigentlich schon für die | |
vergangene Legislaturperiode vereinbart, soll jetzt wirklich kommen – | |
limitiert auf Unternehmen ab 45 Mitarbeitern. Bei 46 bis 200 Mitarbeitern | |
soll dieser Anspruch nur einem von 15 Mitarbeitern gewährt werden müssen. | |
Über eine Tariföffnungsklausel im Arbeitszeitgesetz sollen tarifgebundene | |
Unternehmen „Experimentierräume“ erhalten, „um eine Öffnung für mehr | |
selbstbestimmte Arbeitszeit der Arbeitnehmer und mehr betriebliche | |
Flexibilität“ zu erproben. | |
Vergleichbar mit dem Mindestlohn, soll es für Auszubildende ab dem 1. | |
Januar 2020 eine Mindestausbildungsvergütung geben. | |
Bis zu 150.000 Langzeitarbeitslose sollen über öffentlich bezuschusste Jobs | |
wieder in Beschäftigung gebracht werden. Dafür sollen 4 Milliarden Euro zur | |
Verfügung stehen. Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung soll um 0,3 | |
Prozentpunkte gesenkt werden. Insgesamt will die Koalition die | |
Sozialabgaben „bei unter 40 Prozent stabilisieren“. | |
Die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen | |
im öffentlichen Dienst soll als bis zum Jahr 2025 zu erreichendes Ziel für | |
den Geltungsbereich des Bundesgleichstellungsgesetzes festgeschrieben | |
werden. Gleichzeitig soll die Teilzeittätigkeit in Führungspositionen | |
stärker als bisher ermöglicht werden. | |
So teuer wird das: 4 Milliarden Euro und noch einiges mehr. | |
Der Gewinner ist: die SPD. | |
([10][PATRICIA HECHT], [11][PASCAL BEUCKER]) | |
## Wohnen | |
In vielen Städten gehen die Mieten durch die Decke. Weil Eigentümer | |
mitunter versuchen, Mieter mit Modernisierungen loszuwerden, will die | |
Koalition das gezielte Herausmodernisieren verhindern. So soll die Miete | |
nach einer Sanierung um nicht mehr als 3 Euro pro Quadratmeter steigen | |
dürfen. Vereinbart ist auch eine Nachjustierung der Mietpreisbremse. Bis | |
2021 wollen Union und SPD 1,5 Millionen Wohnungen bauen. Für diese | |
Förderung stehen 2 Milliarden Euro zur Verfügung. | |
Die Passagen zu Wohnen und Mieten tragen der wachsenden Angst vieler Mieter | |
Rechnung, sich das Wohnen nicht mehr leisten zu können. Offenbar hat das | |
auch die CDU erkannt. | |
2 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau sind ein Erfolg der SPD. | |
Auch die Kappungsgrenze bei Modernisierungen haben SPD-Politiker lange | |
gefordert. Die CDU/CSU bekommt dafür ihr Baukindergeld. Wer ein Haus baut | |
oder Eigentum erwirbt, soll zehn Jahre lang 1.200 Euro pro Kind bekommen. | |
So teuer wird das: 2 Milliarden Euro + Baukindergeld. | |
Der Gewinner ist: die SPD. | |
[12][(UWE RADA)] | |
## Innere Sicherheit | |
Man war sich schnell einig: Mehr Polizei soll es geben. 7.500 neue Stellen | |
vom Bund, nochmal so viele von den Ländern. Dazu 2.000 neue Stellen in der | |
Justiz. Und die Groko setzt auf eine Zentralisierung der | |
Sicherheitsstruktur: Das Bundeskriminalamt soll alle Polizeidaten bündeln | |
und einen Investitionsfonds für neue Polizei-IT auflegen. Der | |
Bundesverfassungsschutz soll zur zentralen Analysebehörde für | |
islamistischen Terrorismus werden und zur „Servicedienststelle“ für | |
Überwachungstechnik – eine Aufwertung. Und das Gemeinsame | |
Terrorismusabwehrzentrum von Bund und Ländern darf nun „verbindliche | |
Absprachen“ treffen, statt nur Hinweise auszutauschen. Mehr Härte auch: | |
Doppelstaatler, die für eine Terrormiliz im Ausland kämpfen, sollen die | |
deutsche Staatsbürgerschaft verlieren. Nachzuweisen wird das indes | |
schwierig. | |
Ein Thema fehlt: die Vorratsdatenspeicherung. Die Jamaika-Sondierer von | |
Union, FDP und Grünen wollten diese noch abschaffen, die Große Koalition | |
möchte erst einmal die Rechtsprechung abwarten. Dafür sollen die | |
Sicherheitsbehörden anderweitig leichter im Internet und auf Smartphones | |
überwachen können. Wie das genau geschehen soll, lässt der | |
Koalitionsvertrag offen. Dazu kommt: mehr Videoüberwachung „an | |
Brennpunkten“, mit Technik zur Gesichtserkennung. | |
So teuer wird es: rund 600 Millionen Euro allein für die 7.500 | |
Neu-Polizisten. | |
Der Gewinner ist: die Union. | |
[13][ (KONRAD LITSCHKO) ] | |
## Migration und Integration | |
Pro Jahr sollen nicht mehr als 180.000 bis 220.000 Flüchtlinge nach | |
Deutschland kommen. Beim Streitthema Familiennachzug für Flüchtlinge mit | |
eingeschränktem Schutz einigten sich Union und SPD auf eine Begrenzung von | |
1.000 Menschen pro Monat. Die Härtefallregelung soll weiter gelten, ebenso | |
das Grundrecht auf Asyl. Asylverfahren sollen in „zentralen Aufnahme-, | |
Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen“ (AnkER) gebündelt werden. | |
Flüchtlinge sollen dort bis zu 18 Monate bleiben. | |
Um Verfahren zu beschleunigen, wollen CDU, CSU und SPD Algerien, Marokko, | |
Tunesien zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklären, was zuletzt im Bundesrat | |
scheiterte. Künftig sollen sämtliche Staaten mit einer „regelmäßigen | |
Anerkennungsquote unter 5 Prozent“ als sicher gelten. | |
Den Fachkräftezuzug soll ein neues Gesetz regeln. Für Integrationsmaßnahmen | |
stehen bis 2021 8 Milliarden Euro bereit. | |
So teuer wird das: 8 Milliarden Euro allein für Integration. | |
Die Gewinner sind: CSU und CDU. | |
[14][(RALF PAULI)] | |
## Steuern und Banken | |
Die Große Koalition will weiterhin einem ausgeglichenen Haushalt. Steuern | |
werden weder erhöht noch gesenkt – mit einer Ausnahme: der | |
Solidaritätszuschlag soll ab 2021 für 90 Prozent der Zahler*innen | |
wegfallen. | |
Gemeinsam mit Frankreich will sich die neue Regierung dafür einsetzen, dass | |
es in Europa Mindeststeuersätze für Unternehmen gibt. Betreiber von | |
elektronischen Marktplätzen wie Ebay sollen künftig bei Betrügereien durch | |
Händler die ausgefallene Umsatzsteuer selbst nachzahlen müssen – das soll | |
den Plattformen ein Anreiz geben, härter gegen Betrüger vorzugehen. Die | |
Abgeltungsteuer auf Zinserträge soll wieder abgeschafft werden. | |
Bei der Regulierung der Finanzmärkte wollen die Koalitionäre vor allem die | |
Maßnahmen der letzten Jahre evaluieren, wenn nötig, nachjustieren, was | |
praktisch nur auf EU- oder G20-Ebene möglich ist. Sonst sollen die | |
sogenannten BEPS-Regeln der OECD weiter umgesetzt werden – die wurden nach | |
der Finanzkrise verabschiedet und sollen auch im Kampf gegen Steuerflucht | |
helfen. Die Gefahren durch Schattenbanken und Hedgefonds, deren Geschäfte | |
mittlerweile zu einem der großen Risiken für die Finanzmarktstabilität | |
zählen, sollen erfasst werden. Entsprechende Kriterienkataloge hat bereits | |
das Financial Stability Board in Basel erarbeitet. | |
Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Förderbanken sollen von Regeln | |
entlastet werden. Sie leiden seit Jahren darunter, dass sie die | |
Bankenregulierungen seit der Finanzkrise genauso treffen wie internationale | |
Großbanken. Letztere unterhalten riesige Abteilungen, um Regulierungen zu | |
umgehen. Kleinere, regionale Banken dagegen ersticken im Papierkram. | |
Deshalb will sie die Groko nun weniger restriktiv behandeln als die | |
Riesenbanken. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und | |
Raiffeisenbanken begrüßte das Vorhaben. | |
So teuer wird das: Nach der Finanzplanung des Bundes hat die Groko in den | |
Jahren von 2018 bis 2021 1.392 Milliarden Euro an Ausgaben zur Verfügung. | |
Weil das meiste bereits fest verplant ist, sollen neue Vorhaben | |
ausschließlich über Steuereinnahmen finanziert werden, die die gute | |
Konjunktur zusätzlich in die Staatskasse spült – rund 44 Milliarden Euro. | |
Für die Senkung des Soli sind davon 10 Milliarden vorgesehen. | |
Der Gewinner ist: die Union. Die SPD ist mit ihrer Idee, Reiche höher zu | |
besteuern, gescheitert. | |
[15][(INGO ARZT)] | |
7 Feb 2018 | |
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